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Kinderreha: Quartett komplett

Mit der vierten Versorgungszone West sind nun alle Standorte der Kinderrehabilitation in Österreich fixiert; die Zentren befinden sich großteils im Bau. Als „absolut zufriedenstellend“ bezeichnet Vergabekommissionsmitglied Reinhold Kerbl das Ergebnis der jahrzehntelangen Bemühungen.

U. Jungmeier-Scholz

Kinder und Jugendliche sind keine kleinen Erwachsenen – nicht in ihren Träumen, nicht in ihren Ängsten und nicht in ihrem Rehabilitationsbedarf.

Um so weit wie möglich gesund zu werden, benötigen sie ein kinder- und jugendgerechtes Ambiente: je nach Alter mit Spielplatz oder WLAN. Vor allem aber brauchen sie ÄrztInnen und TherapeutInnen mit pädiatrischer Expertise und Kontakt zu gleichaltrigen Betroffenen. Und Heilstättenschulen, damit sie die Zeit auch zum Lernen nutzen können. All das wird ihnen demnächst in den österreichischen Zentren für Kinderrehabilitation geboten. Aus einer nahezu weißen Versorgungslandkarte entstand nach jahrelangen Bemühungen ein flächendeckendes Angebot.

„Das ist gelungen, weil einige nicht aufgegeben haben und über Jahre und Jahrzehnte dran geblieben sind“, betont Reinhold Kerbl , Vorstand der Abteilung für Kinder und Jugendliche am LKH Hochsteiermark, Past President der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) und Mitglied der vierköpfigen Vergabekommission für die Kinderreha-Zentren. Während Vorstöße von Seiten der Kinderärzte vor mehr als 20 Jahren sowie 1999 und 2004 im Sand verliefen, unternahm die ÖGKJ im Jahr 2007 einen weiteren Anlauf, der diesmal beim damaligen Sektionschef Robert Schlögl im Gesundheitsministerium auf offene Ohren stieß.

Zehn Jahre und eine zusätzliche, vom Ministerium beauftragte, Bedarfserhebung später sind – nach streng objektiven Kriterien – die Standortentscheidungen getroffen und die Zentren befinden sich fast alle im Bau.

Durchbruch im Jahr 2014

Kerbl lobt die Zusammenarbeit von Hauptverband, Pensionsversicherung, Gesundheitsministerium, GÖG und ÖGKJ in den letzten Jahren. Als „Durchbruch“ bezeichnet er jenen Moment im Jahr 2014, als sich Hauptverband und Länder auf eine Finanzierung einigen konnten: die Sozialversicherungsträger übernehmen das Gros der jährlich anfallenden 33 Millionen Euro, die Länder schießen rund 8,5 Millionen zu. „Ganz essentiell war auch die von Markus Wieser ausgehende Elterninitiative“, fügt Kerbl hinzu. Wieser, Vater einer damals im Jahr 2008 leukämiekranken Tochter, war nach acht Monaten Spitalsaufenthalt seines Kindes auf der Suche nach einem Reha-Platz. „Es gab über 7.000 Betten für Erwachsene, aber kein einziges für Kinder und Jugendliche in eigenen Einrichtungen“, schreibt Wieser ( www.foerderverein-kinderreha.at ). Junge Onkologie-PatientInnen konnten auf der Katharinenhöhe wieder zu Kräften kommen – im deutschen Schwarzwald. Oder eben keine Reha machen.

Das wollte Wieser so nicht hinnehmen und gründete daher im Jahr 2009 den „Förderverein Kinder- und Jugendlichenrehabilitation in Österreich“, der mittels hartnäckiger Öffentlichkeitsarbeit am Thema dranblieb und so neben den Kinderärztinnen und -ärzten den Aufbau der Kinderreha vorantrieb. Für seine Tochter, mittlerweile Fachhochschul-Studentin in Gesundheitsförderung und -management, kommt das Angebot zu spät, Tausende andere Kinder werden jedoch davon profitieren.

Vorreiter Süd, Nachzügler West

Als erste der Versorgungsregionen wurde Ende Juli 2016 die Region Süd fixiert, verteilt auf zwei Standorte, die beide in der Steiermark liegen: Judendorf-Straßengel und Wildbad im Bezirk Murau. Wobei Straßengel eine Sonderstellung einnimmt: „Hier wurde eine bestehende Einrichtung für Kinder lediglich aufgestockt“, erzählt Kerbl. Von einst 18 bis 20 Betten auf nunmehr 31. Die schon bisher den strengen Qualitätskriterien entsprechende Arbeit wird einfach in größerem Umfang weitergeführt.

In Straßengel werden Kinder im Rahmen der Remobilisierenden Rehabilitation bei Problemen am Bewegungs- und Stützapparat, Rheuma, mit neurologischen Auffälligkeiten sowie nach (neuro)chirurgischen Eingriffen behandelt. Das Rehazentrum Wildbad, das im März 2018 eröffnet werden soll, ist hingegen auf Herz-, Kreislauf- und Lungenerkrankungen spezialisiert, bietet aber auch psychosoziale Reha, also bei Essstörungen, Depressionen, Angsterkrankungen, Belastungs- und Anpassungsstörungen, Mutter-Kind-Interaktionsstörungen, bei chronischen Bauch- oder Kopfschmerzen sowie für Schreibabys.

Mitte November 2016 waren die Standorte der Versorgungsregion Nord fixiert ( Rohrbach und St. Veit im Pongau ), Ende Dezember des Vorjahres jener der Versorgungszone Ost in Bad Erlach. In der ersten Ausschreibungsrunde für die Zone West hatte sich jedoch kein einziger Anbieter gemeldet, erst nach neuerlicher Ausschreibung erging im heurigen Juli der Zuschlag an die SeneCura Kliniken, die im Tiroler Wiesing bauen.

An allen Zentren ist es möglich, dass ein Elternteil als Begleitperson mit dem Kind oder Jugendlichen zusammenwohnt; in manchen Wohneinheiten kann auch der zweite übers Wochenende nachkommen.

Eine Sonderstellung nimmt die familienorientierte Rehabilitation nach onkologischen Erkrankungen in St. Veit ein: Hier können – voraussichtlich ab Sommer 2018 – Eltern und Geschwister, die im Anschluss an die Zeit des Kämpfens gegen den Krebs selbst (bedingt) therapiebedürftig sind, mit behandelt werden. Die Familien wohnen dafür in eigenen Appartements. „In diesem Zusammenhang ist allerdings noch zu klären, ob die begleitenden Familienangehörigen eine eigene Diagnose benötigen, um an der familienorientierten Reha teilnehmen zu können“, erklärt Kerbl. In einer Klassifizierung als „Sekundärpatient“, die im Raum steht, ortet Kerbl eine mögliche Stigmatisierung.

Als „absolut zufriedenstellend“ bezeichnet er zusammenfassend das Ergebnis des jahre- und jahrzehntelangen Lobbyings zur flächendeckenden Versorgung Österreichs mit Angeboten zur Kinderrehabilitation. Dafür, dass letztendlich alles verwirklicht wird, was die Zentrenbetreiber im Auswahlverfahren angeboten haben – und wofür sie den Zuschlag erhalten haben –, wird eine Evaluierung ein bis zwei Jahre nach Eröffnung der Häuser sorgen.

343 Betten, 33 Millionen Euro pro Jahr

Rund 5.000 Kinder sind in Österreich so schwer erkrankt oder behindert, dass für sie eine Rehabilitation in Frage kommt. 343 Betten wird die Kinder- und Jugendrehabilitation in Österreich nach Fertigstellung aller Zentren umfassen, zuzüglich 50 Betten für Angehörige in der familienorientierten Rehabilitation (FOR).

Die jährlichen Kosten von etwa 33 Millionen Euro teilen sich die Sozialversicherungsträger und die Länder, die rund 8,5 Millionen Euro zuschießen. Aufgeteilt sind die Zentren in vier bundesländer­übergreifende Versorgungsregionen:

Nord (Oberösterreich und Salzburg):

Mobilisierende Reha, Herz-Kreislauf- und Pulmologische Reha, Psychosoziale Reha in Rohrbach sowie Familienorientierte Nachsorge nach Krebserkrankungen in St. Veit im Pongau

Ost (Niederösterreich, Wien und Nordburgenland):

Mobilisierende Reha und Psychosoziale Reha in Bad Erlach

Süd (Südburgenland, Steiermark und Kärnten):

Mobilisierende Reha in Judendorf-Straßengel sowie Herz-Kreislauf- und Pulmologische Reha und Psychosoziale Reha in Wildbad

West (Tirol, Ostirol und Vorarlberg):

Mobilisierende Reha und Psychosoziale Reha in Wiesing

Für manche Indikationen wird aufgrund geringer Fallzahlen bundesweit nur ein Zentrum errichtet – etwa die onkologische Rehabilitation in St. Veit im Pongau. In jeder Versorgungszone hingegen gibt es das Angebot der „Mobilisierenden Reha“ und „Psychosozialen Reha“, um die Kinder und Jugendlichen (bis zum vollendeten 18. Lebensjahr) möglichst wohnortnahe behandeln zu können.

Der Antrag auf Kinderreha beschränkt sich auf ein Formular, dessen Endfassung derzeit noch mit der ÖÄK abgestimmt wird. Er wird an den jeweils zuständigen Sozialversicherungsträger gestellt, der sich dann um alles Weitere kümmert.

Foto: KAGes




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