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Kassenverträge: Bessere Strukturen nötig

Angesichts der zunehmenden Skepsis gegenüber Kassenverträgen genügt es nicht, nur an einigen Tarifschräubchen zu drehen. Mit dieser klaren Haltung geht die Ärztekammer in die Kassenverhandlungen.

Mit der Auflistung von Bruttoumsätzen in Arztpraxen versucht die steirische GKK das Problem des zunehmenden Kassenärztemangels am Land und in den Städten kleinzureden. „Wenn die steirische GKK das Problem ignoriert, statt wie die Gebietskrankenkassen anderer Bundesländer an einer Lösung mitzuarbeiten, wird die Wunde immer größer“, warnte der steirische Ärztekammerpräsident Herwig Lindner in einer Reaktion auf einen Zeitungsartikel , in dem die steirische GKK behauptete, es gäbe keinen Ärztemangel.

Er befürchte, so Lindner, dass hinter den jüngsten Aussagen der GKK-Obfrau und designierten Nationalratsabgeordneten Verena Nussbaum „auch wirtschaftliche Ahnungslosigkeit steckt“. Während nämlich ein durchschnittliches österreichisches KMU laut dem Bericht „ Wirtschaftskraft KMU 2016 “ der Wirtschaftskammer Österreich bei 240.000 Euro pro Mitarbeiter und Jahr liege, komme eine durchschnittliche Allgemein-Kassenpraxis auf einen Jahresumsatz aus Kassenhonoraren von nur 218.948 Euro. In Facharztpraxen liege der Bruttobetriebsumsatz pro Jahr bei durchschnittlich 251.806 Euro. Laut Wirtschaftskammerstatistik gelten Betriebe bis zu einem Jahresbruttoumsatz von 2 Millionen Euro und maximal 9 Mitarbeitern als „Kleinstunternehmen“. Faustformel für Arztpraxen: Rund 20 Prozent des Umsatzes bleiben als „Unternehmerlohn“.

Was ist der GKK ein Patient wert? Darüber gibt der sogenannte Fallwert Auskunft. Der lag im Jahr 2016 bei 44,20 Euro (Dermatologie) bis 102,50 Euro (Psychiatrie). In der Allgemeinmedizin lag er bei 46,44 Euro, bei Fachärzten für Kinder- und Jugendheilkunde bei 45,81 Euro, in der Frauenheilkunde bei 49,02 Euro. Hier hakt der Obmann der Niedergelassenen Ärzte, Ärztekammer-Vizepräsident Norbert Meindl, ein: „Die GKK zwingt den Ärzten eine Massenmedizin auf, die junge Ärztinnen und Ärzten mit den Erfahrungen aus dem Spital nicht hinnehmen wollen“, warnt Meindl.

Einzelne Tarife zeigen das Problem:

  • Ordination: 19,40 - 4,65 Euro
  • Hausbesuch: 33,07 Euro
  • Ausführliche diagnostisch-therapeutische Aussprache: 13,75 Euro
  • Verbandanlage bzw. Verbandwechsel: 4,24 Euro

Dazu kommen unverständliche Begrenzungen: Die ausführliche therapeutische Aussprache etwa dürfen Allgemeinmediziner, Internisten und Kinderärzte nur bei 18 Prozent, andere Fachärzte nur bei 11 Prozent ihrer Patienten verrechnen.

Meindl: „Natürlich machen Ärztinnen und Ärzte für ihre Patienten alles, was notwendig ist, und überschreiten daher diese Limite oft. Dadurch erbringen sie pro Jahr Leistungen im Wert von etwa rund 9 Millionen Euro, die von der GKK nicht bezahlt werden.“

Bitte das Land nicht beleidigen

Dass Landgemeinden seitens der GKK als unattraktiv für Ärztinnen und Ärzte bezeichnet werden, können Lindner und Meindl nicht verstehen: „Bitte das Land nicht beleidigen – auch in Städten ist es oft schwer, Kassenstellen zu besetzen.“ Richtig sei zwar, dass die GKK-Massenmedizin in dicht besiedelten Gebieten mit vielen Menschen wirtschaftlich leichter möglich sei, das „ist aber ein Kassenproblem und kein Landproblem“.

Abschreckend sei auch die immer massivere Kassenbürokratie – nicht nur für junge Ärztinnen und Ärzte. Hier werde den Patienten die Zeit ihrer Ärzte gestohlen. Lindner und Meindl fordern daher eine „mutige Entrümpelung der Kassenbürokratie“.

Die Zahl der Kassenallgemeinmediziner in der Steiermark ist von 2015 auf 2016 von 595 auf 584 gesunken, die der Fachärzte mit Kassenvertrag von 334 auf 331 – und das bei steigenden Bevölkerungszahlen.

Offenbar – so die jüngste Reaktion der GKK auf die Forderung der Ärztekammer nach umfassenden Reformen – will diese aber „klassische Verhandlungen“, bei denen es nur um Prozente geht, führen. Für Meindl ist das nicht sinnvoll: „Es geht darum, das System zu reformieren, nicht darum, die Probleme zu perpetuieren und durch kleine finanzielle Veränderungen ein bisschen zu kaschieren.“

AERZTE Steiermark 11/2017

 

Foto: Fotolia, Wolf, Meister




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