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AERZTE Steiermark 09/2017

 

Kassen-Verwaltungskosten: „Die Deutschen schwindeln weniger“

 

Ein deutscher Finanzexperte hat sich die Verwaltungskosten der österreichischen Krankenversicherungen angeschaut und ist zum Ergebnis gekommen, dass aus 2,7 Prozent 5,9 Prozent werden – wenn man die deutsche Berechnungsmethode zugrunde legt.

 

Wenn die österreichischen Krankenkassen über ihre Bilanzen sprechen, vergessen sie nicht darauf, auf ihre im internationalen Vergleich besonders niedrigen Verwaltungskosten hinzuweisen. Die betragen laut einer OECD-Statistik, die zwar schon zum Jahresanfang veröffentlicht wurde, aber erst im August den Weg in die Medien fand, im Jahr 2014 nur 2,8 Prozent, weit weniger als zum Beispiel in Frankreich, Belgien, der Schweiz, Griechenland oder den Niederlanden. Gleichzeitig – das wurde nicht erwähnt – aber höher sind als in England, Irland oder Portugal.

Die Zahlen haben aber einen Schönheitsfehler: Sie werden von den einzelnen Ländern selbst reportiert, ihre Vergleichbarkeit kann von den OECD-Statistikern nicht geprüft werden.

 

Diese Mühe machte sich Florian Habersberger, Finanzexperte der deutschen Siemens-Betriebskrankenkasse (SBK) – wahrscheinlich weil die deutschen Krankenversicherungen immer viel schlechter abschneiden als die österreichischen. Zu den offiziellen österreichischen Zahlen, die auf einer nicht mehr in Kraft stehenden Rechnungslegungsverordnung beruhen, hat er auch jene hinzugerechnet, die in Deutschland herangezogen werden.

 

Aus 479 Millionen Euro für das Jahr 2016 wurden so mehr als 744 Millionen Euro als „Verwaltungskosten (tatsächlich)“ und aus 2,7 Prozent wurden 5,9 Prozent, das sind 0,3 Prozentpunkte mehr als in Deutschland. Was umso erstaunlicher ist, als es in Deutschland für die Versicherten die Möglichkeit gibt, zwischen den einzelnen öffentlichen Krankenkassen zu wählen, daher also auch Marketingkosten für die Versicherungen anfallen.

 

Zu den Faktoren, die in der offiziellen Darstellung fehlen und vom deutschen Fachmann hinzugerechnet wurden, gehören die Positionen:

 

                Vertrauensärztlicher Dienst (86 Millionen Euro)

                Abschreibungen (88 Millionen Euro)

                Sonstige betriebliche Aufwendungen (gut 103 Millionen Euro)

                Zu hohe Erstattungen im Vergleich zu Deutschland (fast 75 Millionen Euro).

 

Zu ähnlichen Schlüssen kam auch eine Studie, die Prof. Hans Jürgen Wolter (c-alm AG, St. Gallen, Schweiz), für die Wirtschaftskammer Österreich erstellte. Er kam zwar insgesamt auf etwas geringere Prozentanteile als Habersberger, sieht aber die österreichischen, deutschen und Schweizer Krankenkassen praktisch gleichauf.

 

Der österreichische Gesundheitsökonom und Versorgungsforscher Ernest Pichlbauer hat diese Debatte schon vor einiger Zeit in einem Gastkommentar für die Wiener Zeitung unter dem Titel „Verwaltungskosten-Tricksereien der Krankenkassen“ ironisch kommentiert.

 

Zum Vergleich der Erstattungen schreibt er: „Auf Köpfe berechnet, erhalten unsere Kassen dann 37 Euro pro Nase ‚Ersatz‘ für den Verwaltungsaufwand. Die deutschen Kassen kriegen für vergleichbare Leistungen nur 27 Euro ersetzt und müssen sich ständig rechtfertigen, weil jeder eine Verwaltungssubvention wittert.“

 

Sein Fazit: „Am Ende werden mit allerlei Tricks Verwaltungskosten klein-, Gesamtausgaben großgerechnet, damit die Verwaltungsquote schön niedrig bleibt.“

Trockener Schlusssatz: „Die Deutschen … schwindeln also auch, aber halt weniger.“

 

Grafik: Conclusio; Foto: Wilke




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