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Ein Fußballer ist ein Fußballer. Auch wenn er Dermatologe ist.

Puja Parvin, Dermatologe mit drei beruflichen Stand-Beinen, schwingt sein rechtes Bein gerne in Richtung Fußball: Als Mitglied der Austrian Medical Soccer-Mannschaft hat er schon an zwei Ärzte-WMs teilgenommen; die für heuer in Argentinien geplante fiel jedoch dem Coronavirus zum Opfer.


Eigentlich würde er jetzt gerade seine Sporttasche packen, um zum World Medical Football Championship in Mar del Plata, dem bekanntesten Seebad Argentiniens, aufzubrechen. Stattdessen gibt Puja Parvin AERZTE Steiermark ein Interview. Denn wie die meisten Großveranstaltungen des Jahres 2020 wurde das internationale Kräftemessen der Fußball spielenden Ärzte heuer abgesagt.

Zweimal war der Dermatologe schon bei einer Ärzte-Fußball-WM dabei – in Malmö und in Budapest – und hat dabei die internationalen Kontakte und den kollegialen Austausch (bevorzugt über die besten Reiseziele in deren Heimatländern) sehr geschätzt. Nach einer berufsbedingten Pause wäre er heuer gerne wieder als defensiver Mittelfeldspieler auf den Rasen gegangen.

 

Dynamisches Jahr 2019

Die dazwischen liegende WM-Pause hat sich aus beruflichen Gründen ergeben: Zunächst war der 1982 geborene Parvin nach dem Turnus zur Facharztausbildung ins ostdeutsche Chemnitz gezogen. Erst vor drei Jahren kehrte er nach Österreich zurück, um sein Fach am Grazer Klinikum zu beenden. Dann ging es Schlag auf Schlag: Im April 2019 begann er als Dermatologe im Gesundheitszentrum der damaligen GKK Steiermark, im Juni eröffnete er seine Wahlarztpraxis bei den Grazer ProphyDocs und im Herbst startete er mit seiner Praxis im Facharzt- und Gesundheitszentrum Mureck. Mit diesen drei beruflichen Standbeinen deckt Parvin ein breites Spektrum ab, wobei seine Schwerpunkte im operativen Bereich und der Dermatoonkologie liegen. Zudem verfügt er über Zusatzausbildungen im Bereich der Tropen- und Reisedermatologie.

Die Breite war es auch, die ihn seinerzeit an diesem Fach gereizt hat; zudem hatte er einen richtungsweisenden Mentor: „Meine allererste Stelle im Turnus war im Ambulatorium der GKK im Bereich der Dermatologie und mein Ausbildner Arnold Gerger war sehr prägend für mich.“ Nach einem Abstecher nach Bad Aussee, wo er heute noch gerne urlaubt, ging es für Parvin im Turnus anschließend nach Oberösterreich. Auch eine sechsmonatige Lehrpraxis beim Liebocher Allgemeinmediziner Roman Artner absolvierte er – wo er die Arbeit sehr schätzte, sich aber letztlich nicht vorstellen konnte, bis zur Pensionierung Dienste zu übernehmen. Also begab er sich auf die Suche nach einer Facharzt-Ausbildungsstelle für Dermatologie.

 

Rucksack statt Koffer

Zwischen seinen Ausbildungen reiste er eineinhalb Jahre mit dem Rucksack um die Welt. Ein Koffer-Typ ist bis heute nicht aus ihm geworden, weshalb er für die Fußball-WM auch eine Sporttasche gepackt hätte. Schon seit er sieben ist, begleitet ihn die Leidenschaft für den Fußball. Über viele Jahre hinweg hat er täglich trainiert – beginnend beim Eggenberger ESK; später wurde er in die Nachwuchsmannschaft des SK Sturm geholt. Zwischendurch hat er auch überlegt, Profi zu werden, sich dann aber doch für das Studium entschieden. „Die beste Entscheidung meines Lebens“, resümiert er heute. Nun kickt er, sofern es sich ausgeht, einmal wöchentlich in einer Hobbymannschaft. Die Erwartung, nach Abschluss seiner Ausbildung neben der Ordination mehr Zeit für Fußball aufwenden zu können, hat sich allerdings nicht erfüllt. Zu vielfältig – und auch noch zu neu – sind seine beruflichen Aufgaben.

Aber er macht, was er mag, denn Arzt werden wollte er schon von klein auf: „Ich habe als Kind ein Buch über den Körper geschenkt bekommen – von einer Frau, die später selbst Ärztin geworden ist – und dieses Buch war der Beginn meines Interesses für die Medizin.“

 

Von Ärzten und Polizisten

Den Anschluss an das im Jahr 2006 spontan gegründete Österreichische Ärzte-Fußballnationalteam bekam Parvin über zwei Turnus-Kollegen, die ihn zum Mitspielen motivierten. Abseits der WM spielen die Medical Soccers mehrmals jährlich zu Charity-Zwecken, treten aber auch zu speziellen Ärzte-Wettkämpfen wie beim AKH-Turnier an. Danach gefragt, was das Ärzte-Fußballteam von anderen unterscheide, antwortet Parvin spontan „nur die Profession“. „Der sportliche Stil ist gleich, aber auch der Teamgeist, weil die meisten ohnehin aus dem Mannschaftssport kommen.“ Auch die Knie werden nicht ergonomischer eingesetzt oder bewusster geschont.

Im vergangenen Jahr stand ein Spiel  gegen eine Polizeimannschaft auf dem Programm. Erkennt man nun die Polizisten im Spiel als solche? „Nein. Ein Fußballer ist ein Fußballer. Die spielen auch nicht anders. Unter den Polizisten waren sogar welche, die ich noch von meiner aktiven Fußballzeit her gekannt habe.“

Einander verarzten mussten die Austrian Medical Soccers übrigens noch nie; zu ernsthaften Verletzungen ist es erfreulicherweise noch nicht gekommen. Dafür nehmen sich die Fußball spielenden Ärzte gerne einen Physiotherapeuten mit zur WM, wo die österreichische Mannschaft mittlerweile nur mehr eine von 24 stellt. Im Gründungsjahr 1996 waren es noch 6 Teams gewesen …

 

Dahoam is dahoam

Dass Parvin trotz väterlicher persischer Wurzeln im österreichischen Nationalteam spielt, stand für ihn, der in Graz geboren wurde und hier aufgewachsen ist, außer Frage. Auch dass er nicht weiterhin in Deutschland leben wollte, war für ihn glasklar. „Nie im Leben! Dahoam is dahoam“, antwortet er sehr überzeugend und mit bewusst eingesetztem Styriazismus auf die Frage, ob es für ihn je in Frage gekommen wäre, in Chemnitz zu bleiben. Allerdings wurde er dort als bereits vierter österreichischer Assistenzarzt auf der dermatologischen Station nicht mehr wirklich als Exot betrachtet. „Die waren schon ein bisschen ,eingeösterreichert´“, erzählt er mit einem verschmitzten Lächeln. Er selbst habe im Norden „das geradlinige Denken und die Affinität zu Leitlinien zu schätzen gelernt“. Aber seine emotionalen Wurzeln liegen in Österreich.

Sein Österreich-Patriotismus, meint er retrospektiv, habe sich nicht zuletzt über den Sport entwickelt. „Beim sonntäglichen Fußballtraining haben wir in der Pause oft Skirennen angeschaut; und da war es selbstverständlich, dass wir alle zu Hermann Maier gehalten haben.“

Seine Verbindung zur persischen Kultur hält er mit ebenso großem Respekt aufrecht. „Mein Vater kam vor fast 50 Jahren aus Teheran hierher. Noch heute unterhält er sich mit meinem älteren Bruder und mir nur auf Persisch.“ Obwohl er auch exzellent Deutsch spricht.

 

Sehnsuchtsort Regenwald

Vielleicht wurzelt in der kulturellen Vielfalt auch Parvins Leidenschaft für das Reisen? Im Vorjahr hat er allerdings beschlossen, nun sei es genug. Auch wenn ihm West-Südamerika auf seiner persönlichen Landkarte noch fehlen würde …

Dann kamen die coronabedingten Reisebeschränkungen und mit ihnen eine Situation, in der schon eine Reise nach Berlin ein kleines Wagnis ist. Und obwohl Parvin sein Leben generell, besonders aber beim Fußball (daher die Position auf dem Mittelfeld), gerne unter Kontrolle hat, lockt ihn noch ein richtig großes Wagnis: „An der Grenze zwischen Brasilien und Kolumbien gibt es mitten im Regenwald eine Holzhütte mit einem Kindergarten und einer Arztpraxis. Dort Arzt zu sein, wäre schon noch spannend …“


AERZTE Steiermark 10/2020


Fotos: beigestellt




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