AERZTE Steiermark 05/2025

 

Ganzheitlich, nahbar, eigenverantwortlich

Der Wunsch, Menschen nachhaltig zu helfen, war bei Neslihan Celebi früh ausgeprägt. Nach ihrer Ausbildung zur diplomierten Krankenschwester reifte der Entschluss, Medizin zu studieren – nicht aus bloßer Neugier, sondern aus einem tiefen Bedürfnis nach mehr Verständnis: „Mir reichte es nicht mehr, Symptome zu behandeln. Ich wollte wissen, warum sie entstehen und wie man langfristig helfen kann.“

Jede Erfahrung prägt

Zu Beginn faszinierte Celebi besonders die Chirurgie mit ihrer Präzision und den unmittelbaren Ergebnissen. Doch je weiter das Studium fortschritt, desto mehr gewann die Allgemeinmedizin an Bedeutung. „Die Vielseitigkeit, die kontinuierliche Betreuung, das enge Verhältnis zu den Patientinnen und Patienten – das war genau das, was ich suchte.“ Geprägt wurde ihr beruflicher Weg durch inspirierende Kolleg:innen, aber auch durch herausfordernde Begegnungen. Gerade letztere stärkten ihre Motivation, ihren eigenen Weg als empathische und zugewandte Ärztin zu gehen: „Auch schlechte Beispiele können lehrreich sein – sie haben mir gezeigt, wie ich es nicht machen will.“

Überzeugung, Fügung und Mut

Schon früh stand für sie fest, dass eine eigene Ordination ihr Ziel sein würde. Der erste intensive Einblick in den Praxisalltag während des Turnus befeuerte diesen Wunsch. „Ich merkte sofort, wie sehr mir die kontinuierliche Betreuung liegt. Der Wunsch nach Selbstständigkeit war geboren.“ Der Weg dorthin war geprägt von einem Mix aus Überzeugung, Fügung und Mut. Ein idealer Standort in Graz bot die Gelegenheit, sich als Wahlärztin langsam an die Selbstständigkeit heranzutasten. „So konnte ich Schritt für Schritt wachsen und Erfahrungen sammeln, bevor ich schließlich eine Kassenpraxis übernahm.“

Ärztin als Unternehmerin

Die Herausforderungen blieben dabei nicht aus. „Selbstständig zu sein heißt auch, Unternehmerin zu sein – das ist vielen nicht bewusst“, gibt Celebi zu bedenken. Von Personalführung bis Finanzplanung: Vieles eignete sie sich autodidaktisch an. Besonders hilfreich war dabei ihre Erfahrung aus der Leitung ihrer eigenen Tanzschule – organisatorisches Denken und Eigenverantwortung kannte sie bereits. Bis vor Kurzem führte sie zwei Ordinationen – in Graz und im weststeirischen Schwanberg. Doch die Belastung durch das ständige Pendeln wurde zu groß. Inzwischen hat sie für Schwanberg einen Nachfolger gefunden und fokussiert sich nun voll auf ihre Praxis in der Grazer Griesgasse.

Ordination mit klarer Ausrichtung

Die Ausrichtung dort ist klar: Prävention und Ganzheitsmedizin. Das zeigt sich im breiten Angebot – von Venentherapie, Infusionskuren und Colon-Hydro-Therapie bis hin zu Mikronährstoffanalysen und Orthomolekularmedizin. Auch traditionelle Verfahren wie Hacamat (Schröpfen) gehören zum Spektrum. „In der chinesischen Medizin gilt ein Arzt als besonders gut, wenn seine Patient:innen gar nicht erst krank werden. Diese Denkweise prägt meine Arbeit.“

Tipp: Praxiserfahrung sammeln!

Die Freude an ihrem Beruf ist spürbar. „Ich denke sehr oft: Gut, dass ich diesen Schritt gegangen bin – besonders, wenn ich miterleben darf, wie Menschen durch meine Unterstützung gesünder und zufriedener leben.“ Jungen Kolleginnen und Kollegen, die mit dem Gedanken spielen eine eigene Ordination zu eröffnen, rät sie zu guter Selbsteinschätzung. „Wer gerne gestaltet, Verantwortung übernimmt und flexibel ist, wird die Selbstständigkeit lieben. Wer hingegen klare Strukturen und Sicherheit schätzt, fühlt sich im Angestelltenverhältnis oft wohler.“

Was die engagierte Ärztin aber allen mit auf den Weg gibt: „Früh Praxiserfahrung sammeln! Und unbedingt Weiterbildungen in Betriebsführung, Personalmanagement und Kommunikation machen – das sind Schlüsselkompetenzen, die im Alltag entscheidend sind.“
 

Foto: Danila Amodeo