AERZTE Steiermark 07/08 2014 - page 8

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Ærzte
Steiermark
 || 07/08|2014
titel
Grabner:
Wenn ich mich
nicht an den Spitalsstandor-
ten und Abteilungen aufhän-
ge, sondern am Grünen Tisch
eine Blanko-Steiermarkkarte,
die ich – hinterlegt mit den
demografischen, topogra-
fischen Gegebenheiten – dem
vorhandenen Zahlenmaterial
und der modernen Verkehrs-
struktur befülle. Dann sage
ich, wir brauchen an diesem
und jenem Ort ein Kranken-
haus mit einem bestimmten
Inhalt. Das muss eine Lö-
sung sein, die für die näch-
sten 50 Jahre hält. Da darf
es keine heiligen Kühe, die
nicht geschlachtet werden
können, geben. Es muss jeder
betroffen sein, nur dann ist
das Verständnis da.
Die Frage nach konkreten
Beispielen verbietet sich
dann?
Grabner:
Ehrlicherweise ja.
Jetzt wurde der RSG evaluiert,
ohne große Veränderungen.
Dadurch wurde aber wieder
einmal in Erinnerung gerufen,
wie sehr auch nur angekün­
digte Veränderungen verstö-
ren können. Wie realistisch ist
„wertfrei“?
Grabner:
Wertfrei ist es nur
dann, wenn es jeden betrifft.
Es kann nicht immer nur
die Kleinsten treffen. Das ist
der politisch einfachste Weg,
weil sie sich am wenigsten
wehren können. Verständnis
für eine Umstrukturierung
wird es nur dann geben,
wenn jeder betroffen ist. Im
positiven oder negativen
Sinn. Das große Ganze muss
nachvollziehbar sein. Es darf
nicht nur ein Reagieren auf
Äußerlichkeiten sein. Im
RSG vermisse ich leider eine
proaktive Planung.
Was ist eine proaktive Planung?
Hinter vorgehaltener Hand
wird darüber spekuliert, dass
wir statt mehr als 20 vielleicht
nur sieben Standorte brauchen.
Grabner:
Ich glaube, dass
man das diskutieren soll. Ir-
gendwann muss man Tache-
les reden, auch mit der Be-
völkerung. Wenn wir genug
Geld und Personal hätten,
wäre es traumhaft, wenn es in
jedem Bezirk zumindest ein
Spital mit der gesamten Vor-
halteleistung gäbe. Aber die
ökonomische Entwicklung ist
leider eine andere. Nur, eines
muss man respektieren: Ein
Steuerzahler in einem entle-
genen steirischen Gebiet hat
genau das gleiche Recht auf
die qualitativ hochwertigste
Versorgung, wie jemand, der
im ersten Grazer Stadtbezirk
wohnt.
Wie lässt sich das realisie-
ren? Wer in Graz wohnt, wird
MARTIN NOVAK
AERZTE Steiermark:
Um die
Medvision ist es zumindest
öffentlich stiller geworden. Sie
haben sicher eine persönliche
Vision?
Othmar Grabner:
Die Med-
vision resultiert aus der Ver-
gangenheit. Seit vielen Jah-
ren, um nicht zu sagen Jahr-
zehnten, versuchen wir, eine
zeitadäquate Struktur in die
Spitalslandschaft zu bringen.
Das heißt, Fehler der Ver-
gangenheit auszumerzen und
möglichst zu vermeiden, neue
zu machen. Das ist meine
Wunschvorstellung. Dahin-
ter muss ein Masterplan für
die steirischen Spitäler ste-
hen, der nicht nur quantita-
tive, sondern auch qualitative
Strukturen erfasst. Die Pla-
nung muss wertfrei und vor-
urteilsfrei erfolgen. Das wäre
meine Vision.
„Die
Realität
überholt
uns“
Othmar Grabner, Präsident der steirischen Primarärzte-
vereinigung
und Chirurgie-Primar in Rottenmann, über heilige
Kühe und Schadensbegrenzung.
Foto: Schiffer
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