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Neue Rahmenbedingungen der Substitutionsbehandlung

Im heurigen Sommer wurde ein Maßnahmenpaket verabschiedet, das die rechtlichen Rahmenbedingungen für die nunmehr sogenannte „Opioid-Substitutionsbehandlung neu“ regelt. Ende Juli wurde eine Novelle zum Suchtmittelgesetz erlassen.

Dieter Müller

In weiterer Folge erfolgte Ende Oktober eine Änderung der Suchtgiftverordnung , insbesondere hinsichtlich der Bestimmungen über die Opioid-Substitutionsbehandlung (§§23a–23h).

Das Maßnahmenpaket ist im Rahmen eines Expertenprozesses erarbeitet worden, in den Ärztinnen und Ärzte aus den verschiedenen relevanten medizinischen Fachgruppen und Dachgesellschaften, Expertinnen und Experten aus dem psychosozialen Bereich und dem Bereich der Rechtswissenschaften sowie Vertreterinnen und Vertreter der Amtsärzteschaft und der Österreichischen Ärztekammer eingebunden waren.

Diagnostik, Indikationsstellung und ärztlich-therapeutisches Handeln im Rahmen der Opioid-Substitutionsbehandlung werden nach dem allgemeinen Verständnis künftig nicht mehr im Rahmen einer rechtsverbindlichen Verordnung, sondern im Rahmen einer Behandlungsleitlinie geregelt. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte werden damit vom Konflikt befreit, sich stets zwischen der optimalen Patientenbehandlung auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und ärztlicher Erfahrung einerseits und der Einhaltung von Verordnungsvorschriften, deren Nichtbeachtung in einen Kontext zum Suchtmittelstrafrecht gebracht werden konnte, andererseits entscheiden zu müssen.

Dementsprechend wurden jene Bestimmungen der Suchtgiftverordnung, die in generalisierender Weise in die ärztliche Behandlung eingreifen, gestrichen bzw. überarbeitet. Insbesondere entfällt die gesetzliche Bestimmung von „ Mitteln der ersten Wahl “.

Um die Weitergabe von Substitutionsmitteln hintanzuhalten, wird der Fokus stärker als bisher auf die Stabilität der Patienten im Einzelfall gelegt.

Den behandelnden Ärztinnen und Ärzten werden stringentere Dokumentations- und Auskunftspflichten auferlegt, um der Amtsärzteschaft den Nachvollzug der ärztlich-therapeutischen Überlegungen, insbesondere auch hinsichtlich der Mitgaberegelung zu erleichtern. Insgesamt werden Rolle und Aufgabe der Amtsärztinnen und Amtsärzte klarer als bisher definiert.

Suchtmittelgesetz

§ 8a legt bezüglich der Opioid-Substitutionsbehandlung nunmehr ausdrücklich fest, dass für Personen, die im Rahmen einer Substitutionsbehandlung opioidhaltige Arzneimittel fortlaufend benötigen, Dauerverschreibungen – außer in begründeten Einzelfällen – mit einer maximalen Geltungsdauer auszustellen sind, die dem amtsärztlichen Dienst zur Überprüfung und Fertigung (Vidierung) vorzulegen sind.

Außerdem wird geregelt, welche Daten der amtsärztliche Dienst zu diesem Zweck verwenden darf. Weiters wird eine Regelung getroffen, die es den Apothekern hinkünftig ermöglicht, bedeutsame Informationen über Gefährdungen an involvierte Ärzte und die Gesundheitsbehörde weiterzugeben. Nehmen Apotheker im Rahmen des Apothekenbetriebes wahr, dass die von verschiedenen Ärzten verschriebenen Substitutionsmedikamente missbräuchlich verwendet werden könnten und dadurch eine Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt, so haben sie unverzüglich jene Ärzte davon in Kenntnis zu setzen, die die suchtmittelhaltigen Arzneimittel verschrieben haben.

Wenn der Apotheke bekannt ist, dass sich die betroffenen PatientInnen einer Substitutionsbehandlung unterziehen, sind auch der substituierende Arzt und die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

Keine inhaltlichen Festlegungen

Inhaltliche Festlegungen zur Substitutionsbehandlung werden – wie gesagt – hinkünftig nicht mehr im Rahmen von Rechtsvorschriften getroffen. An ihre Stelle tritt eine Behandlungsleitlinie, die der Ärzteschaft wissenschaftlich begründete und praxis­orientierte Entscheidungs- und Orientierungshilfe bei der Opioid-Substitutionstherapie bietet.

Diese ist demgemäß nicht rechtsverbindlich – vielmehr soll Raum bleiben, dass in begründeten Fällen davon abgewichen werden kann oder sogar muss. Wer nach einer Leitlinie handelt, handelt sorgfaltsgemäß. Wer die Leitlinie nicht berücksichtigt, muss die Abweichungen begründen können, um damit nicht gegen die ärztlichen Berufspflichten zu verstoßen, die nach dem Ärztegesetz hinreichend strafbewährt sind. Dementsprechend sieht die Novelle vor, dass die Verwaltungsstrafandrohung für den Verstoß gegen § 8 Suchtmittelgesetz nicht notwendig ist und daher entfallen kann.

Dem gegenüber soll allerdings eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung der behandelnden Ärztinnen und Ärzte dort bestehen bleiben, wo die auferlegten Dokumentations- und Auskunftspflichten notwendig sind, um jene nachprüfende Kontrolle zu ermöglichen, die die Wahrscheinlichkeit von (unrechtmäßigen) Weitergaben der Arzneimittel an Dritte und die damit verbundene Fremdgefährdung möglichst gering halten soll.

Suchtgiftverordnung

Das Kernstück der Veränderungen liegt in der Neugestaltung der Bestimmungen über die Substitutionsbehandlung in den §§ 23a – 23h der Suchtgiftverordnung, die mit 1. Jänner 2018 in Kraft treten werden.

Im Rahmen der eingangs erwähnten Expertenbefassungen wurde festgestellt, dass die bisherigen Vorschriften der Suchtgiftverordnung, die die Substitutionsbehandlung betreffen, in einem zum Teil starken Spannungsverhältnis zum ärztlichen Berufsrecht stehen, wonach die Ärzteschaft bei ihrer Berufsausübung den Regeln der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung verpflichtet ist. Dabei traten vor allem folgende Konfliktpunkte hervor:

Das strenge Verordnungskonzept ging nicht darauf ein, dass die behandelnden Ärztinnen und Ärzte flexibel auf den Zustand der Patienten im Krankheits- und Behandlungsverlauf reagieren müssen. Vorkehrungen gegen vorschriftswidrige Verwendungen der Arzneimittel dürfen nicht auf die behandelnden Ärzte in Form verallgemeinernder, bindender Rechtsvorschriften in einer Weise überwälzt werden, dass dadurch medizin-ethisches und der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung verpflichtetes ärztliches Handeln unmöglich gemacht werden kann.

Kritisiert wurde insbesondere die verbindliche Vorgabe von Arzneimitteln der ersten Wahl. Diese Entscheidung muss den behandelnden Ärztinnen und Ärzten nach medizinisch-therapeutischen Gesichtspunkten überlassen sein.

Auch die Mitgaberegelungen wurden als zu einschränkend erachtet.

Das Muster für den schriftlichen Behandlungsvertrag war zu starr und über weite Strecken disziplinierend.

Schließlich wurde ein Bedarf nach eindeutiger Klarstellung identifiziert, dass die inhaltliche, d. h. die therapeutische Verantwortung für die Behandlung nicht bei den Amtsärzten, sondern ausschließlich bei den behandelnden Ärzten liegt.

Dementsprechend ergab sich die Notwendigkeit, neben der Veröffentlichung einer sich umfassend mit den medizinischen und psychosozialen Fragen der Opioid-Substitutionsbehandlung auseinandersetzenden Behandlungsleitlinie, jene sich an die Ärzteschaft richtenden Vorschriften der Suchtgiftverordnung entfallen zu lassen bzw. zu überarbeiten, die damit nicht in Einklang gebracht werden können. Die nunmehrige Verordnungsnovelle setzt die diesbezüglichen Vorschläge um.

Hingegen bleiben jene Vorschriften weiterhin bestehen, die dafür notwendig sind, dass der amtsärztliche Dienst seine Aufgabe im Rahmen der Vidierung (Beglaubigung) bei Dauerverschreibungen erfüllen kann. Diesbezüglich bestand auch das Bedürfnis, die Rolle und Aufgaben des amtsärztlichen Dienstes im Rahmen der Opioid-Substitutionsbehandlung klarer als bisher zu definieren. Auch diese Empfehlungen werden mit der gegenständlichen Novelle umgesetzt.

Die entsprechende Behandlungsleitlinie „Leitlinie – Qualitätsstandards für die Opioid-Substitutions-Therapie“ sowie die einschlägigen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes (SMG) und der Suchtgiftverordnung (SV) sind auf der Homepage der Ärztekammer für Steiermark unter dem Referat für Suchtfragen abruf- bzw. downloadbar und werden auch im Rahmen der einschlägigen Fortbildungsangebote vermittelt werden.

Fortbildung

Das nächste Basismodul Substitutionsbehandlung unter besonderer Berücksichtigung der Leitlinie „Qualitätsstandards für die Opioid-Substitutions-Therapie“ findet am 13. und 14. April 2018 im Seminarzentrum des LKH Süd-West–Standort Süd statt.

Anmeldungen für das nächste Basismodul Substitutionsbehandlung bitte schriftlich an das Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung Gesundheit und Pflegewissenschaften, zuhanden Hrn. Weixler unter E-Mail: alfred.weixler@stmk.gv.at oder Fax: +43 (316) 877-3373.
 

Dr. Dieter Müller ist Jurist und leitet den Bereich Recht und Beschwerdemanagement, Ausbildung, EDV in der Ärztekammer Steiermark.

 

Fotos: Fotolia




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