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ÆRZTE

Steiermark

10|2017

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NIEDERGELASSENE ÄRZTINNEN UND ÄRZTE

Alle wollen Jobsharing.

Die Frage ist nur: Soll

die medizinische Versorgung dadurch besser

werden? Oder billiger?

Die österreichischen Sozialversicherungen

sind stolz auf ihre geringen Verwaltungskosten.

Experten bezweifeln die Vergleichbarkeit.

Faires Job-

Sharing nötig

Verwaltung

richtig rechnen

Foto: Fotolia

Jobsharing, also die Möglich-

keit, dass sich zwei Ärztinnen

und Ärzte eine Kassenpraxis-

stelle teilen, ist eine der Mög-

lichkeiten, Kassenstellen – vor

allem für junge Ärztinnen

und Ärzte – attraktiver zu

machen. Eine geteilte Stelle ist

mit kleinen Kindern leichter

zu bewältigen als eine volle

Kassenstelle. Darüber sind

sich alle einig.

Seitens der GKK gibt es aber

eine Hürde: Sie will, dass für

Jobsharing-Stellen billigere

Honorare (etwa durch zusätz-

liche Degressionen) gelten als

für die klassische Einzel- oder

Gruppenpraxis.

Keine Bestrafung

Genau das will ÄK-Vizeprä-

sident Norbert Meindl, Ob-

mann der Kurie Niedergelas-

sene Ärzte aber nicht: „Das

ist eine Bestrafung vor allem

junger Ärztinnen, die kleine

Kinder haben und deswegen

eine Teilzeitstelle annehmen

wollen. Das ist aber auch ein

Schaden für die Patientinnen

und Patienten, weil es dann

immer schwieriger wird, Stel-

len überhaupt zu besetzen“,

sagt er.

Auch Kathrin Sieder, Referen-

tin für Arztberuf und Familie,

lehnt weitere Reduktionen ab:

„Wenn wir wollen, dass junge

Ärztinnen und Ärzte sich

für Kassenstellen interessie-

ren, ist Jobsharing ohne wirt-

schaftliche Schlechterstellung

das Gebot der Stunde.“ Ein

faires Jobsharing-Modell sei

für die Zukunft des Arztbe-

rufs immens wichtig.

Laut OECD-Statistiken sind

die Verwaltungsausgaben

der österreichischen sozialen

Krankenversicherungen be-

sonders niedrig. Experten, die

nachgerechnet haben, kom-

men allerdings zum Ergeb-

nis, dass die Vergleichbarkeit

der Daten mit Deutschland

und der Schweiz nicht gege-

ben ist, weil die österreichi-

schen Versicherungsträger im

Gegensatz zu ihren Nach-

barn Kostenpositionen, die

der Verwaltung zuzurechnen

sind, nicht in die Gesamtdar-

stellung aufnehmen.

Das Problem: Es gibt offen-

bar keine allgemeingültigen

internationalen Regeln, nach

denen Verwaltungskosten im

Bereich der sozialen Kranken-

versicherungen ausgewiesen

werden. Dass kein umfas-

sendes Überblickspapier über

die Verwaltungskosten der

Krankenversicherungen oder

gar eine Analyse bzw. ein

Vergleich der Länderdaten

zur Verfügung steht, hat die

Weltgesundheitsorganisation

(WHO) bereits 2010 in einem

Diskussionspapier bemängelt:

„Die verfügbare Literatur zi-

tiert spezifische Länderdaten

oft nur, statt sie zu analy-

sieren“, heißt es dort etwas

süffisant.

Ein Papier, das die Daten ana-

lysiert, ist die von der Wirt-

schaftskammer Österreich

(WKO) in Auftrag gegebene

und im März 2017 veröffent­

lichte Studie

„Effizienzpoten-

ziale in der Sozialversiche-

rung“

der c-alm AG (eines

Ablegers der Universität St.

Gallen) unter der Leitung des

habilitierten Volkswirts und

Finanzmarktexperten Prof.

Dr. Hans-Jürgen Wolter.

Unter anderem vergleicht die

Studie auch die Personalaus-

stattung der einzelnen Ge-

bietskrankenkassen im Ver-

gleich zur Versichertenzahl.

Klassenprimus ist demnach

Oberösterreich. Die Studie

weist auch aus, welches Ein-

sparungspotenzial die ande-

ren österreichischen Gebiets-

krankenkassen hätten, wür-

den sie das Niveau von Ober­

österreich erreichen. Über

alle Krankenkassen gerech-

net, beträgt das Einsparungs-

potenzial laut dieser Studie 12

Prozent des Verwaltungsauf-

wandes. Die höchsten Einspa-

rungsmöglichkeiten gibt es

demnach in der Steiermark,

Kärnten und Vorarlberg.

SV-Träger

Potenzial*

Steiermark

24 %

Kärnten

23 %

Vorarlberg

17 %

Niederösterreich

16 %

Tirol

12 %

Salzburg

10 %

Wien

4 %

Burgenland

0 %

Oberösterreich

0 %

*Effekt auf den gesamten Ver-

waltungsaufwand. Quelle: c-alm:

Effizienzpotentiale in der Sozialver-

sicherung, 2017

„Das ist eine

Bestrafung.“

Norbert Meindl