AERZTE Steiermark 05/2025

 

Arbeitszeit der Spitalsärzt:innen: Wunsch und Wirklichkeit klaffen auseinander

Wie lange arbeiten Österreichs Spitalsärzt:innen? Wie viele Nachtdienste absolvieren sie im Schnitt jedes Monat. Die aktuelle IMAS-Umfrage gibt jetzt detaillierte Einblicke und zeigt: Die tatsächlichen Arbeitszeiten liegen weiterhin weit über dem, was sich die Ärzt:innen wünschen würden.

Die aktuellen Zahlen der IMAS-Umfrage im Auftrag der Österreichischen Ärztekammer sprechen eine deutliche Sprache: Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der Spitalsärzt:innen inklusive Nachtdiensten liegt österreichweit bei 46 Stunden – in der Steiermark sogar bei 48 Stunden. „Gerade diese Zahl zeigt, dass die Arbeitsbelastung in der Steiermark nach wie vor höher als im österreichweiten Schnitt ist“, sagt Gerhard Posch, Vizepräsident und Obmann der Kurie Angestellte Ärzte in der Ärztekammer Steiermark.

Hohe Belastung auf allen Karrierestufen

Ein Blick auf die verschiedenen Karrierestufen bestätigt die hohe Arbeitsintensität quer durch alle Bereiche:

  • Spitzenreiter:innen sind die Primarärzt:innen und Abteilungsleiter:innen. Sie arbeiten durchschnittlich 52 Stunden pro Woche.
  • Die Ärzt:innen in der Basisausbildung kommen auf 50 Stunden.
  • Auszubildende zum Facharzt/zur Fachärztin bzw. Allgemeinmediziner:in liegen ebenfalls bei 49 Wochenstunden. Im langfristigen Vergleich hat sich die durchschnittliche Arbeitszeit österreichweit nur minimal verändert: Von 47 Stunden im Jahr 2019 sank sie auf 46 Stunden 2024/25. Eine Konstante bleibt jedoch: Die höchste Arbeitszeit innerhalb einer Arbeitswoche beträgt nach wie vor 62 Stunden – genau wie bereits bei der Spitalsärzte-Umfrage im Jahr 2019.

Der große Wunsch: Weniger Stunden

Wie viele Stunden würden sich die Ärzt:innen in ihrem Arbeitsalltag tatsächlich wünschen? Auch das wurde vom IMAS-Institut aktuell erhoben: In der Steiermark liegt der Wunschwert bei 39 Wochenstunden. „Das ist ein klarer Beleg dafür, dass die aktuelle Arbeitsbelastung von vielen Spitalsärzt:innen als deutlich zu hoch empfunden wird“, betont der Kurienobmann, der dies auch als klaren Handlungsauftrag für die Kurie sieht, sich weiter massiv für die Attraktivierung der Arbeitsbedingungen für die Spitalsärzt:innen einzusetzen.

Starke Belastung: Nachtdienste

Besonders belastend empfinden viele Ärzt:innen die häufigen Nachtdienste. In einem typischen Monat absolvieren steirische Spitalsärzt:innen durchschnittlich 4,3 Nachtdienste – das ist ident mit dem österreichweiten Durchschnitt. Wobei sich die Befragten bei dieser Antwort auf ihr letztes halbes Arbeitsjahr bezogen.

In diesem Zusammenhang sticht die bei den Dauersekundarärzt:innen* erhobene Zahl von 4,9 Nachtdiensten pro Monat deutlich heraus. Auch die Ärzt:innen in der Ausbildung zum Allgemeinmediziner/zur Allgemeinmedizinerin liegen über diesem Schnitt und kommen auf 4,5 Nachtdienste. Besonders drastisch: Die höchste Zahl an Nachtdiensten innerhalb eines Monats liegt mittlerweile bei 5,8, sagen die Auswertungen des IMAS-Institutes. Das ist ein sehr deutlicher Anstieg gegenüber dem Jahr 2019, in dem der Höchstwert laut der Befragung noch bei bereits hohen 5,4 Nachtdiensten im Monat lag.

Freiwilliges Opt-out

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der im Rahmen der Spitalsärzteumfrage beleuchtet wurde, betrifft die Opt-out-Regelung im Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz. Hier wird anhand der Zahlen deutlich, dass die Ärzt:innen in diesem Bereich ihre Belastbarkeitsgrenze bereits erreicht haben: Nur 31 % der österreichischen Spitalsärzt:innen haben von der Opt-out-Regelung Gebrauch gemacht und sich freiwillig dazu entschieden, mehr als 48 Stunden pro Woche zu arbeiten. Die Mehrheit – nämlich 58 %

 – hat auf diese Möglichkeit verzichtet. In der Steiermark ist die Zustimmung zur Opt-out-Regelung sogar noch niedriger: Nur 27 % der Spitalsärzt:innen nutzen diese Option. Dies spreche eine deutliche Sprache, meint Gerald Wolf, 2. Obmann-Stellvertreter der Kurie Angestellte Ärzte. Am häufigsten nutzen übrigens Ärzt:innen in Ausbildung zum Facharzt/zur Fachärztin die Opt-out-Regelung (36 %), dicht gefolgt von Oberärzt:innen (34 %).

Weitere Infos zu den aktuellen Veränderungen beim Opt-out finden Sie in unserer Cover-Story auf den Seiten 8-10.

Ein klarer Handlungsauftrag

Die Ergebnisse machen deutlich: Die Ärzt:innen leisten enorme Arbeit – doch Wunsch und Realität hinsichtlich der Rahmenbedingungen und damit ihrer Lebensqualität klaffen deutlich auseinander. „Wir brauchen dringend nachhaltige Maßnahmen rund um attraktive Arbeitsbedingungen für unsere Spitalsäzt:innen, die das Gesundheitssystem am Laufen halten. Da sind die Träger massiv gefordert“, betont Kurienobmann Posch. Die Träger müssten auf die Lebensrealität der Ärzt:innen eingehen, sei es doch in ihrem Interesse, attraktive Arbeitgeber zu sein. „Als Standesvertretung werden wir bei diesem Thema weiter dranbleiben. Wir wissen genau, wo der Schuh drückt, denn wir haben im Hintergrund die entsprechenden Daten. Belastende Arbeitsverhältnisse und viel zu lange Dienstzeiten gefährden das System. Motivierte und zufriedene Ärzt:innen sind der Schlüssel zu einer guten Patientenversorgung.“

Zur Umfrage

Die aktuelle Spitalsärzteumfrage wurde von der Bundeskurie angestellte Ärzte (BKAÄ) der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) in Kooperation mit IMAS-International, Institut für Markt- und Sozialanalysen, durchgeführt. Befragungszeitraum: Dezember 2024 bis Jänner 2025.

In der nächsten Ausgabe widmet sich die Serie Problemfeldern, dem Thema Personalknappheit und der Gewalt, der Ärzt:innen in ihrem Beruf ausgesetzt sind.

 

Foto: Furgler, Schiffer