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Wildes Testen

Um festzustellen, wie es die Bundesländer mit dem SARS-CoV-2-Tests halten, haben wir allen die gleichen Fragen* gestellt. Die Antworten waren aber alles andere als gleich.

Martin Novak

Man möge nicht nur die absoluten Zahlen vergleichen, sondern eine Bezugsgröße verwenden, heißt es. Das haben wir getan. Daher haben wir auf Grundlage der jüngsten Bevölkerungszahlen (Statistik Austria, Stichtag 1.1.2020) und der von den Bundesländern übermittelten absoluten Testzahlen für die exemplarisch herausgegriffene Woche
vom 20. bis zum 26. Juli 2020 Test-Summen je 100.000 EinwohnerInnen errechnet. Die Differenzen sind groß: Sie schwanken zwischen 112 (in Kärnten) und 785 Tests in Wien. Aber auch Bundesländer mit ähnlicher demographischer und wirtschaftlicher Struktur meldeten sehr unterschiedliche SARS-CoV-2-Test-Summen pro 100.000 EinwohnerInnen: So führte Oberösterreich in der Vergleichswoche mit 608 Tests fast doppelt so viele durch wie die Steiermark mit 314 Tests.


Unterschiedliche Zählweisen

Darüber könnte man sich empören. Man könnte vielleicht auch sagen, dass es allenfalls keine „wirklich repräsentative“ Woche war, oder dass bestimmte Ereignisse  eventuell regional unterschiedliche Testaktivitäten ausgelöst haben.

Was aber offenbar (so die Antworten der zuständigen Stellen) die gewaltigen Unterschiede zumindest miterklärt, ist die unterschiedliche Zählweise:

„Die Zahl beinhaltet alle durchgeführten Tests“, lautet die Antwort aus Wien. Das Burgenland zählt die behördlich angeordneten und die Tests vor einer Spitalsbehandlung. Kärnten zählt „nur die behördlich angeordneten Verdachtsfallmeldungen“. In Niederösterreich werden auch die von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten veranlassten Tests mitgezählt (trotzdem kam das Bundesland in der angefragten Woche
nur auf 238 Tests pro 100.000 EinwohnerInnen). Fazit: Die offiziellen Zahlenangaben sind nur sehr bedingt vergleichbar.

Eine Frage, die viele beschäftigt, ist, wer einen Test veranlassen kann. Oft ist die Klage zu hören, dass niedergelassene ÄrztInnen einen Test nur unter großen Mühen oder gar nicht veranlassen können, mögen sie ihn medizinisch für noch so begründet halten.

Alle Bundesländer testen Personen, die laut Definition Verdachtsfälle sind. Dazu kommt ein weitgehend ähnliches – aber nicht völlig identes – Testen von (unmittelbaren) Kontaktpersonen. Die spezifische Entscheidung treffen weitgehend Amts- bzw. Epidemieärztinnen und -ärzte.

In Kärnten „kann jener Arzt, der den Fall prüft, auch nach eigenem medizinischen Ermessen Beprobungen anordnen, auch wenn der jeweilige Fall nicht 100-prozentig der Falldefinition entspricht“, so die offizielle Auskunft. Auch in Tirol führt die „Einmeldung eines Arztes/einer Ärztin“, (so formuliert es das Land Tirol) und nicht nur die einer Amtsärztin oder Amtsarztes zu einer Testung. Dazu kommen Screenings, etwa im Tourismus oder auch in Pflegeheimen.


8 Bundesländer, 8 Antworten

Wie lange dauert es, bis ein Testergebnis vorliegt? Vom Gesundheitsminister kommt ja die Aussage, dass das nicht länger als 48 Stunden dauern dürfe. Gleichzeitig berichten Medien von Fällen, bei denen es immer wieder viel länger dauert.

Einige Bundesländer halten sich zumindest verbal an die Vorgaben aus dem Ministerium. „In der Regel 48 Stunden“, heißt es aus Kärnten und Tirol. Oberösterreich nennt 48 Stunden als „Zielwert“. Niederösterreich gibt 36 bis 72 Stunden an. Salzburg meint zwar, vom Eintreffen der Probe im Labor bis zum Vorliegen des Ergebnisses dauere es – „im besten Fall“ – nur 5 Stunden. Aber: „Der Zeitraum davor (…) ist kaum einzugrenzen, da die verschiedensten Umstände diesen beeinflussen können.“ Von Wien kommen keine diesbezüglichen zeitlichen Angaben: „Von der Einmeldung der Testung, zur Durchführung, über die Auswertung bis hin zur Kontaktaufnahme mit den Betroffenen sind viele verschiedene Personen und Organisationen beteiligt. Zusammen mit allen Organisationen ist man um rasche Abhandlung all dieser Arbeitsschritte bemüht und arbeitet mit Hochdruck an der raschen Ergebnisbekanntgabe.“


Wer erhält die Informationen?

Was passiert mit dem Test-Ergebnis? In allen Fällen bekommen es die zuständigen Bezirksbehörden. Niederösterreich und das Burgenland weisen darauf hin, dass sie die „betroffene Person“ informieren und etwaige weitere Maßnahmen besprechen. Oberösterreich versichert, neben der Bezirksverwaltungsbehörde immer auch die getestete Person zu informieren, genauso Wien. Salzburg unterscheidet nach eigenem Bekunden zwischen negativen und positiven Ergebnissen. Negative Ergebnisse erhält „entweder die Hotline 1450, wenn der Verdacht von dort gemeldet wurde, oder der zuweisende Arzt. Positive Ergebnisse erhält grundsätzlich die zuständige Gesundheitsbehörde. Das Labor gibt positive Ergebnisse in das elektronische Meldesystem (EMS) ein.“


Fazit: Selbst im kleinen Österreich gibt es teils eklatante regionale Unterschiede in der Handhabung der Testungen – obwohl diese grundsätzlich auf den gleichen rechtlichen Vorgaben beruhen. Bisweilen entsteht aber auch der Eindruck, dass gleiche – oder zumindest ähnliche – Vorgangsweisen nur unterschiedlich beschrieben werden. Dennoch: Homogenität der Test-Prozesse ist bestenfalls bedingt gegeben.


Niederösterreich testet in Salzburg, Salzburg auch

Das gilt auch für die Labors, die mit den Testungen beauftragt werden.

Das Burgenland lässt bei der AGES testen, daneben testen die Labors der Burgenländischen Krankenanstaltengesellschaft und der Barmherzigen Brüder PatientInnen vor Spitalsbehandlungen. Kärnten nutzt ebenfalls das Labor der Spitalsgesellschaft (Kabeg) in Klagenfurt und das des Landes (Institut für Lebensmittelsicherheit, Veterinärmedizin und Umwelt). Niederösterreich schickt die Proben zu Novogenia nach Salzburg, Screening-Auswertungen machen die Krankenhaus-Labors. „Bei möglichen Kapazitäts-Engpässen“ stehen weitere Labors in Niederösterreich und Wien zur Verfügung. Salzburg lässt nicht im Salzburger Novegenia-Labor testen, sondern in dem der SALK, im Labor Mustafa und im Tauernklinikum-Labor. Oberösterreich und die Steiermark nennen jeweils sechs öffentliche und private Labors. In Tirol und Wien sind es jeweils fünf.

Auch hier gilt also das Prinzip der Vielfalt. Aber die muss ja in diesem Fall nicht schlecht sein. Auch wenn es ein weiteres Indiz dafür ist, dass jedes Bundesland auf eigene Faust das macht, was es für richtig hält.

 

* Angefragt wurden per E-Mail Anfang August 2020 die offiziellen Stellen der Bundesländer. Alle – bis auf Vorarlberg – haben geantwortet. In der Steiermark lief der Kontakt über die Kleine Zeitung, in allen anderen Bundesländern über AERZTE Steiermark.

 

AERZTE Steiermark 09/2020

Foto: Adobe Stock




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