AERZTE Steiermark 05/2025

 

„No Shows“ – die nicht abgesagten Arzttermine und ihre rechtlichen Folgen

Mit der Covid-19-Pandemie erhöhte sich die Zahl der Arztpraxen mit Terminvergabe. Gleichzeitig stieg die Zahl der Vorfälle, bei denen Patient:innen vereinbarte Termine unentschuldigt nicht wahrnahmen – weil sie den Termin vergessen hatten, verhindert waren oder schlichtweg doch nicht mehr erscheinen wollten. Die rechtlichen Folgen beleuchtet dieser Artikel.

Sind die so genannten „No Shows“, also das unentschuldigte Nicht-Wahrnehmen von Terminen ein „Kavaliersdelikt“? Von Patient:innen werden sie oft so abgetan, doch für Ärzt:innen sind ausgefallene Termine ein großes Ärgernis. Insbesondere Ärzt:innen mit längerer Behandlungsdauer pro Patient:in haben mit den durch verpasste Termine bedingten Leerläufen zu kämpfen. Die steigende Zahl dieser Fälle stellt mittlerweile eine massive Problematik für den ordnungsgemäßen, raschen und funktionsfähigen Praxisalltag dar.

Möglichkeit 1: Die Konventionalstrafe

Viele Ärzt:innen haben sich als „Erziehungsmaßnahme“ bzw. zur Abhilfe bereits Ausfallhonorare überlegt: Rechtlich möglich wäre die Vereinbarung einer Konventionalstrafe. Hier müsste mit dem betroffenen Patienten bzw. der betroffenen Patientin bereits bei der Festlegung des Termins vertraglich vereinbart werden, dass im Falle des unentschuldigten Fernbleibens eine sogenannte Konventionalstrafe, also ein pauschaler Geldbetrag, zu entrichten ist.

Es kann unabhängig vom tatsächlich verursachten Schaden ein pauschaler Geldbetrag vereinbart werden, der unter Umständen sogar die Höhe des tatsächlich eingetretenen Schadens übersteigt. Dadurch wird verhindert, dass die betroffenen Ärzt:innen den tatsächlich durch den unentschuldigt verpassten Termin entstandenen Schaden (insbesondere entgangenes Honorar) zeitaufwändig für den Einzelfall berechnen müssten. 

Bürokratischer Mehraufwand

Die Konventionalstrafe muss jedoch mit jedem Patienten bzw. jeder Patientin einzeln vereinbart werden, was einen nicht unerheblichen bürokratischen und kostentechnischen Mehraufwand bedeutet. Auch sollte dabei die Verwendung gleichlautender Vertragsblätter mit sämtlichen Patient:innen, trotz deren Praktikabilität, tunlichst vermieden werden. Werden für mehrere oder alle Patient:innen dieselben vertraglichen Klauseln zur Vereinbarung der Konventionalstrafe verwendet, sind diese als AGB (allgemeine Geschäftsbedingungen) zu qualifizieren. In einem solchen Fall sind dann auch die strengeren, für AGB geltenden gesetzlichen Vorschriften an die inhaltliche Ausgestaltung der Konventionalstrafe zu beachten.

Höhe des Schadens

Die vereinbarte Konventionalstrafe darf dann, nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes, die Höhe des tatsächlich im Einzelfall konkret eingetretenen Schadens nicht übersteigen. Eine pauschale Konventionalstrafe in AGB ist damit schwer zu vereinbaren und müsste sich stets an dem einzelnen schadensbezogenen Mindestfall orientieren. Dieser kann jedoch in vielen Fällen sogar bei Null liegen, wenn eben gerade bei Kassenärzt:innen mit kurzen Routineterminen kein Leerlauf entsteht, da anstatt des ausfallenden Patienten bzw. der ausfallenden Patientin gleich jemand anderes drangenommen werden kann.

Nicht zuletzt bleibt zu bedenken, dass die Aufforderung zur Zustimmung zu einer Konventionalstrafe vorab eine nicht unerhebliche Abschreckung von insbesondere neuen Patient:innen bedeuten kann. Denn diese werden noch vor dem erstmaligen Betreten der Ordination gleich mit der Verpflichtung zur Zahlung einer Pönale konfrontiert.

Möglichkeit 2: Der Schadenersatz

Wenn durch das unentschuldigte Fernbleiben ein Schaden entsteht, kann dieser im Rahmen des allgemeinen Schadenersatzrechts nachträglich geltend gemacht werden. Zu denken ist insbesondere an den entgangenen Gewinn (Honorar), der dem Arzt/der Ärztin durch den Ausfall des Termins entstanden ist. Dies kann etwa aufgrund des Leerlaufs zwischen den Terminen oder durch den Verlust einer potentiell anderen Erwerbschance sein, wenn einem anderen Patienten/einer anderen Patientin aufgrund des bereits belegten Termins eine Absage erteilt wurde. Zu betonen ist, dass es bei dieser Variante auf den tatsächlich im einzelnen Fall dem betroffenen Arzt/der betroffenen Ärztin entstanden Schaden ankommt. Das heißt, sollte der entfallene Termin für andere wartende Patient:innen genutzt werden können und somit ein Leerlauf zwischen den Terminen erst gar nicht entstehen, liegt kein Schaden vor. Dann kann auch kein Schadenersatz vom unentschuldigt fernbleibenden Patienten bzw. der Patientin verlangt werden.

Nachteil

Eine bürokratisch aufwendige Vorabvereinbarung ist im Fall des Schadenersatzes nicht notwendig. Wesentlicher Nachteil ist jedoch, dass der Schaden für jeden Patienten bzw. jede Patientin im Einzelnen mit dem entsprechenden Verwaltungs- und Kostenaufwand zu berechnen ist und ein pauschaler Schadensbetrag nicht verlangt werden kann.

Conclusio

Beide Varianten bieten Vorteile, aber auch gewisse Tücken. Der Appell an die Patient:innen zur Termineinhaltung sowie die persönliche Ansprache nach einem Terminausfall auf das dadurch entstehende Ärgernis durch das Ordinationspersonal und den Arzt bzw. die Ärztin ist dabei wohl die erste sinnvolle Maßnahme. Kurze Wartezeiten und eine rasche Terminabwicklung sind schließlich im Interesse aller Beteiligten.

 

Mag. Michael Hirth, Rechtsanwalt

 

Foto: beigestellt, Envato