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Daheim mobil(er) werden

MobiREM “ ist eine spannende Alternative zur stationären Remobilisation vor allem hochaltriger Menschen. In Hörgas – noch ein LKH-Standort – befindet sich der Stützpunkt für das steirische Pilotprojekt. Das Kärntner Vorbild ist bereits im Regelbetrieb und soll bald überall im südlichen Nachbarland der Steiermark verfügbar sein.

AGR (Akutgeriatrie und Remobilisation), REM (Remobilisation) oder RNS (Remobilisation/Nachsorge) – hinter all diesen Begriffen und Abkürzungen steht das gleiche Anliegen: alte und hochaltrige Menschen, vor allem nach einem schweren, akuten Krankheitsgeschehen, durch gezielte interdisziplinäre Therapie und Beratung wieder zum möglichst selbständigen Leben zu befähigen.

Das LKH Hörgas – das bald geschlossen sein, aber danach ein Facharztzentrum beherbergen wird – war Standort für eine der frühesten AGR-Stationen der Steiermark und damit auch ein Kompetenz-Hotspot. So war es logisch, diesen Standort auch als Basis für den Pilotversuch einer Spezialform der Remobilisation, der ambulanten bzw. mobilen Remobilisation, kurz MobiREM, auszuwählen.

Kärntner Vorbild

Dieser Pilotversuch folgt einem Kärntner Vorbild, das so erfolgreich ist, dass es mittlerweile in mehreren Kärntner Bezirken im Rahmen der Regelversorgung angeboten wird und bald auf das gesamte Bundesland ausgedehnt werden soll.

Für das steirische Projekt – angelegt bis Ende 2019 – ist die begleitende Evaluierung noch im Gange und nicht öffentlich zugänglich. Aus Kärnten gibt es jedoch fundierte Daten, die sehr klar zeigen, dass die mobile Remobilisation eine erfolgreiche Ergänzung ihrer älteren stationären Schwester ist. Die Gemeinsamkeit ist, dass ein interdisziplinäres Team die Patientinnen und Patienten betreut.

Das Team für mobile Remobilisation in Hörgas besteht aus der Allgemeinmedizinerin und Geriaterin Lisa Klasnic (zuvor Stationsärztin am Standort Hörgas) als Leiterin, einer Koordinatorin, zwei Ergo- und zwei Physiotherapeutinnen, einer Psychologin und einer Sozialarbeiterin. Das achtköpfige Team betreut Menschen im Umkreis von rund 20 bis 25 Kilometern des Stützpunktes, also bis in den Norden von Graz und bis nach Frohnleiten und Hitzendorf.

Voraussetzung für die Inanspruchnahme des MobiREM-Angebots ist ein Antrag durch die Haus-, bzw. behandelnden ÄrztInnen.

Die mobile Remobilisation findet dann über mehrere Wochen (im Schnitt fünf bis sieben; je nach Entwicklung kann es aber auch kürzer oder länger sein) direkt am Wohnort der Patientin oder des Patienten in mehreren Einheiten pro Woche statt. Und das ist der markante Unterschied zur stationären Remobilisation. Die kann maximal 28 Tage am Spitalsstandort dauern.

MobiREM ist nicht für alle Patientinnen und Patienten gleich gut geeignet, für manche kann sie gegenüber der stationären Variante sogar Vorteile haben. Etwa, wenn Menschen schlecht orientiert sind und sich deswegen nur mehr zu Hause wohlfühlen. In jedem Fall ist es aber bei der mobilen Remobilisation möglich (und vorgesehen), die pflegenden Personen, egal, ob es Profis oder betreuende Angehörige sind, begleitend zu schulen und sie über diverse Hilfsmittel für die Pflege und Betreuung zu informieren.

An die 200 Patientinnen und Patienten wurden im Rahmen des steirischen MobiREM-Projekts bisher betreut.

Evaluierung in Kärnten

Die Kärntner Evaluierung, erstellt vom Psychologen Herbert Janig und vom Departmentleiter der Akutgeriatrie/

Remobilisation des Krankenhauses der Elisabethinen in Klagenfurt, OA Walter Müller, zeigt eindrucksvoll, was mobile Remobilisation leisten kann: Das Therapieziel wurde bei 90,5 Prozent der Patientinnen und Patienten vollständig und bei weiteren 5,7 Prozent teilweise erreicht. Das Ausmaß der Selbstständigkeit nach dem Barthel-Index (Essen, Harn- und Stuhlkontrolle, Benutzung der Toilette, Körperpflege und persönliche Hygiene, selbstständiges Baden, An- und Auskleiden, Transfer vom Bett zum Rollstuhl und retour, Gehen und Fortbewegen bzw. Treppenauf- und -absteigen) konnte signifikant verbessert werden, ebenso die Mobilität (bzw. das Sturzrisiko). Gleichzeitig konnte der Bedarf an Fremdhilfe deutlich gesenkt werden. Auch der Medikamentenbedarf ging stark zurück.

Der Erfolg zeigt sich auch in der subjektiven Beurteilung durch die Patientinnen und Patienten. In vielen Belangen schnitt die mobile Remobilisation besser ab als die stationäre Form (wobei aber zu betonen ist, dass beide Varianten je nach Voraussetzung ihre Berechtigung haben).

Beeindruckend ist auch der Kostenvergleich laut Evaluierung: Für stationäre Patientinnen und Patienten betrug sie 5.835 Euro pro Fall, für ambulante aber nur 2.585 Euro. Damit betrug der Unterschied pro Patientin oder Patient 3.250 Euro. Die ambulante brachte also gegenüber der stationären Remobilisation eine Ersparnis von im Schnitt 56 Prozent.

Medizinisch und wirtschaftlich erfolgreich

Fazit der Studienautoren: „Durch die ambulante – eigentlich: mobile – geriatrische Remobilisation werden die Probleme dort gelöst, wo sie auftreten, und der häusliche Alltag wird zum Trainingsfeld. Damit werden die Ressourcen der Patienten genutzt und ihnen so viel Krankenhaus wie nötig und so viel häusliche Umgebung wie möglich geboten. Die ambulante geriatrische Remobilisation bewirkt bei den Patienten geringeres Sturzrisiko und geringere Kosten im Vergleich zur stationären Remobilisation.“ Es ist wohl davon auszugehen, dass die steirische Evaluierung, die das Grazer Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit (EPIG) durchführt, zu ähnlichen Ergebnissen kommen wird.

Die Finanzierung des steirischen Pilotversuchs ist durch den Gesundheitsfonds und die KAGes gewährleistet. Die Frage ist aber, wie es nach dessen Abschluss weitergeht. Im Regelbetrieb ist – so wie in Kärnten bereits Realität – die Beteiligung der sozialen Krankenversicherungen erforderlich.

Angesichts der medizinischen und wirtschaftlichen Argumente dürfte MobiREM wohl auch in der Steiermark „regulär“ ausgerollt werden.

Fotos/Abbildung: Adobe Photostock, KAGes, Ruhdorfer

AERZTE Steiermark 03/2019




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