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Herr der Klinge

Siegfried Sauseng führt beim Fechten und in der onkologischen Bauchchirurgie eine feine Klinge. Auf der Planche wie am OP-Tisch sucht er die Herausforderung in der Präzision.

„Florettfechten und Pankreaschirurgie – das sind für mich die Königsdisziplinen des Fechtsports wie der Bauchchirurgie“, erklärt Siegfried Sauseng. In beiden zeigt der 39-Jährige großes Talent – und wohl auch einen sehr persönlichen Hang dazu, sich gerade am Schwierigen zu beweisen. In der einen wie der anderen Kunst erweist er sich als „Herr der Klinge“, doch letztlich hat er sich dafür entschieden, den Großteil seiner Kraft der Chirurgie zu widmen. Erst mit Jahresbeginn wechselte er vom LKH Hochsteiermark in Leoben nach Graz, um seine bisherigen Kenntnisse der Pankreaschirurgie im überregionalen Zentrum zu verfeinern. Diese Schwerpunktsetzung war nicht immer so eindeutig, denn Sauseng reüssierte schon mit 16 Jahren als bester österreichischer Herrenflorett-Teilnehmer der Junioren-WM auf Teneriffa. Zu einer Zeit, als er eigentlich noch vorhatte, Jurist zu werden. Sein Vater Gerhard , Chirurgie-Primar in Mariazell, sympathisierte durchaus mit dieser Berufswahl abseits der Familientradition. Es sollte anders kommen: „Am Ende der Schulzeit habe ich mich dann doch entschieden, gegen die Empfehlung des Vaters Medizin zu studieren“, erzählt Sauseng. Als Synthese seiner beiden beruflichen Ambitionen erschien ihm zunächst die Gerichtsmedizin verlockend, doch letztlich war ihm auch der Patientenkontakt wichtig.

Onkologie per Zufall

Als er im Jahr 2005 sein Medizinstudium abschloss, war es für Absolventen noch schwierig, eine postpromotionelle Ausbildungsmöglichkeit zu finden. Weder in der Facharztausbildung noch für den Turnus war eine Stelle zu bekommen. Für ein knappes Jahr kam Sauseng schließlich als Ausbildungsassistent im Department für Onkologie der Abteilung für Innere Medizin in der bayrischen Bavaria-Klinik unter. „Davor war die Onkologie für mich kein Thema.“ Danach sollte er nicht davon loskommen.

Als er dann doch einen Turnusplatz bekam, kehrte Sauseng nach Graz zurück und gelangte im Zuge der Fächer-Rotation schließlich an die Chirurgie in Leoben. Mit Professor Hans Rabl fand er dort „eine prägende Gestalt“ für sein weiteres ärztliches Leben – und einen neuerlichen Anknüpfungspunkt an die Onkologie. Sauseng beendete seinen Turnus und ging vorerst nach Schladming zum Beginn einer chirurgischen Ausbildung, denn in Leoben war keine Assistenzarztstelle frei. Aber er hatte ein Ziel: zurück zu Professor Rabl. Und wenn Siegfried Sauseng ein Ziel hat, dann verfolgt er es beharrlich. Als Arzt wie als Fechter. Zu Jahresbeginn 2011 wurde er Assistenzarzt beim verehrten Professor.

Coolness im Beruf

Und auch als Fechter war es für Sauseng typisch, nicht lockerzulassen. „In meinen Jugendjahren habe ich achtmal pro Woche trainiert, wovon drei Trainingstermine um sechs Uhr in der Früh stattgefunden haben.“

Seine Beharrlichkeit und das regelmäßige Training ab dem siebenten Lebensjahr haben sich gelohnt: Neben dem Erfolg auf Teneriffa konnte er zahlreiche Medaillen bei steirischen und österreichischen Meisterschaften erringen, mit Florett, Degen und Säbel. 1999, im Jahr seiner Matura, wurde Sauseng Österreichischer Juniorenstaatsmeister im Herrenflorett, 2005 Österreichischer Vizestaatsmeister. Seine beste Platzierung in der Weltrangliste war die Nummer 296 und er focht als Mitglied der Österreichischen Herrenflorett-Weltcupmannschaft. Doch eines blieb ihm zu seinem großen Bedauern versagt: die Teilnahme an Olympischen Spielen. „Die hätte ich mir leistungsmäßig schon zugetraut, aber im Turnier konnte ich nicht immer meine volle mentale Stärke abrufen. Könnte ich heute die Zeit zurückspulen und im Fechten jene Coolness haben, die ich jetzt im Beruf habe, sähe es wohl anders aus“, ist er überzeugt. Dafür meistere er durch die Grenzerfahrungen im sportlichen Wettkampf nun schwierige Situationen im OP umso souveräner. „Ich lasse es nie so weit kommen, dass ich nervös werde.“

Furchterregender Fechter

Aber auch am Florett hat Sauseng Niederlagen nicht einfach so eingesteckt und ist nie von der Planche, der Fechtbahn, geschlichen. „Selbst wenn ich ein Gefecht nicht gewinnen konnte, habe ich nicht nachgelassen und mein Gegner war am Ende trotz seines Sieges vom Kampf gezeichnet.“ Marco Haderer, seinerzeit Generalsekretär des Österreichischen Fechtverbands, nannte einmal im Interview auf die Frage, woran er beim Wort „furchterregend“ als Erstes denke, einfach nur Siegfried Sausengs Namen.

Fechten sei nicht nur eine sportliche Disziplin, sondern auch eine Art Philosophie, meint Sauseng, der in seiner aktivsten Saison 22 Bewerbe bestritten hat. Neben Grundfitness und sorgsam eingeübter Technik seien es die raffinierten Strategien, die den erfolgreichen Florettfechter kennzeichnen. „Da gibt es die sogenannte zweite Intention, bei der man den Gegner durch eine Finte gezielt zu einer Aktion herausfordert, auf die man selbst vorausblickend bereits die richtige Reaktion, also Parade, im Sinn hat“, erklärt Sauseng.

Von den drei Waffengattungen Florett, Säbel und Degen favorisiert Sauseng eindeutig das Florett. „Hier muss man sich das Treffervorrecht erst erwerben, die erlaubte Trefferfläche beschränkt sich auf den Oberkörper und nur der gestoßene Treffer zählt. Die Aktionen, die man ausführt, sind dadurch kleiner, aber technisch feiner“, erklärt er seine Vorliebe.

Erster Steirer

Sein Talent für das feine, präzise Arbeiten beweist er auch in der onkologischen Chirurgie, auf die er sich unter Professor Rabls Förderung spezialisiert hat. Und so hat er als erster steirischer Arzt im vergangenen Herbst in Wiesbaden die Europäische Facharztprüfung für onkologische Chirurgie absolviert.

Mit Jahresbeginn wechselte er an die Universitätsklinik für Chirurgie in Graz. „Ich habe gespürt, ich muss sozusagen an die Spitze der Nahrungskette, also an die Universitätsklinik.“ Neben der Präzision schätzt er an der onkologischen Spezialisierung vor allem die Arbeit im Team mit den interventionellen und diagnostischen Radiologen, den Anästhesisten und Intensivmedizinern sowie den Pathologen. „Auch wenn in Leoben schon sehr viel gemacht wird, sehe ich mit leuchtenden Augen, was in Graz onkochirurgisch möglich ist – von der intraoperativen Bestrahlung bis hin zur Sarkom-Behandlung.“

Vom Sportvirus befallen

Neben der beruflichen Spezialisierung blieb Sauseng in den vergangenen Jahren kaum Zeit zum Fechten. Aber er hofft, die Zeit, die er durch die Zusammenlegung von Wohn- und Arbeitsort gewonnen hat, für eine Wiederaufnahme der fechterischen Aktivitäten nutzen zu können. Sportlich ist er über die Jahre ohnehin geblieben.

Nun kann er in der Früh zur Arbeit laufen und auch die Freizeit ist der körperlichen Ertüchtigung, insbesondere dem Mountainbiken und Skitouren gewidmet. Gott sei Dank, meint er, seien auch seine Frau und der gemeinsame Hund „vom Sportvirus befallen“. Die Einzige, die Sausengs Ehrgeiz und Speed ein wenig bremsen könnte, ist die Neue in seinem Leben: Tochter Helena-Maria, die im letzten Herbst zur Welt gekommen ist. Für sie hat er heuer die üblichen Skitouren entschärft: „Wir gehen derzeit nur sanfte Touren, also einen Forstweg hinauf, den wir dann im Stemmbogen herunterfahren. Aber die Tochter ist im Ski-Anhänger dabei.“

AERZTE Steiermark 02/2020

Fotos: beigestellt




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