AERZTE Steiermark 10/2025
Erlebnisse einer Tierfotografin: Hinter jedem Bild steckt eine Geschichte
Ausprobiert, in Leidenschaft entbrannt und dabeigeblieben. So erging es Martina Stelzl, niedergelassene Ärztin in Graz-Wetzelsdorf, sowohl was ihre Berufswahl als auch die Wahl ihres Hobbys betrifft. Nur dass die Tierfotografie erst später kam.
Galapagos 2014 war Martina Stelzls Erweckungserlebnis. Seither haben sich Ausrüstung, (fotografische) Ausbildung und natürlich Erfahrung und Leidenschaft zügig weiterentwickelt. Klar sind es die Fotos selbst, die am besten geeignet sind, über ihre Leidenschaft Zeugnis abzulegen. Aber wenn sie dann die Geschichten dazu erzählt, bekommen die Bilder schon noch eine ganz andere Tiefe. Etwa von der Eselspinguinmutter in der Antarktis, die ihr Küken jeden Tag allein lassen muss, um Futter heranzuschaffen. Allein unter den scharfen Augen der hungrigen Skuas, der antarktischen Raubmöwen. „Und es war so berührend, zu beobachten, wie diese eine Mutter von der Jagd zurückkommt und über ihrem Küken schon die Möwe kreisen sieht. Zuerst hat sie kurz innegehalten, um gleich darauf laut schreiend loszustürmen. Und dann hat diese Pinguinmutter mit ausgebreiteten Flügeln und weiter mit voller Kraft schreiend diesen mächtigen Raubvogel vertrieben.“
Der kleine Bär …
Von springenden Buckelwalen vor Alaska über schnäbelnde Habichtskauze in Slowenien, die im Zuge stundenlanger Ansitzfotografie „erlegt“ werden bis zur beleidigten Leberwurst unter den Schimpansen im Kibale-Nationalpark in Uganda reicht der Bogen der Erlebnisse als Tierfotografin. Nicht zu vergessen die Geschichte vom dritten Bärenjungen, das zusammen mit den beiden Geschwistern von der Mutter im sicheren Geäst eines Baumes zurückgelassen wird, während diese auszieht, um Lachse zu fischen. Und das selenruhig verschläft, wie die beiden Geschwister wieder hinunterklettern und sich auf die Suche nach der Mutter machen.
„Aber als der kleine Bär dann aufgewacht ist und festgestellt hat, dass er allein ist, ist es losgegangen. Wie von der sprichwörtlichen Tarantel gestochen ist er aufgesprungen und den dicken Popo voraus, so schnell wie es nur ging, den Baumstamm hinuntergerutscht. Und am Boden natürlich immer noch herumgeflitzt auf der Suche nach der Mutter und den Geschwistern. Um dann, als er sie dort auch nicht vorgefunden hat, blitzartig einen anderen Baum zu erklimmen und aus Leibesseele loszuschreien. So viel Angst erreicht natürlich jedes Mutterherz. Und so eilt diese nun herbei, um den Sprössling zu retten. Der sich das sicher bis mindestens zum übernächsten Tag gemerkt hat.“
Die Initialzündung
Tiere hat Martina Stelzl immer schon geliebt und ebenso das Reisen. Aber erst die geplante Reise zu den Galapagos-Inseln 2014 löst die Initialzündung für die heutige Leidenschaft aus. „Ich habe gesagt, auf die Galapagos-Inseln fahre ich nicht, ohne Fotos zu machen.“ Eine erste Digitalkamera und los ging‘s, der Gatte macht mit dem Fernglas den Scout oder genoss einfach. Der Anfang war zwar noch nicht ganz so toll im Ergebnis, aber jedenfalls gemacht, sagt sie. Und seither geht es nach Möglichkeit dreimal im Jahr in Länder und Regionen, wo die Fauna in ursprünglicher, unberührter und wilder Natur erlebt werden kann, wo sich Erlebnisse nicht nur auf der Speicherkarte, sondern auch im Herzen tief einprägen und die Abenteuerlust nie zu kurz kommt. Die große Liebe gehört Afrika und dort könnte das Okowango-Delta primus inter pares sein. Oder doch die Kalahari? „Das ist halt wieder ganz etwas anderes.“
Die Grenzen
Unter den Tieren gehört ihr Herz eindeutig den Leoparden, „bisher jedenfalls wurde diese Schönheit für mich durch nichts übertroffen.“ Überhaupt den Katzenartigen. Das nächste Ziel für heuer ist der iberische Luchs, auf der gleichnamigen Halbinsel.
Selbst bei der Tierfotografie zieht Frau Doktor allerdings eine Grenze: „Bei unserer letzten Afrikareise haben wir ein Wildhunde-Rudel – deren Bestand übrigens auch schon im steilen Sinkflug ist – bei der Antilopenjagd beobachtet. Die haben das Impala erlegt und noch bei lebendigem Leib aufzufressen begonnen. Das ist der Moment, wo ich die Kamera ablege. Ich weiß schon, ,fressen und gefressen werden‘. Das passt schon. Aber es ist wohl der Respekt vor beiden Tieren, warum ich das nicht mehr fotografieren mag. Oder – nachdem ich die Jagd ja durchaus noch fotografiere, vielleicht der Respekt vor dem Tod. Wohl eine Frage der Ethik.“
Fotocredit: Martina Stelzl