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Hochaltrige brauchen Hilfe und Respekt

Die erste „Österreichische Interdisziplinäre Hochaltrigenstudie“ wurde kürzlich veröffentlicht. Wobei „österreichisch“ eher eine Vision als Realität ist. Denn befragt wurden dafür 410 Hochaltrige (80–85jährige) nur in der Steiermark und Wien. Klinische Daten des Vereins Qualität in der Geriatrie und Gerontologie (QIGG) bestätigen aber die Studie weitgehend.

Zentrale Botschaft der Studie: Die Betroffenheit durch altersbedingte Einschränkungen ist sehr unterschiedlich, die Erkenntnisse stehen in Widerspruch „zum vorherrschenden und überwiegend defizitorientierten Altersbild“.

Aber auch wenn es eine „relativ große Gruppe von Männern und Frauen mit vergleichsweise gutem Gesundheitszustand, hoher Selbstständigkeit und autonomer Lebensführung“ (Studientext) gibt, so muss man doch akzeptieren, dass Einschränkungen für viele Hochaltrige zur Wirklichkeit gehören. Ein paar Kernaussagen:

  • Knapp die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Studie ist von „Frailty“ (Gebrechlichkeit) – oft verbunden mit Multimorbidität, Mobilitätseinschränkungen und Einschränkungen der Selbsthilfefähigkeiten – betroffen.
  • Es gibt eine signifikante Zunahme altersbedingter Funktionseinschränkungen, kombiniert mit einem Anstieg von Hilfe- und Unterstützungsbedarf sowie von Pflegebedürftigkeit.
  • Nahezu 50 Prozent der untersuchten Hochaltrigen nimmt mehr als 5 Medikamente gleichzeitig ein (Polypharmazie), jeder Achte 10 und mehr Medikamente.
  • Ein hohes Maß an kognitiven Einschränkungen wurde festgestellt. Nur 16 Prozent absolvierten die entsprechenden Tests fehlerfrei. Fast die Hälfte der Tests begründete einen Demenzverdacht.
  • Mehr als ein Drittel leidet unter Harninkontinenz, nur ein kleiner Teil der Betroffenen befindet sich in ärztlicher Behandlung.
  • Gleichzeitig beurteilt mehr als die Hälfte den eigenen Gesundheitszustand als gut oder sehr gut, ein Drittel zumindest als mittelmäßig. Nur etwas mehr als jeder Zehnte schätzt den Gesundheitszustand als (sehr) schlecht ein. Mehr als drei Viertel sagen, dass sie mit ihrer Lebenssituation zufrieden oder sehr zufrieden sind.

Weniger erwartet als diese Erkenntnisse ist vielleicht, dass Frauen, die einen höheren Anteil der Hochaltrigen stellen, sich tendenziell in einem schlechteren gesundheitlichen Zustand befinden als ihre männlichen Altersgenossen. Sie sind daher auch häufiger auf Unterstützung und Pflege angewiesen, so die Studie.

Bildung und Einkommen wirken sich auch im hohen Alter positiv auf die Gesundheit aus.

Unter Einsamkeit und Depression leiden 10 bis 15 Prozent, überdurchschnittlich stark sind Frauen und Bewohner von Pflegeheimen betroffen, sagt die Studie.

Hochaltrige rauchen kaum, viele haben nie geraucht und wenn, dann nur moderat.

Die Studie bescheinigt den Befragten ein hohes Maß und eine beeindruckende Vielfalt an Aktivitäten, die aber verständlicherweise von der Funktionalität und Gesundheit abhängen. Menschen, die die „eigenen vier Wände“ kaum mehr verlassen (können), reduzieren ihre Aktivitäten – wenig überraschend – sehr schnell.

Geplant ist, die Studie im Dreijahresrhythmus zu wiederholen. Gleichzeitig soll sie sukzessive zu einer tatsächlich „österreichischen“ – sprich österreichweiten – Untersuchung ausgebaut werden.


QIGG Daten bestätigen Studie

Eine weitgehende Bestätigung finden die Studienergebnisse durch die klinischen Daten des Vereins Qualität in der Geriatrie und Gerontologie (QIGG), in dessen Datenbank, die gemeinsam mit Joanneum Research entwickelt wurde und gepflegt wird, Informationen über insgesamt etwa 60.0000 stationäre Patientinnen und Patienten aus stationären Akutgeriatrie/Remobilisations-Abteilungen (AG/R) liegen.

„Wir haben im QIGG  aktuell rund 18.000 Patientinnen und Patienten in der ähnlichen  Altersgruppe der 80–85jährigen  erfasst,  zwei Drittel davon Frauen“, so QIGG-Obmann Prim. Peter Mrak. Seine Analyse: „Die Aussagen der ÖIH zeigen  dabei  viele  vergleichbare Ergebnisse,  so finden wir ebenfalls mit 32 Prozent  einen hohen Anteil an Harninkontinenz, bei einem Drittel unserer PatientInnen  Kognitionsdefizite, bei den Depressionen liegen wir bei den stationären PatientInnen mit  36 Prozent  wenig  überraschend noch  höher, die Bereiche Polypharmazie, Mangelernährung, soziale Situation – 45 Prozent sind alleinlebend! – sind repräsentativ abgebildet.“

Fazit von Mrak: Besonders wichtig ist die positiven Grundhaltung der Hochaltrigen , die in den Interviews der ÖIH zum Ausdruck gebracht wird: „Dieser müssen wir in einer modernen Gesundheitsversorgung  und Angebotsplanung vermehrt Rechnung tragen. Jedenfalls gratuliere ich den Autoren und bin auf die Fortsetzung der Studie schon gespannt.“ 

Österreichische Interdisziplinäre Hochaltrigenstudie – Zusammenwirken von Gesundheit, Lebensgestaltung und Betreuung. 1. Erhebung 2013/2014, Wien und Steiermark. Österreichische Plattform für Interdisziplinäre Alternsfragen (ÖPIA).
Unterstützer: BM für Gesundheit, BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Land Steiermark, Ressort für Wissenschaft und Forschung, Gesundheit und Pflegemanagement, Hauptverband der Sozialversicherungsträger. Projektleitung: Dr. Georg Ruppe und Andreas Stückler. 

www.qigg.at


Fotocredit: Fotolia




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