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Plan A(ber) …

Das von Bundeskanzler Christian Kern im Jänner präsentierte Positionspapier („Plan A“) enthält auch vier Seiten zum Thema Gesundheit, Bildseiten mitgezählt. Bei einer 186-Seiten-Broschüre ist das nicht allzu viel. Wir haben sie einem Reality-Check unterzogen und Meinungen eingeholt.

Leistungen angleichen, Selbstbehalte streichen

Die Forderung ist eine Angleichung der Leistungskataloge der Krankenkassen. Gleichzeitig sollen Selbstbehalte bei Sonderversicherungsträgern abgeschafft werden.
Dazu die steirische GKK-Obfrau Verena Nussbaum: „Die Angleichung der Leistungen ist ein Ziel, das grundsätzlich anzustreben ist. Dabei dürfen die unterschiedlichen Strukturen der einzelnen Krankenversicherungsträger aber nicht außer Acht gelassen werden. Ich warne jedenfalls vor Schnellschüssen, die letztlich auf Kosten der Versicherten gehen könnten. Österreich hat ein gut funktionierendes Gesundheitssystem und viel weniger Krankenversicherungsträger als die so gern als Vorbild gepriesene Schweiz. Wir wären gut beraten, das Ergebnis der Effizienzstudie abzuwarten, das von der ,London School of Economics᾽ ja im Sommer vorgelegt werden soll.“

Zum Thema Selbstbehalt-Abschaffung die Vorsitzende des Hauptverbandes, Ulrike Rabmer-Koller: „Es ist nicht ganz nachvollziehbar, wieso ausschließlich der Selbstbehalt in der SVA zur Diskussion steht – der Kostenanteil der Beamten liegt um einiges höher und auch bei den GKKs sind verschiedene Selbstbehalte üblich – von der Rezeptgebühr bis zur E-Card-Gebühr. Selbstbehalte und Kostenbeteiligungen gibt es also nicht nur bei den Sonderversicherungsträgern, sondern im Bereich Heilmittel und Hilfsmittel auch im Bereich des ASVG. Dasselbe gilt beim Aufsuchen eines Wahlarztes. Ein kleinteiliges parteipolitisches Match um Einzelmaßnahmen bringt uns nicht weiter. Stattdessen braucht es eine trägerübergreifende Vereinheitlichung von finanziellen Anreizen, die so ausgestaltet sind, dass sie intelligent steuern und Ungerechtigkeiten zwischen den Versichertengruppen reduzieren.“

Wartezeiten bei MRT und CT reduzieren

Laut Positionspapier sollen sich „PatientInnen darauf verlassen können, dass sie rasch und zeitgerecht eine Untersuchung bekommen“, so das Positionspapier – allerdings nur bezogen auf MRT und CT. Konkrete Maßnahmen: Terminservicestellen für dringende MRT-/CT-Untersuchungen bei den Sozialversicherungsträgern, effektive Zuweisungssysteme, die eindeutig und zuverlässig nach medizinischer und diagnostischer Dringlichkeit differenzieren; CT-Termine binnen zwei, MRT-Termine binnen vier Wochen, hochakute Fälle sofort; Einsehbarkeit tagesaktueller durchschnittlicher Wartezeiten; Neuregelung der Vertragsbeziehungen zwischen Sozialversicherung und MRT-/CT-Instituten und Stärkung des Angebots durch Ausbau der eigenen Einrichtungen der Krankenversicherungsträger.

Dazu Martin Hoff, Obmann der Gesundheitsbetriebe in der Wirtschaftskammer Steiermark: „Das Kapitel ,Gesundheit᾽ im Plan A von BK Kern widmet sich mit zahlreichen Anmerkungen dem Thema ,Wartezeiten auf CT/ MRT-Untersuchungen᾽. Leider liegt der Schwerpunkt der Betrachtungen auf der Situation im Bundesland Wien, die Verhältnisse in anderen Bundesländern bleiben dabei weitgehend unberücksichtigt. In der Steiermark ist manches doch anders, die Wartezeiten liegen über das Jahr betrachtet zumeist im Bereich der Wunschvorstellungen der Politik, nämlich bei zwei Wochen für CT bzw. vier Wochen für MRT, allerdings auch bei uns mit steigender Tendenz. Gründe für die zunehmende Nachfrage sind u. a. neu hinzu kommende Indikationen und Untersuchungen, die noch vor wenigen Jahren nur stationär möglich waren (Stichwort Angiographien) und jetzt ambulant durchgeführt werden können. Die Adaptierung der dafür notwendigen Finanzierung hat allerdings nicht stattgefunden. Schon jetzt arbeiten nahezu alle steirischen CT/MRT-Institute über die vereinbarten Obergrenzen hinaus, d. h. sie erbringen Leistungen zum Nulltarif! Diese unbezahlte Mehrarbeit kann und darf nicht zur Basis einer Vertragsbeziehung gemacht werden. Ein steirisches Unikum sind jene drei MRT-Institute, die auf den im Großgeräteplan ausgewiesenen Standorten errichtet wurden und denen die Sozialversicherung – soll heißen GKK – seit Jahren einen Vertrag verweigert und die daher als ,Wahlinstitute᾽ von den Patienten in Anspruch genommen werden (mit teilweiser Rückvergütung der Kosten). Leider verweigert die GKK seit Jahren alle Gespräche über die Invertragnahme dieser drei Institute wie auch Verhandlungen über zwei weitere MRT-Standorte im Großgeräteplan der Steiermark. Die immer wieder seitens der GKK zitierten Planungsgrundlagen sind mittlerweile über 15 Jahre (!) alt und vom medizinischen Fortschritt bereits mehrfach überholt worden. Wenn nun im Plan A zu lesen ist, dass in Zukunft vorzugsweise eigene Einrichtungen der KV-Träger CT und MRT als Parallelstrukturen betreiben sollen, so wäre dies eine völlig unvertretbare Verschwendung von Finanzmitteln mit dem Ziel, qualitativ hochwertige und gut funktionierende privatwirtschaftlich organisierte CT/MRT-Institute zu behindern und in letzter Konsequenz zu verdrängen. Den Patientinnen und Patienten wird dadurch nicht geholfen!“

Darauf, dass bildgebende Diagnostik nur ein Segment der medizinischen Versorgung ist, weist Sebastian Lehofer, Vorsitzender des Steirischen Landesverbandes für Psychotherapie hin: „In psychischen Überlastungssituationen braucht es zeitnahe und leistbare Psychotherapie. Seit 1992 beträgt die Zuschussleistung vieler Kassen dafür lediglich 21,80 Euro. Konnten damals noch durchschnittlich 50 Prozent der Behandlungskosten gedeckt werden, so sind es heute nur mehr rund 25 Prozent. Zwar gibt es positive Ansätze wie die Schaffung zahlenmäßig begrenzter Sachleistungskontingente, welche bestimmten PatientInnengruppen kostenfreie Psychotherapie ermöglichen. Von einer adäquaten und ausreichenden psychotherapeutischen Versorgung sind wir allerdings noch weit entfernt.“

Christoph Schweighofer, Styriamed.net-Koordinator: „Jede Allgemeinpraxis im Styriamed.net-Netzwerk ist längst schon eine ‚Terminservicestelle‘, die genau diese Priorisierungen vornimmt. Das funktioniert im Zusammenwirken mit den fachärztlichen Kolleginnen und Kollegen sehr gut – es kostet nur nichts extra. Statt die Dinge neu erfinden zu wollen, sollte man auf solche praktischen Erfahrungen zurückgreifen und Hilfestellungen geben, um sie weiter zu stärken.“

Wohnortnahe Versorgung

Der Plan A will „neue Modelle der wohnortnahen Erstversorgung fördern, in denen die Gesundheits- und Sozialberufe (HausärztInnen, TherapeutInnen, PflegerInnen oder auch SozialarbeiterInnen) in Teams enger zusammenarbeiten – in lokalen Netzwerken oder Zentren, mit einem umfassenden Angebot nahe am Wohnort und längeren Öffnungszeiten“.

Dazu Johannes Steinhart, Bundesobmann der Niedergelassenen Ärzte in der Österreichischen Ärztekammer in einer Aussendung: „Die Modelle der Ärztekammer für eine moderne und vernetzte hausärztliche Versorgung liegen auf dem Tisch, wir sind jederzeit zu Gesprächen bereit.“ Aber: „Der Vorschlag Kerns, kasseneigene Einrichtungen auszubauen, könne nur Plan X, Y oder Z sein. Denn wie dem Kanzler sicher bekannt ist, sind diese Einrichtungen die teuerste Variante und für den Patienten mit ihrer Anonymität und Zentrenbildung weder wohnortnah noch kostengünstig.“

Fachärztliche Versorgung

Der ambulante Bereich soll „durch Facharztstrukturen unter einem Dach ausgebaut werden (Bsp. Schmerzversorgung) – mit längeren Öffnungszeiten, einem umfassenden Leistungsangebot und kurzen Wegen für PatientInnen. Die rechtlichen Voraussetzungen sollen so rasch wie möglich geschaffen werden.“

Dazu Norbert Meindl, geschäftsführender stv. Kurienobmann Niedergelassene Ärzte in der Ärztekammer Steiermark: „Das klingt für Patientinnen und Patienten und vielleicht auch manche Ärztinnen und Ärzte gut – aber nur auf den ersten Blick. Die Konzentration auf Zentren heißt, dass die wohnortnahe fachärztliche Versorgung zurückgedrängt wird. Zentren können eine Ergänzung sein, aber sie sind kein Ersatz für die Versorgung durch Fachärztinnen und Fachärzte. Auch die Zusammenarbeit mit den Allgemeinmedizinern wird durch reine Zentrumslösungen erschwert, ebenso die Kontinuität der Behandlung.“

Rücklagen in den Sozialversicherungen?

Die Krankenversicherungsträger verfügen über rund 2,65 Milliarden Euro an Rücklagen (Stand 2015). Die Bilanzpositionen Wertpapiere, gebundene Einlagen und kurzfristige Einlagen beliefen sich auf rund 3,7 Milliarden. Rechnet der Plan A vor und fordert die Auflösung: „Die Rücklagen könnten wir gleich für die Verbesserung der ärztlichen Versorgung einsetzen. Schließlich sollen die Beiträge der Versicherten auch diesen zugutekommen, anstatt gehortet zu werden.“

Dazu wieder Hauptverbandsvorsitzende Ulrike Rabmer-Koller: „Die Rücklagen in der Sozialversicherung sind die eiserne Reserve der Versichertengemeinschaft – damit muss verantwortungsvoll und weitsichtig umgegangen werden. Eine Auflösung ist ein Einmaleffekt ohne jede nachhaltige Wirkung. Es würde nur heißen, dass wir kurzfristig noch mehr Geld ohne Reformen ins System stecken. Das würde bei den Versicherten keinerlei spürbaren Effekt haben. Derzeit verfügen gerade einmal 6 von 14 Krankenkassen über die gesetzlich vorgeschriebenen Reserven von nicht einmal 200 Euro pro Österreicher und Österreicherin – das ist sehr wichtig, um auch in Krisenfällen voll leistungsfähig zu sein. Wenn die Politik will, dass man für den Krisenfall einer Epidemie nicht mehr gerüstet ist, muss man das offen bekennen. Wenn jetzt das Vermögen unserer Versicherten ohne Konzept mit der Gießkanne ausgeschüttet wird, fehlen uns die Mittel für die Leistungen von morgen und die langfristige Absicherung der Gesundheitsversorgung für künftige Generationen.“

 

Fotos: Wenzel, Furgler, Conclusio, Schiffer, Königshofer, Zeitler




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