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AERZTE Steiermark 12/2023
 

Musikalisch fit

Ernährungsmediziner Meinrad Lindschinger ist nicht nur Arzt mit Leib und Seele, sondern auch Musiker, seit er denken kann. Zu seiner Instrumentensammlung zählen Raritäten wie ein Katschtaler Hackbrett und ein Fürst-Pless-Horn.

Von Ursula Scholz

Als größte Familienmusik Österreichs hat es die Familienmusik Lindschinger seinerzeit bis ins Fernsehen zum Steiner Franz geschafft. Über 36 Jahre hinweg – ab seinem 15. Lebensjahr – hat Meinrad Lindschinger in dieser Formation im Kuratorium Wiener Pensionistenwohnhäuser vorweihnachtliche musikalische Freuden gebracht. Die Familienmusik Lindschinger, die seine Eltern als Eltern-Kind-Ensemble
gegründet haben, gibt es mittler­weile nicht mehr, aber bei jedem Familientreffen wird spontan musiziert. „Auf hohem Niveau, denn wir halten uns alle musikalisch fit“, wie Meinrad Lindschinger betont. „Rund 60 bis 100 gemeinsame Stücke haben wir alle drauf und auch die nächste Generation spielt eifrig mit.“ Lindschingers Vater war Chormeister und Organist und anfangs hatte Sprössling Meinrad wie seine drei Schwestern gar keine Wahl, als in die Chorprobe mitzugehen. „Da auch meine Mutter im selben Chor gesungen hat, war ja keiner daheim, der auf die Kinder aufpassen hätte können.“ Mit 13 begann er dann als Trompeter in der Blasmusik seines Heimatortes St. Peter am Kammersberg mitzuwirken, wechselte schließlich zum Bassflügelhorn und lernte in weiterer Folge auch Hackbrett und Harmonika spielen.

Hackbrett aus Chorgestühl

Lindschingers Hackbrett ist nicht irgendeines, sondern ein vom Vater aus über 400 Jahre altem Chorgestühl-Holz handgefertigtes sogenanntes Katschtaler Hackbrett, das durch seine ungewöhnliche Kombination aus chromatischer und diatonischer Stimmung auffällt und sowohl als Begleit- als auch Melodieinstrument eingesetzt werden kann. Nur wenige Menschen verstehen noch, dieses spezielle Instrument zu spielen – und so überlegt Lindschinger, gemeinsam mit seiner Schwester, der Psychiaterin Bettina Ropele-Lindschinger, das Wissen um dieses Instrument zu verschriftlichen und eine eigene Hackbrett-Fibel für das Katschtaler Hackbrett herauszugeben.

Mit Hackbrett und Harmonika zählt Lindschinger auch zur Steirischen Knöpferlstreich, die in verschiedenen Formationen national wie international alpenländische Volksmusik aufführt. Bis in die USA hat es das steirische Ensemble bereits geschafft – und wenn es in großer Besetzung im Rundfunk auftritt oder auf Bällen und Hochzeiten spielt, ist Lindschinger mit seiner Frau, einer Querflötistin, mit dabei.

Sein favorisiertes Instrument ist allerdings das Bassflügelhorn, das vor Kurzem zu Lindschingers 63. Geburtstag auch ein Geschwisterinstrument bekommen hat: ein Fürst-Pless-Horn, ein in B
gestimmtes Jagdhorn, das auch zu seiner Leidenschaft für die Jagd passt.

Selbst gejagt – selbst verarbeitet

Eigenhändig erjagtes Fleisch (und nicht nur dieses) verarbeitet Lindschinger selbst weiter, erzeugt daheim Würste ohne Nitritpökelsalz und Phosphate oder räuchert es – ebenso wie die selbst gezüchteten obersteirischen Seeforellen und Saiblinge – in einer Niedertemperatur-Selche, in der sehr wenig kanzerogene Benzpyrene entstehen. Denn er ist nicht nur Musiker, sondern auch Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Ernährungsmedizin und Stoffwechsel­erkrankungen und folglich sehr daran interessiert, seinem Körper nur wohltuende Nahrungsmittel zuzuführen.

Sein Wissen über Lebensmittelchemie resultiert unter anderem aus seiner Zeit als Assistent am Institut für Medizinische Chemie und Pregl- Laboratorium bei Professor Benno Paletta. Seine anschließende Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin am Grazer Uniklinikum bei Professor Günter Krejs erfolgte dann bereits mit den Schwerpunkten Stoffwechsel und Ernährungsmedizin.

Nach einigen Jahren als Oberarzt an der medizinischen Universitätsklinik, leitete er auch den Ernährungsmedizinischen Dienst des LKH-Universitätsklinikums sowie den Medizinisch-technischen Dienst in der medizinischen Direktion unter Univ.-Prof. Dr. Gerhard Füger. Danach gründete Lindschinger mit seiner Frau auf der Laßnitzhöhe das Institut für Ernährung und Stoffwechselerkrankungen, ein nicht bettenführendes öffentliches Ambulatorium in der Schwarzl-Klinik, jetzt im Gemeinde-Pfarr-Zentrum in Laßnitzhöhe. Daneben arbeitet er als Lektor auf der FH Joanneum, ist Ernährungsmediziner, Kneipparzt und Kurarzt des Heilklimatischen Kurortes Laßnitzhöhe, ärztlicher Leiter internationaler Projekte sowie wissenschaftlicher Leiter der Apfel-, Obst- und Gemüse-Akademie, die kürzlich ihr zehnjähriges Bestehen gefeiert hat.

Begründer des „Functional Eating“

In seinem eigenen Institut entwickelte Lindschinger das Konzept des Functional Eating, ein Ernährungsprogramm, das individuell auf die Lebensumstände der einzelnen Patientinnen und Patienten abgestimmt ist – und nicht nur auf die Erkrankung, deretwegen sich die Menschen in medizinische Behandlung begeben. „Wir müssen die Ernährung an die Bedürfnisse der Menschen anpassen und nicht umgekehrt. Als wir gesehen haben, dass wir mit unserer ernährungsmedizinischen Begleitung bei einigen Patienten mit den typischen Zivilisationserkrankungen enormen Erfolg hatten, bei anderen aber nur mäßigen, haben wir uns auf die Suche nach dem Grund dafür gemacht. Wir haben Tausende Datensätze ausgewertet und sie nach Alter, Geschlecht, Sozialversicherung, Laborstatus und Belastungsprofil analysiert.“ Functional Eating arbeitet ausschließlich mit natürlichen Lebensmitteln und durch die richtige Kombination der einzelnen Warengruppen ergeben sich Warenkörbe, die individuell an die Probleme und Bedürfnisse der Menschen angepasst sind. Mit dem individualisierten Ansatz kann nun noch viel mehr Menschen geholfen werden – Männern wie Frauen. „Wir gendern die Medizin seit 20 Jahren“, betont Lindschinger.

Auch seine Familie lebt nach jenen ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen, die Lindschinger selbst gewonnen hat. „Ich halte mich im Wesentlichen an meine eigenen Empfehlungen und ich habe das Glück, dass meine Frau, die zumeist für uns kocht, sogar noch konsequenter das lebt, was ich predige.“

Nach den Prinzipien von Functional Eating wird mittlerweile auch in diversen Gemeinschaftsverpflegungen – in Hotels ebenso wie beispielsweise in der Kantine der steirischen Wirtschaftskammer – aufgekocht. Nach wie vor ist Lindschinger als Forscher aktiv und versorgt oststeirische Obst- und Gemüse-Erzeuger ebenso mit wissenschaftlichen Erkenntnissen wie Fleischproduzenten, beschäftigt sich aber auch mit Leistungsdiagnostik für Profisportler. Ein besonderer Schwerpunkt ist die Forschungskooperation mit Univ.-Prof. Dr. Willibald Wonisch in der „Radikalforschung“ oder Arbeiten zu B-Vitaminen mit Mag. Norbert Fuchs.

Holz, Brot und Wein

Nicht nur sein Katschtaler Hackbrett ist eine Besonderheit – sondern auch die ganzheitliche Leistungsdiagnostik, unter anderem mit der Spiroergometrie, bei der während der körperlichen Belastung auch die Atemgase kontinuierlich analysiert werden, ist ein seltenes Instrument und wird daher von in- und ausländischen Leistungssportler:innen genutzt. Zudem betreut das Institut für Ernährung und Stoffwechselerkrankungen Menschen mit verschiedenen Lebensmittelunverträglichkeiten, Allergien und Nährstoff-Aufnahmestörungen und Ähnlichem.

Kaum zu glauben, dass Lindschinger daneben noch Zeit für die Musik findet. Und nicht nur für die Musik, sondern auch zum Radfahren, Bogenschießen, Drechseln, Brotbacken, Weinkeltern und bis vor kurzem auch noch zum Reiten. 30 Jahre lang hielt er eigene Pferde, mit denen er gerne Distanzritte bis nach Ungarn gemacht hat.

Lindschinger drechselt nicht nur Gewürzmühlen selbst und baut für seine drei bereits erwachsenen Kinder eigenhändig Holzbetten. Auch sein Hackbrett hat er liebevoll selbst restauriert. Sein nächs­ter Auftritt wird jedoch ohne Hackbrett, dafür wieder mit Horn stattfinden: Seitdem er auf der Laßnitzhöhe arbeitet und in der Gegend wohnt, ist er Mitglied der Trachtenkapelle Laßnitzhöhe. In gewissem Sinne ist selbst diese Kapelle eine Art Familienmusik: Auch seine Kinder spielen dort mit.




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