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AERZTE Steiermark 06/2023

 

Mit Bauchgefühl am Pferderücken

Caroline Schaunig wagt nicht nur den Sprung in eine zweite Facharztausbildung, sondern auch über die Hindernisse von Springreit-Parcours. Mit ihrem Herzenspferd Cliff verbindet sie ein besonderes Vertrauensverhältnis.

Ursula Scholz

An der Dermatologie, ihrem ersten Fach, reizt Caroline Schaunig die Blickdiagnose, die eine Apparate-arme Medizin ermöglicht. Sie schärft ihren Blick aber nicht nur im Erkennen von Dermatosen, Mykosen und Basaliomen, sondern auch in ihrer Freizeit am Rücken ihres Herzenspferdes Cliff. Denn da kommt es darauf an, dem Pferd im genau richtigen Abstand zum Hindernis das Signal zum Absprung zu geben.

Cliff, der Warmblut-Wallach aus einer österreichischen Springerzucht, bildet mit ihr ein eingespieltes Team, das regelmäßig zu Turnieren antritt. Schaunig ist nicht nur in der Ärzteliste der steirischen Ärztekammer eingetragen, sondern als Mitglied des „Reitclub Weinland“ auch in der TOA-Liste, dem Ranking der „Top of Austria“-Springreiter:innen. Vom Reiten hat sie schon von klein auf geträumt, von der Medizin nicht unbedingt. „Ich wollte eigentlich lange Architektin werden, aber nach der Matura hat mein Bauchgefühl in Richtung Medizin tendiert“, erzählt die Tochter einer Internistin, die der Berufswahl ihres Kindes zunächst eher skeptisch gegenüberstand. Im Wissen, wie schwer sich Familie und Beruf in diesem Bereich vereinbaren lassen.

Optimale Paarung

„Meine Liebe zu Pferden ist wohl angeboren, auch wenn in meiner Familie niemand so pferdeaffin ist. Trotzdem habe ich erst spät ernsthaft zu reiten begonnen“, erzählt Schaunig. Den Traum vom eigenen Pferd hat sich die 36-Jährige erst zu Studienzeiten verwirklicht, aber seither träumt sie ihn konsequent weiter. Cliff ist nicht ihr erstes Pferd – eines hat sie durch eine Kolik verloren –, aber ohne eigenes Pferd ginge es gar nicht mehr. Schaunigs Lebensgefährte, ein Reitsport-Profi, hat im wahrsten Sinne auf das richtige Pferd gesetzt und Cliff für sie ausgewählt. Ein Pferd, das er selbst ausgebildet hat. „Die optimale Paarung Pferd-Reiter ist schon die halbe Miete“, erklärt Schaunig. Während ihr Partner vorwiegend an internationalen Turnieren teilnimmt, reitet sie aus organisatorischen Gründen zumeist Tagesturniere im Raum Kärnten und Steiermark. Schließlich ist sie auch Mutter eines Kleinkindes. „Ich frage mich oft selbst, wie sich das alles ausgeht, neben der Klinik und der Ordination …“ Einmal wöchentlich ordiniert sie in Graz in einer Wahlarztpraxis, die sie mit einem Kollegen teilt.

Vor kurzem konnte sie im toskanischen Arezzo bei einem Turnier antreten, bei dem es neben den Profi-Bewerben eine Amateurtour gibt. „So etwas ist dann schon ein Highlight“, gesteht sie. Derzeit bezwingt sie mit Cliff Hindernisse in der Höhe von 1,20 bis 1,25 Metern. „Mein Traum wäre es, in der 1,25–1,30-Klasse gut und sicher zu reiten, da gibt es schöne Amateurtouren.“

Vertrauen erhalten

Nicht jedes Pferd ist für Nicht-Profis geeignet, erläutert Schaunig. Denn auch die besten Hobbyreiter:innen machen immer wieder einmal reiterliche Fehler, schaffen beispielsweise nicht die optimale Distanz zum Sprung und fordern damit das Können des Pferdes enorm heraus. Gelingt ein Sprung nicht gut, geht auch ein Stück des Vertrauens, das ein Pferd in den Reiter hegt, verloren und muss im Training danach mühsam wiedergewonnen werden.

Generell achtet sie auf ein abwechslungsreiches Training, das neben der Dressur auch Ausritte über Wald und Wiese umfasst. Gesprungen wird nur alle ein bis zwei Wochen. „Pferde sind viel komplexer als man üblicherweise annimmt“, betont Schaunig. „Sie brauchen auch Freizeit und Spaß, damit sie dann bei schwierigen Aufgaben den Kopf dafür richtig frei haben.“ Ihr Cliff ist grundsätzlich ein sehr entspannter Typ, der aber im Turnier hochmotiviert an die Aufgaben herangeht und vor allem mit seinem Mut punktet.

Drei- bis viermal pro Woche reitet Caroline Schaunig, unabhängig vom Wetter und ihrer Müdigkeit nach einem Dienst auf der Klinik, wo sie gerade ihre zweite Facharztausbildung in Plastischer, ästhetischer und rekonstruktiver Chirurgie absolviert. „Das ist der Vorteil am Reitsport gegenüber anderen Sportarten: Man ist gezwungen zu trainieren, weil auch das Tier die Bewegung braucht.“ Trotzdem, so Schaunig, habe sie es noch nie bereut, sich ein eigenes Pferd zugelegt zu haben.

Aus dem Bauch heraus

Ein Pferd bilde auch den menschlichen Charakter, meint sie. Als „ehrgeizig und zielstrebig“ bezeichnet sie sich selbst und ausgestattet mit einem großen Durchhaltevermögen. Ansonsten würde sie ihr selbst auferlegtes Pensum wohl kaum bewältigen. Entscheidungen trifft sie gerne aus dem Bauch heraus und meint daher, sie sei ein „emotionaler“ und „intuitiver Mensch“. Nicht unbedingt im Beruf, aber jedenfalls, wenn es um große private Lebensentscheidungen geht. Schon der Studienwahl sei ein Bauchgefühl vorangegangen und selbst wenn sie eine Wahl erst nach vielen beratenden Gesprächen trifft, entscheidet sie letztlich aus dem Bauch heraus.

Ihre Liebe zu Tieren und ihre Naturverbundenheit prägen ihren Alltag auch abseits des Pferdestalls: Die gebürtige Grazerin und damit Städterin lebt jetzt auf dem Bauernhof ihrer Schwiegereltern und arbeitet gerne mit ihrem Sohn im Garten; Rauhaardackel Hans stets im Schlepptau.

„Tiere sind grundsätzlich in jeder Lebensphase Kraftgeber“, betont Schaunig. Als Ärztin würde sie allen Menschen, deren körperliche Verfassung es erlaubt, zum Reiten raten. Die feinfühligen Tiere seien wunderbare Seelenheiler und gäben Ruhe und Kraft, auch nach einer schwerwiegenden Diagnose.

Ästhetische Einheit

Schaunig ist nicht nur Dermatologin für Menschen, sondern stellt ihre medizinische Expertise auch ihrem Herzenspferd zur Verfügung: Da Pferde eine relativ empfindliche Haut haben, ist eine entsprechende Pflege angesagt. „Da bin ich schon eher pedantisch“, gibt sie zu.

Ihre schönsten und traurigsten Erlebnisse mit Pferden klingen wie aus einem Menschenleben gegriffen: Am tiefsten beeindruckt habe sie die erste Fohlengeburt, die sie am heimischen Hof miterleben durfte. „Schön war auch, als mein Lebensgefährte im Jahr 2008 in Hongkong bei den Olympischen Spielen angetreten ist. Ein so vertrautes Pferd in einem derartigen Umfeld performen zu sehen, ist schon ein unvergessliches Erlebnis.“ Und das traurigste? „Als mein voriges Pferd an einer Kolik verstorben ist. Aber auch Unfälle auf Turnieren finde ich erschreckend.“

Nach ihrem größten Erfolg im Leben mit Pferden gefragt, antwortet Caroline Schaunig nicht etwa mit einem Sieg bei einem bestimmten Wettbewerb. „Ich bin nicht die klassische Siegreiterin. Ich sehe Pferd und Reiter als ästhetische Einheit und lege mehr Augenmerk darauf, eine Tour schön herunterzureiten, als möglichst schnell zu sein. Ich strebe nach Perfektion.“

 

Fotos: beigestellt




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