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Mit einer Stimme

Wenn über Ärztinnen und Ärzte auf der einen und Apotheken auf der anderen Seite berichtet wird, geht es fast immer um das kontroversielle Thema ärztliche Hausapotheke versus öffentliche Apotheke. Die Realität der guten und oft intensiven Zusammenarbeit zwischen Arztpraxen und Apotheken wird da weit weniger wahrgenommen.

Martin Novak

In der Apotheke macht man sich Sorgen. Die Kassenärztin, die ganz in der Nähe ihre Praxis hat, geht in Pension. Nachfolger gibt es zwar, die wollen aber den Praxisstandort verlegen – in die Nähe einer anderen Apotheke. Damit verschieben sich dann auch die Apothekenumsätze, ist die berechtigte Befürchtung. Arztpraxis und Apotheke haben aber nicht nur wirtschaftlich oft eine symbiotische Beziehung. Ärztin/Arzt und Apothekerin/Apotheker sind freie akademische Gesundheitsberufe, die nicht immer der gleichen Meinung sind, aber viele gemeinsame Hintergründe und ein gemeinsames Ziel haben: Gesundheit.

Im Oktober vorigen Jahres kam es zu einem öffentlichen Zusammentreffen des Präsidenten der österreichischen Ärztekammer, Thomas Szekeres, und der Präsidentin der Apothekerkammer, Ulrike Mursch-Edlmayr. „Ärzte und Apotheker verzeichnen täglich gemeinsam 700.000 Patientenkontakte. Das hat durchaus politische Bedeutung, zeigt es doch das Vertrauen, das die Menschen in den jeweiligen Berufsstand setzen. Ärzte und Apotheker genießen höchstes Ansehen“, sagte Szekeres bei diesem Anlass. Er warnte davor, die beiden Berufsgruppen zu „Gesundheitsdiensteanbietern“ zu degradieren, schlimmstenfalls als schlecht bezahlte Angestellte von Krankenkassen. „Wir müssen den Menschen das Gefühl vermitteln, dass sie von beiden Berufsgruppen Hand in Hand optimal betreut werden. Das schaffen wir nur, indem wir die Betreuungsprozesse gemeinsam gestalten, akkordieren und verbessern“, ergänzte Mursch-Edlmayr. Gemeinsames Fazit: Zum Wohl der PatientInnen, aber auch um die beiden Berufsgruppen nachhaltig zu stärken, sollen die Kräfte gebündelt werden. Mit gemeinsamen Projekten und Strategien wollen die beiden Standesvertretungen in den kommenden fünf Jahren die Themenführerschaft übernehmen, anstatt sich von der Politik auseinanderdividieren und schwächen zu lassen. Auch gemeinsame Aus- und Weiterbildung soll es geben, nämlich dort, wo es sinnvoll ist. „Unsere Devise lautet ganz klar: one voice“, so Mursch-Edlmayr und Szekeres.

Der offenbar als Mahnung gedachten Worte von Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein, knapp drei Monate später, hätte es also gar nicht bedurft: „Es ist notwendig, dass diese beiden Kammern in Zukunft im Interesse der Patientinnen und Patienten sowie der Versicherten besser zusammenarbeiten als in der Vergangenheit und auch ein konstruktives Kommunikationsklima hergestellt wird.“

Dass Zusammenarbeit zwischen Ärztinnen und Ärzten bzw. Pharmazeutinnen und Pharmazeuten vielfach Normalität ist, weiß auch der steirische Apothekerkammerpräsident Gerhard Kobinger. Jahr für Jahr treffen sich die beiden Berufsgruppen bei gemeinschaftlich organisierten Impftagen. In der Drogen-Substitution, einem durchaus heiklen Thema, gibt es eine enge Kooperation. Gemeinsam tritt man gegen Scharlatane und Impfgegner auf, gemeinsam bemüht man sich um die Compliance bei Patientinnen und Patienten. Was sich Kobinger vorstellen könnte, wären zusätzliche professionsübergreifende Qualitätszirkel. Den regelmäßigen Erfahrungsaustausch zwischen Ärztin/Arzt und Pharmazeutin/Pharmazeut hält auch Herwig Lindner, der steirische Ärztekammerpräsident, für eine wertvolle gegenseitige Befruchtung.

An der Basis

In Birkfeld gelang es, im Herbst 2017 nach langer Suche eine Kassenstelle für Allgemeinmedizin neu zu besetzen und in die bestehende Praxis von Michael Adomeit zu integrieren. So entstand das Hausarztzentrum Birkfeld mit Adomeit und seiner Kollegin Ursula Eichberger. Zum Netzwerk der Gesundheitsversorgung gehört auch die St. Petrus Apotheke von Eva Wildt, nur einen Katzensprung vom Hausarztzentrum entfernt. Adomeit lobt die enge und unkomplizierte Zusammenarbeit mit der öffentlichen Apotheke, die auch ihre Öffnungszeiten anpasste: „Mit der deutlichen Ausdehnung der Öffnungszeiten der Apotheke und den umfangreichen Öffnungszeiten des Hausarztzentrums und des Hausärzte-Netzwerks im Oberen Feistritztal erfolgen Landmedizin und Primärversorgung in Reinkultur!“

„Die verlängerten Öffnungszeiten von Ärzten, Apotheken und in weiterer Folge auch der anderen Gesundheitsdienstleister als wirtschaftlicher Faktor in strukturschwachen ländlichen Regionen sind bis jetzt völlig unbeachtet“, so der Allgemeinmediziner. Zusammenarbeit hilft also allen: den Gesundheitsberufen, den Patientinnen und Patienten und der jeweiligen Region.

In einem Haus

In Leibnitz arbeitet Dietmar Bayer, Facharzt für psychiatrische und psychotherapeutische Medizin und Vizepräsident der Ärztekammer Steiermark, gut und eng mit Renate Kappaun (Linden Apotheke) im gleichen Gebäude zusammen: „Das ,Zusammenleben‘ und Zusammenarbeiten von Ärzten und Apothekern in einem Haus hat viele Vorteile“, so die Pharmazeutin. Man lerne die Stärken des Anderen kennen und schätzen und es gäbe „keine Konkurrenz mehr, sondern Achtung und Respekt vor dem Können des Anderen“. Das wiederum führe zu einer engen Zusammenarbeit, von der auch der Patient profitiert. Außerdem könnten verschiedene Ressourcen gemeinsam genutzt werden, was die tägliche Arbeit in vielen Fällen erleichtert, etwa bei administrativen Tätigkeiten. Die enge fachliche Kooperation und Kommunikation habe letztlich auch „die optimale Betreuung der Patienten“ zur Folge: Man denke nur an Rückfragen bei Medikamenten.

In der Zusammenarbeit der akademischen Gesundheitsprofessionen beim Medikamentenmanagement sieht auch Bayer entscheidende Vorteile für die Patientinnen und Patienten. Aber er geht noch darüber hinaus: „Durch die laufende Zusammenarbeit entsteht ein Grundvertrauen, das täglich bestätigt wird.“ Im Falle Kappaun kommt noch dazu, dass Thomas Kappaun, der Ehemann der Pharmazeutin, als Arzt für Allgemeinmedizin ebenfalls im Boot bzw. im Haus ist.

Natürliche Verbündete

Fazit: Medial ist es spannender, wenn Ärztinnen/Ärzte und Apothekerinnen/Apotheker Konflikte austragen, die es natürlich geben darf. In der Realität sind die beiden akademischen Gesundheitsberufe aber in erster Linie natürliche Verbündete in der Betreuung der Patientinnen und Patienten.

 

Fotos: Schiffer, Kanizaj, Sommerbauer, Provaznik, Aigner




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