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Die „Dan Brown“-Ministerin

Pamela Rendi-Wagner ist die erste habilitierte Ärztin als Gesundheitsministerin. Die Wissenschafterin und Expertin für das öffentliche Gesundheitswesen kann kontroversielle Themen elegant umschiffen und vermag auch in Publikumsmedien zu punkten.

Martin Novak

Dass Pamela Rendi-Wagner soziale Medien ähnlich offensiv nutzt wie andere Politikerinnen und Politiker, kann man ihr nicht nachsagen. Auf Facebook hat sie auch Tage nach der Ernennung zur Ministerin 141 handverlesene „Freunde“, weniger als halb so viele wie der durchschnittliche Facebook-Nutzer und viel, viel weniger als von Facebook erlaubt – das wären nämlich 5.000. Ihr 2015 eingerichteter Twitter-Account enthält sechs Tweets, das schafft Donald Trump an einem einzigen Tag und andere österreichische Politiker in einer Woche.

Öffentlichkeitsscheu ist die Nachfolgerin von Sabine Oberhauser aber keineswegs. In den sechs Jahren als Leiterin der Sektion III für Öffentliche Gesundheit konnte sie das auch nicht sein. Die Feuertaufe des Zeit-im-Bild-II-Studiogesprächs brachte sie bereits als Spitzenbeamtin hinter sich. Wann immer es in den letzten Jahren eine mögliche Gesundheits-Katastrophe zu erklären gab, stand sie im Mittelpunkt des Medieninteresses. Der Fukushima-Atomunfall, ein gehäuftes Auftreten von Masernfällen und EHEC-Infektionen trafen sie bereits im ersten Jahr nach der Ernennung zur Generaldirektorin für Öffentliche Gesundheit. Und die Herzen der JournalistInnen flogen ihr dabei zu:
„Die … Gesundheitsdirektorin wirkt kompetent. Man würde ihr, jetzt und heute, jederzeit eine Kiste Gemüse abkaufen“, schwärmte die Kronen Zeitung 2011 und beschrieb sie als „Frau, die … aussieht, wie man sich eine Professorin mit Fachgebiet Epidemiologie in einer Dan-Brown-Verfilmung vorstellt“. Man höre ihr zu, „weil es ihr gelingt, komplizierte Zusammenhänge einfach und auf den Punkt gebracht darzustellen“, lobten sie auch die Oberösterreichischen Nachrichten.

Tatsächlich ist Pamela Rendi-Wagner die bisher höchstausgebildete Ärztin an der Spitze des Gesundheitsressorts. Es gab zwar eine ganze Reihe von Ärztinnen und Ärzten – zuletzt Sabine Oberhauser als Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde –, Primariae und Primarii, ja mit Reinhart Waneck (als Staatssekretär) auch einen Universitätsprofessor. Aber Rendi-Wagner ist die erste habilitierte Ärztin in dieser Funktion.

Profilierte Wissenschafterin

1996 promovierte die knapp 46-Jährige an der damaligen Medizinischen Fakultät der Universität Wien, absolvierte ihre Fachausbildung an der London School of Hygiene and Tropical Medicine und am Royal College of Physicians in London, arbeitete wissenschaftlich am Institut für Tropenmedizin der Medizinischen Universität Wien und war Gastprofessorin an der Universität Tel Aviv. Es ist also keine Überraschung, dass sie zahlreiche wissenschaftliche Publikationen in anerkannten Journals aufzuweisen hat.

Welches Thema ihr am Herzen liegt, erkennt man bereits am Titel ihrer Habilitation: „Prävention durch Impfungen“. Bei Impftagen und einschlägigen Fachveranstaltungen war sie in den letzten Jahren auch immer eine gern gesehene Referentin. Sie ist auch das Gesicht hinter dem österreichischen Impfplan.

Kein Wunder, dass ihr der Rektor der Medizinischen Universität Wien, gleich nach dem Bekanntwerden ihrer Ernennung zur Ministerin, Blumen streute: „Ich freue mich, dass mit Pamela Rendi-Wagner eine ausgewiesene Gesundheitsexpertin und profilierte Wissenschafterin dieses wichtige politische Amt übernimmt und gratuliere ihr herzlich zu diesem Karriereschritt“, sagte er in einer Aussendung.

Keine Impfpflicht

Auch als ausgewiesene Botschafterin des Impfens vermeidet Rendi-Wagner bei diesem heißen politischen Eisen Konflikte. Sie ist laut Medienberichten gegen eine allgemeine Impfpflicht und will eine Impfpflicht für das Gesundheitspersonal nur „rechtlich prüfen“, wie sie gegenüber mehreren Medien sagte.

Sie lässt sich aber von Medien auch nicht so leicht zu negativen Aussagen gegen die Ärztekammer hinreißen: „Die Ansagen der Österreichischen Ärztekammer … sind aus Sicht der Interessensvertretung, die die Ärztekammer ist, völlig legitim. Eine Interessensvertretung hat die Aufgabe, hier in der einen oder anderen Weise sich zu äußern … Das steht ihr auch zu. Aber am Ende des Tages muss unser beider Ziel – nämlich das Ziel der Ärzteschaft als auch der Gesundheitspolitik – sein, dass wir für das Wohl der Patienten und Patientinnen ein adäquates, effizientes Gesundheitssystem auf den Weg bringen und es zeitgemäß weiterentwickeln“, antwortete sie etwa auf eine diesbezügliche Frage von ZiB-II-Moderatorin Lou Lorenz-Dittlbacher.

Gesundheitspolitisches Credo

So etwas wie eine gesundheitspolitische Grundsatzerklärung gab Rendi-Wagner ab, als sie von der Plattform Gesundheitswirtschaft der Wirtschaftskammer im November 2015 zur Gesundheitsmanagerin des Monats gekürt wurde. „Im Bundesministerium für Gesundheit laufen viele Fäden der Gesundheitspolitik zusammen und es bietet daher die Möglichkeit, zahlreiche Bereiche aktiv mitzugestalten. Oft ist der bürokratische Aufwand im Arbeitsalltag etwas zeitintensiv – jedoch sind zahlreiche Schritte der Erarbeitung von Empfehlungen, Strategien und Konzepten notwendig, um alle Anliegen und Perspektiven zu berücksichtigen und eine gemeinsame Linie am Ende umzusetzen. Das koordinierte und abgestimmte Vorgehen aller Systempartner (Länder, Sozialversicherung und Bund) stellt zweifelsohne eine spannende Herausforderung dar – umso erfreulicher ist es, wenn man gemeinsam wichtige Erfolge erzielt. Das Ministerium versteht sich oft als Brückenbauer, Mediator und Advokat zwischen den unterschiedlichen Partnern, muss wichtige Themen aufzeigen, forcieren und vorantreiben und gleichzeitig immer das höchste Ziel vor Augen haben: die Gesundheit der Bevölkerung schützen, verbessern und erhalten“, sagte sie im standardisierten Interview.

 

Auch in den weiteren Aussagen bleibt Rendi-Wagner eher allgemein:

„Die Herausforderungen haben sich in den letzten Jahrzehnten wesentlich geändert. Hier muss man vor allem den demographischen Wandel berücksichtigen – einerseits durch eine alternde Gesellschaft: Wir werden zwar immer älter, – jedoch nicht gesünder älter; andererseits aufgrund einer erhöhten Zuwanderung von vor allem Schutzsuchenden. Die demographische Entwicklung mit zunehmender Lebenserwartung bringt auch eine rasante Zunahme chronischer und degenerativer Erkrankungen sowie vermehrt psychosoziale Störungen mit sich. Die Relevanz von Gesundheit für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes, vor allem in Zeiten der Krise, ist unumstritten.

Je gesünder die Bevölkerung, umso besser geht es der Wirtschaft. Daher ist es notwendig, die Gesundheitsförderung als Thema im Bereich Gesundheitswirtschaft noch mehr zu etablieren. Global, europaweit, aber auch national müssen wir uns mit Themen wie gesundheitlicher Chancengerechtigkeit auseinandersetzen. Es ist bekannt, dass der Gesundheitszustand stark mit dem sozioökonomischen Status und mit Bildung verbunden ist. Daher müssen vor allem benachteiligte und vulnerable Bevölkerungsgruppen gezielt Aufmerksamkeit erhalten. Nicht nur reagieren, sondern rechtzeitig zu intervenieren ist von hoher Wichtigkeit: Gesundheitsfördernde Maßnahmen müssen schon in der frühkindlichen Entwicklung (…) sichergestellt werden. … Gesundheitliche Chancengerechtigkeit ist auch ein zentrales Prinzip der Rahmen-Gesundheitsziele – alle Maßnahmen sollen auch dazu beitragen, die gesunden Lebensjahre um zwei Jahre zu erhöhen.“

Integrieren, Stärken und Empowern

Sie denke, so Rendi-Wagner weiter, dass die Gesundheitswirtschaft sich mehr an Bürgern und Patienten orientieren müsse, um die Bevölkerung aktiver einzubinden und sie als gleichberechtigen Partner wahrzunehmen. Integrieren, Stärken und Empowern von unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen sei im Bundesministerium für Gesundheit sowie in allen wesentlichen politischen Gesundheitsstrategien ein zentraler Aspekt, wie z. B. in der Zielsteuerung Gesundheit oder in der Gesundheitsförderungsstrategie. In den Rahmen-Gesundheitszielen (RGZ) werde dies bereits umgesetzt: einerseits durch eine direkte Einbeziehung der Bevölkerung in der anfänglichen Entwicklung, andererseits durch die Vertretung der Zivilgesellschaft und zahlreicher Stakeholder im RGZ-Plenum und den jeweiligen Arbeitsgruppen innerhalb des RGZ-Prozesses.

Dem hätte sie wahrscheinlich auch als Ministerin wenig hinzuzufügen.

Wie lange Pamela Rendi-Wagner Gesundheitsministerin bleiben wird, hängt aber weniger von ihrer persönlichen Performance ab als vom Bestand der Bundesregierung. Daran ändert auch nichts, dass einer der Wikipedia-Autoren, der den Rendi-Wagner-Eintrag nach der Ernennung zur Ministerin aktualisierten, sich in der Online-Diskussion über eine „eine hervorragende Wahl als Ministerin“ freute.


Eine Frau, die … aussieht, wie man sich eine Professorin mit Fachgebiet Epidemiologie in einer Dan-Brown-Verfilmung vorstellt …
Aus einem Kronen Zeitung-Artikel über Pamela Rendi-Wagner (2011)

„Das Ministerium versteht sich oft als Brückenbauer, Mediator und Advokat.“
Pamela Rendi-Wagner auf wko.at

Die Relevanz von Gesundheit für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes, vor allem in Zeiten der Krise, ist unumstritten.
Pamela Rendi-Wagner

 

Foto: BMG/ Thomas Jantzen, BMGF

 




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