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AERZTE Steiermark 01/2024

Negative Rezensionen in Bewertungsportalen?

Wie man sich richtig dosiert wehren kann. Die Dos and Don´ts im Überblick.

Michael Hirth

docfinder.at, arztsuche24.at, etc. – Bewertungsplattformen sind mittlerweile von maßgeblicher Relevanz für freiberuflich tätige Ärzt:innen. Ungerechtfertigt schlechte Bewertungen durch Patient:innen können erhebliche wirtschaftliche und berufliche Negativfolgen auslösen. Die gute Nachricht: Es gibt Möglichkeiten sich rechtlich zu wehren! Hier die Dos and Don´ts im Überblick.

Ein Arzt hat – so wurde dies vom Obersten Gerichtshof klargestellt (6 Ob 198/21t) – auch negative Bewertungen auf einschlägigen Bewertungsportalen sowie die Aufnahme und Verarbeitung seiner Daten seitens des Bewertungsportals trotz der damit einhergehenden Einschränkung seiner Datenschutz- und Persönlichkeitsrechte zum Schutz der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit der Allgemeinheit grundsätzlich zu dulden.

Ist man mit einer negativen Rezension konfrontiert, sind im ersten Moment der Schock und das Ärgernis verständlicherweise groß. Für den Fall einer ungerechtfertigten Rezension gibt es aber rechtliche Möglichkeiten zur Beseitigung, zur Bewirkung der künftigen Unterlassung sowie zum Erhalt etwaigen Schadenersatzes. Wie man im Einzelnen am besten vorgeht, respektive welche Besonderheiten zu beachten sind, wird folgend Schritt für Schritt aufgezeigt.

 

Schritt 1: Prüfung der Rechtswidrigkeit

In einem ersten Schritt sollte man sich die Frage stellen: Ist die betroffene Bewertung tatsächlich rechtswidrig (ungerechtfertigt)?

Im Sinne des Rechts auf freie Meinungsäußerung ist nicht schon jede negative Bewertung auch als rechtswidrig und damit unzulässig einzustufen; vielmehr muss sie gegen geltendes Recht verstoßen. In der Regel wird dabei an Ehrenbeleidigung bzw. üble Nachrede, Ruf- bzw. Kreditschädigung (§ 1330 ABGB, § 111 StGB, § 115 StGB, § 152 StGB), Verletzung von Persönlichkeitsrechten (§ 16 ABGB, § 78 UrhG, §§ 6,7 Mediengesetz) und Verleumdung (§ 297 StGB) zu denken sein.

In praxi sollte man sich insbesondere zwei Fallkonstellationen der Rechtswidrigkeit einer Bewertung vor Augen halten: (1) In der Bewertung werden Tatsachen behauptet, die nicht der Wahrheit entsprechen und für den betroffenen Arzt wirtschaftliche Nachteile zur Konsequenz haben können. (Beispielfall: „Herr Dr. Mustermann hat das Untersuchungsbesteck nicht desinfiziert.“)  Auch eine unvollständige Sachverhaltswiedergabe (d. h. das Weglassen wesentlicher Umstände) kann die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung begründen. (2) In der Bewertung wird eine Meinungsäußerung (Werturteil) vorgenommen, die den Arzt in seiner Ehre beleidigt.

Zu beachten ist, dass nicht immer eindeutig ist, ob eine Rezension noch als eine zulässige Kritik oder bereits als eine Beleidigung einzustufen ist; dies muss für den Einzelfall bewertet werden. (Beispielfall: „Herr Dr. Mustermann ist ein Kurpfuscher!“) Bei Sterne-Bewertungen ist diesbezüglich zu beachten, dass auch eine unkommentierte 1-Stern-Bewertung eine zulässige Meinungsäußerung darstellt, sofern sie nicht ohne jegliche Tatsachengrundlage oder in reiner Beleidigungsabsicht geschieht (bspw. bei einer Bewertung durch einen Nicht-Patienten).


Schritt 2: Ärztliche Antwort direkt im Portal

Sollte man in Schritt 1 festgestellt haben, dass eine Bewertung rechtswidrig ist, so kann man in einem nächst­en Schritt einzelfallbezogen prüfen, ob eine unmittelbare Antwort auf die Bewertung direkt im Bewertungsportal sachadäquat scheint. Dies wird nicht immer der Fall sein, insbesondere betreffend beleidigende Wertungen.

Strikt sollte man von jeglichen rechtswidrigen (bspw. beleidigenden) Gegenäußerungen Abstand nehmen. Obschon die Klarstellung falscher
Tatsachenbehauptungen vor allem betreffend potenziell neuen Patient:innen durchaus sinnvoll erscheint, ist Vorsicht geboten. Die ärztliche Verschwiegenheit sowie der Datenschutz der Patient:innen sind bei einer etwaig klarstellenden Antwort unter allen Umständen zwingend zu wahren. Insbesondere, wenn die Bewertung der Patientin bzw. des Patienten auf den Behandlungsvorgang (inhaltlich falsch) Bezug nimmt, ist fraglich, ob eine entsprechend klarstellende Antwort im Einklang mit den ärztlichen Geheimhaltungspflichten möglich sein wird. 

Ferner ist hervorzuheben, dass eine ärztliche Gegenäußerung direkt im Bewertungsportal maximal zu einer Klarstellung des von der bzw. dem bewertenden Patient:in behaupteten Sachverhalts führt; die rechtswidrige Bewertung bleibt jedoch in ihrer Existenz erhalten und weiterhin für jedermann ersichtlich.


Schritt 3: Löschungsaufforderung an den Bewertenden

Mittels außergerichtlichen Aufforderungsschreibens an die bzw. den Bewertenden kann man (in einem ersten versuchsweisen Schritt vor der gerichtlichen Geltendmachung) direkt von diesem die Löschung der Bewertung, die künftige Unterlassung derartiger Bewertungen sowie etwaigen Schadenersatz (bspw. für Anwaltskosten) geltend machen.

Ein solches direkt an die bzw. den Bewertenden adressiertes Aufforderungsschreiben erweist sich jedoch in den Fällen problematisch, in welchen User-Nicknamen zur Anwendung gelangen; die realen Personalien der Bewertenden sind dann nur schwer bis unmöglich ausfindig zu machen. Dieser Problematik entgegenkommend sieht § 18 Abs 4 ECG vor, dass Diensteanbieter (hier: Bewertungsplattform) den Namen und die Adresse eines Nutzers ihrer Dienste (hier: bewertende:r Patient:in) auf Verlangen dritten Personen (hier: an den Arzt bzw. die Ärztin) übermitteln müssen, sofern jene Dritte ein überwiegendes rechtliches Interesse an der Feststellung der Identität des Nutzers sowie einem bestimmten rechtswidrigen Sachverhalt darlegen und glaubhaft machen können, dass die Kenntnis bezughabender Information eine zentrale Voraussetzung für deren Rechtsverfolgung ist.

Die Bewertungsplattform hat dann sowohl den Vor- und Zunamen als auch die Postanschrift sowie die E-Mail-Adresse der:des Bewertenden anzugeben; nicht jedoch die IP-Adresse, von welcher aus die Bewertung vorgenommen wurde. Bei der Glaubhaftmachung des Identitätsfeststellungsinteresses (auch, wenn dies dadurch erschwert wird) ist die ärztliche Verschwiegenheit sowie der Datenschutz unbedingt auch zu wahren.


Schritt 4: Löschungsaufforderung an die Plattform

Gleichsam kann man sich mit einer Aufforderung zur Löschung der rechtswidrigen Bewertung an die Bewertungsplattform wenden. Bewertungsplattformen sind nämlich nach § 16 ECG dazu verpflichtet, rechtswidrige Bewertungen zu entfernen, wenn sie darüber informiert werden und die Rechtswidrigkeit klar erkennbar ist. Vor allem bei beleidigenden Werturteilen ergibt sich die Rechtswidrigkeit in der Regel bereits eindeutig aus der Bewertung selbst. Sollte die Rechtswidrigkeit jedoch nicht klar erkennbar sein, muss man als bewertete:r Ärztin:Arzt entsprechende Begründungen hierfür gegenüber der Bewertungsplattform angeben.

Bei dieser Begründung ist strikt der Datenschutz betreffender Patient:innen sowie die ärztliche Verschwiegenheit zu beachten. Folglich wird eine nachvollziehbare Begründung insbesondere in Fällen, in denen die Rechtswidrigkeit einer Bewertung auf deren Abgabe durch eine:n Nicht-Patient:in basiert, maßgeblich erschwert bis ausgeschlossen sein. Ohne die Herausgabe zwingend geheim zu haltender Patient:innendaten wird die Begründung, ob ein:e Bewertende:r ein:e Patient:in ist oder nicht, nur schwerlich gelingen. Auch ist bei direkten Löschungsaufforderungen an die Bewertungsplattform deren teils langwierige Bearbeitungsdauer zu bedenken.


Schritt 5: gerichtliche Geltendmachung

Sollten sich die ersten vier  Schritte als nicht zielführend erweisen, kann man noch auf die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche (auf Löschung, Unterlassung sowie Schadenersatz) zurückgreifen.

Hier gilt im Unterschied zur außergerichtlichen Geltendmachung die für die Begründung der Ansprüche erleichternde Besonderheit, dass die ärztliche Verschwiegenheit sowie der Datenschutz (im begrenzten Umfang) durchbrochen werden dürfen. Demnach dürfen Ärzt:innen im gerichtlichen Verfahren „in eigener Sache“, sprich zu ihrer Verteidigung gegen behauptete Ansprüche respektive zur Geltendmachung eigener Ansprüche, Berufsgeheimnisse im unbedingt notwendigen Ausmaß offenlegen (§ 54 Abs 2 Z 4 lit b Ärztegesetz, 7 Ob 50/12x).

Vergleichbares sieht Art 9 Abs 2 lit f DSGVO für die Verarbeitung von Patient:innendaten vor. Seit Einführung des Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetzes besteht zudem für Bewertungen, die eine die Menschenwürde beeinträchtigende Verletzung von Persönlichkeitsrechten darstellen, die Möglichkeit in einem Sonderverfahren (Mandatsverfahren gem. § 549 ZPO) – abseits des allgemeinen zivilgerichtlichen Verfahrens – rasch, effizient und kostengünstig die diesbezügliche Löschung bzw. Unterlassung durchzusetzen.

 

Conclusio

  •  Ruhe bewahren – nicht gleich unüberlegt antworten!
  • Rat einholen in der Ärztekammer und/oder bei einer:einem Rechtsanwält:in
  • Ärztliche Verschwiegenheit bei Antworten immer wahren!
     

Mag. Michael Hirth, Leitner & Hirth Rechtsanwälte hirth@lhra.at


Glosse 

Sieht man sich mit einer rechtswidrigen Rezension konfrontiert, ist es wichtig, erstmal Ruhe zu bewahren. Unüberlegte Gegenäußerungen können, wenn diese bspw. beleidigend sind, auch für die Ärztin bzw. den Arzt selbst unerwünschte Rechtsfolgen nach sich ziehen.

Bei etwaigen Fragen zur möglichen weiteren Vorgangsweise sowie insbesondere zur Abfassung von Aufforderungsschreiben ist es ratsam, zunächst einen Expertentipp seitens der Rechtsabteilung der Ärztekammer bzw. eines entsprechend spezialisierten Rechtsanwalts einzuholen. Zudem erweist sich eine umfangreiche und genaue ärztliche Dokumentationstätigkeit als besonders dienlich für die Begründung der Rechtswidrigkeit von Bewertungen. Sind bereits während des Patientenkontakts gewisse Ungereimtheiten aufgefallen? Hat sich die Patientin bzw. der Patient vielleicht über die ihrer/seiner Ansicht nach zu lange Wartezeit beklagt? Verfasst man gleich einen entsprechenden Aktenvermerk über die Geschehnisse, so schafft man damit die Grundlage für etwaige zukünftig notwendige, die Rechtswidrigkeit einer Bewertung darlegende Begründungen.

Dr. Stefan Kaltenbeck, Bakk., ist stellvertretender Kammeramtsdirektor der Ärztekammer für Steiermark.




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