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„Auf das Gemeinwohl schauen“

Seit 149 Jahren gibt es einen öffentlichen Gesundheitsdienst in der Steiermark. Ilse Groß ist die erste Frau an der Spitze.

Martin Novak

Der Vater der gebürtigen Köflacherin Ilse Groß war noch als Bergmann im Kohlebau tätig. Die Tochter verließ aber nach der Matura die Weststeiermark und studierte in Graz Medizin. Im Rahmen ihrer Allgemeinmedizin-Ausbildung machte die 1958 Geborene sehr positive Lehrpraxis-Erfahrungen. Ihrem Lehrpraxis-Chef blieb sie noch Jahre danach verbunden.

Neben dem Erwerb des ius practicandi absolvierte Groß noch eine Arbeitsmedizin-Ausbildung. Die Arbeitsmedizin führte sie auch wieder in ihre weststeirische Heimat zurück. Sie betreute dort ein angesehenes Unternehmen, das es allerdings heute in dieser Form nicht mehr gibt. Sie überlegte auch, sich um eine Kassenstelle für Allgemeinmedizin zu bewerben.

„Man studiert nicht Medizin, um Amtsarzt zu werden“

Im Jahr 2000 wurde alles anders. Die Ärztin reagierte auf eine Stellenausschreibung des Landes Steiermark, das eine Amtsärztin suchte, und wurde nach dem Test auch prompt in die Landessanitätsdirektion aufgenommen.

Zwei Jahre haderte sie ein bisschen mit der Entscheidung: „Man studiert ja nicht Medizin, um Amtsarzt zu werden“, sagt Groß. Dann aber war sie sich sicher: „Amtsarzt ist zwar anders, aber durchaus befriedigend und das Medizinstudium die absolute Basis.“ Geblieben ist ihr die „größte Hochachtung vor Leuten, die im kurativen Bereich tätig sind“. Denen sie weiterhin verbunden bleibt: Seit 14 Jahren referiert Groß gemeinsam mit dem Internisten Gerhard Postl (der den medizinischen Part abdeckt) bei den Grazer Fortbildungstagen zum Thema Führerscheinuntersuchungen, und sie tut es weiter, auch nach ihrer Bestellung zur Landessanitätsdirektorin und Nachfolgerin von Odo Feenstra in dieser Funktion. Groß lobt die „Teilnehmerzahl und die Vielfalt“ und freut sich, dass sie einen Beitrag zur ärztlichen Fortbildung leisten kann.

Zusammenarbeit stärken und pflegen

In ihrer Tätigkeit als Landessanitätsdirektorin sieht sie zwei Schwerpunkte: Einerseits will Groß die Zusammenarbeit mit Bezirkshauptmannschaften und AmtsärztInnen „stärken und pflegen“.

Intern macht sie sich daran, ihr bisheriges Referat Umweltmedizin und die Landessanitätsdirektion im Rahmen einer kleinen Verwaltungsreorganisation (wieder) zusammenzuführen. Was viel „Aufmerksamkeit und Fingerspitzengefühl“ erfordere, so die oberste Amtsärztin der Steiermark. Was sich für sie mit der neuen Rolle sofort geändert habe, sei, dass „die Außenwahrnehmung schlagartig eine andere geworden ist“. Als Landessanitätsdirektorin erfährt sie großes öffentliches bzw. mediales Interesse.

Als „leitende Frau an der Spitze des öffentlichen Gesundheitssystems“ (Groß) sieht sie darin eine „Ergänzung zum kurativen Bereich“. Die Aufgabe: „auf das Gemeinwohl und die Gesundheit der Bevölkerung zu schauen“.

Diese ist eine völlig andere als in den Gründungszeiten des öffentlichen Gesundheitsdienstes vor 149 Jahren, so die Ärztin: Damals sei es darum gegangen, trotz prekärer hygienischer Verhältnisse die Volksgesundheit zu heben: „Tuberkulose war die Todesursache Nummer eins, es gab Hunger, die Trinkwasserversorgung und die Abwasserentsorgung waren große Probleme, Antibiotika waren noch unbekannt.“ Und heute? „Leben wir in einer hochzivilisierten Welt.“ Die aber wiederum neue Probleme aufwerfe. Denn in der modernen gesunden Umgebung verlöre etwa das Impfen zwar nicht an Bedeutung – aber an Beachtung, weil viele Menschen die Auswirkungen einst schrecklicher Krankheiten gar nicht mehr kennen.

Relative Impfpflicht

Groß ist persönlich jedenfalls „für eine relative Impfpflicht“, das heißt eine Impfpflicht für alle jene, die in Gesundheits- und pflegerischen Berufen arbeiten. Denn es könne ja nicht sein, dass jemand, der ins Krankenhaus gehe, um gesund zu werden, dort krank werde. Darüber hinaus glaube sie, „dass man noch mehr aufklären könnte“, denn Impfskeptiker bräuchten seriöse Information. Nicht nur über die Schrecken der Krankheit, sondern verstärkt auch über die Benefits der Impfung, etwa darüber, dass durch die Verhinderung von Krankheiten auch die längerfristige Schwächung des Immunsystems vermieden und die Gefahr anderer Erkrankungen damit reduziert werde.

Chancen sieht Landessanitätsdirektorin Groß im E-Impfpass , vor allem auch außerhalb der in der Steiermark gut dokumentierten Kinderimpfungen. Viele Menschen wüssten nicht, wann sie ihre letzte FSME-, Influenza- oder Tetanusimpfung erhalten hätten. „Es liegt an uns Ärzten, die Menschen zu erinnern“, formuliert Groß eine gemeinsame Aufgabe.

AERZTE Steiermark 05/2019

Foto: Conclusio




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