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Zwischen Ochs und Esel, Meduni und Kongressen

Gastroenterologe Günter Krejs pflegt ganzjährig ein weihnachtliches Hobby: die Erhaltung und – mitunter eigenhändige – Erweiterung seiner mehr als hundertjährigen geschnitzten Krippe.

Begonnen hat alles – streng genommen – mit Kaiser Joseph II. Hätte dieser eine andere Form von Politik betrieben, würde der Gastroenterologe, pensionierte Klinikvorstand und emeritierte Ordinarius für Innere Medizin in Graz, Günter Krejs, heute vielleicht einem ganz anderen Hobby nachgehen.
Doch der Kaiser verbot in den 1780ern sämtliche Kirchenkrippen und löste damit den Trend zur eigenen Krippe im gutbürgerlichen Haus aus. Besonders gepflegt wurde diese Tradition unter anderem in der mährischen Sprachinsel Iglau, der Heimat von Günter Krejs᾽ Vorfahren. Schon der Urgroßvater, Buchbinder Hans Vorreiter, stellte alljährlich die weitläufige handgeschnitzte Krippe  auf – ein mährisch anmutendes Bethlehem mit heimischer Fauna und einem Neuschwanstein nachempfundenen Herodes-Schloss.
Urenkel Günter war und ist so fasziniert von diesem Erbstück, dass er schließlich selbst zu schnitzen begonnen hat, um die Krippe nach eigener Vorstellung erweitern zu können. Das Handwerk gelernt hat er bei einem bayerischen Schnitzmeister, auf den er ausgerechnet in den USA gestoßen ist.
 

Auf Weingarten verzichtet

Aber zurück zu den mährischen Wurzeln: Bereits um 1900 übersiedelten Krejs᾽ mütterliche Vorfahren nach Österreich – zu Friedenszeiten, in denen man auch Luxusgüter wie eine Holzkrippe transportieren konnte. Günter Krejs wurde 1945 in Waidhofen an der Ybbs geboren und wuchs in Krems an der Donau auf, wo sein Vater an der Lehrerbildungsanstalt unterrichtete. Seine Mutter hatte die Krippe geerbt und der kleine Günter konnte sich nie daran sattsehen. Schon als Bub favorisierte er einzelne Figuren, wie einen Lesenden im Wald, den die Familie „den Philosophen“ nannte. Oder den Müller, der gerade seinen Mehlsack ablädt. Weil Krejs so großes Interesse an der Krippe zeigte, war es schließlich er – und keiner seiner drei Brüder –, in dessen Besitz die wertvollen Schnitzarbeiten 1976 übergingen. „Ich habe dafür auf einen Weingarten verzichtet“, betont Krejs. Aber für den Weinbau hätte er neben seiner anspruchsvollen beruflichen Tätigkeit ohnehin keine Zeit gehabt.
Ursprünglich wollte Krejs wie der Vater Lehrer werden, aber ein halbes Jahr vor der Matura schwenkte er auf Medizin um. Schließlich studierte er in Wien und Zürich Humanmedizin und ging nach dem Turnusbeginn in Wien zur Facharztausbildung erneut in die Schweiz. Dort weckte ein amerikanischer Gastprofessor seine Begeisterung für die Gastroenterologie, die bis heute sein Spezialgebiet geblieben ist.


An Austrian Man in Dallas

In der Schweiz war es bereits damals üblich, zum Aufbau einer wissenschaftlichen Karriere internationale Erfahrungen zu sammeln. Und so kam es, dass der Österreicher Günter Krejs im Jahr 1975 von Zürich aus und mit einem Stipendium des Schweizer Nationalfonds im texanischen Dallas an der Southwestern Medical School zu arbeiten begann. Zunächst als Instructor, dann als Assistant Professor und schließlich als Professor für Innere Medizin – an einer der renommiertesten Medunis weltweit. „Die Southwestern Medical School ist die einzige, wo heute fünf Nobelpreisträger unterrichten“, erzählt er stolz von seinem universitären Zuhause. Über zwölf Jahre wurde Dallas auch privat sein Zuhause, die beiden Söhne gingen dort zur Schule – und blieben schließlich auch in den USA, als der Vater dem Ruf nach Graz folgte. „Ein Ordinarius für die komplette Innere Medizin – das hat mich gereizt. Heute gibt es das ja gar nicht mehr“, erzählt er. Krejs setzte sich unter 48 Bewerbern durch und übersiedelte in die Steiermark, obwohl er bereits Doppelstaatsbürger war und geglaubt hatte, in Dallas alt zu werden. „Ich bereue nichts“, sagt Krejs in Bezug auf seine berufliche Entwicklung. Nach Dallas kehrt er ohnehin regelmäßig zurück – auf 274 Atlantik-Überquerungen hat er es bereits gebracht –, um seine Familie zu besuchen. Und bis zu dessen Tod im Jahr 2015 traf er sich auch immer noch mit „seinem“ Schnitzmeister, dem nach Dallas ausgewanderten Bayern Ludwig Kieninger.

 

Wöchentlich zum Schnitzen getroffen

Kieninger betrieb in Dallas das „Bavarian Wood Carving-Studio“, das Krejs eines Tages zufällig entdeckte. Umgehend schrieb er sich in einen Kurs ein. Zwar hatte Krejs als Kind gerne gebastelt, zu schnitzen begonnen hat er jedoch erst in Dallas. Da traf er sich über Jahre hinweg allwöchentlich – wenn er nicht gerade auf einem Ärztekongress war – mit einem Kreis honoriger Schnitzerlehrlinge, darunter ein Dermatologe, ein Rechtsanwalt und ein College-Professor. Auch zu diesen Kommilitonen pflegt er heute noch den Kontakt, während er sich nach seiner Rückkehr nach Österreich nie wieder einer schnitzenden Gruppe angeschlossen hat.
Nun pendelt Krejs zwischen Graz, wo er unter der Woche auch nach seiner Emeritierung viel Zeit auf der Klinik verbringt, und seinem Wochenend-Refugium in Krems an der Donau. In Krems steht auch – nach ihrer Verschiffung in die USA und dem kleinweisen Rücktransport im Handgepäck – die Krippe, die seit einigen Jahren ganzjährig installiert bleibt. Früher hat es drei bis vier Tage gedauert, sie aufzustellen. Jetzt wird nur das Moos erneuert und es kommt Jahr für Jahr mindestens eine weitere Figur dazu, die Krejs selbst geschnitzt hat. „Ich lasse mich gerne von Szenen aus Gemälden inspirieren. Die fotografiere ich dann, vergrößere oder verkleinere die Figur auf dem Foto auf zwölf Zentimeter, das Standardmaß meiner Krippenfiguren, und schnitze dann nach dieser Vorlage.“
Zu einem runden Geburtstag hat ihm das Klinikteam einen Vorrat an Lindenholzklötzen in der richtigen Größe geschenkt – der Anzahl seiner Lebensjahre entsprechend. Das Holz wird möglicherweise für Krejs᾽ restliches Leben reichen und auch an Werkzeug mangelt es nicht: „Ich hab mehr Schnitzeisen als Zeit“, erklärt er mit Bedauern.
Auch im heurigen Jahr ist sich nur eine neue Figur ausgegangen: Eine junge Frau, die ihrem heimkehrenden Mann, einem Fischer, ihren neugeborenen Säugling hinhält. Einige Figuren hat auch Schnitzmeister Kieninger nach Krejs´ Wünschen geschaffen: die Wolgatreidler – sowie die Kopien der ursprünglichen Krippenfiguren für die beiden Söhne in Amerika.

Lepos in praesaepio

Längst beschränkt sich Krejs´ Krippe nicht mehr auf die Darstellung der Geburt Jesu und die Anbetung der Hirten und Könige, wobei die Erweiterung des Figurenrepertoires durchaus mit Humor erfolgt: Da beißt eine Gans einen Mann in seinen Allerwertesten, dort verweigert ein Pferd den Sprung über den Zaun und der Reiter folgt dem physikalischen Gesetz der Trägheit
Sogar Erzherzog Johann hat einen Platz in der Krippe bekommen – und repräsentiert dort nicht das einzig Steirische: „Ein Kollege hat ein Schilddrüsensymposium veranstaltet und die Einladung mit einer Hirtenfigur mit Kropf bebildert. Die musste ich unbedingt für meine Krippe nachschnitzen.“
Doch es ist nicht nur so, dass die Medizin Eingang in die Krejs´sche Krippe gefunden hat – die Krippe wurde auch zur Attraktion für die texanische Medizinerschaft. „In Dallas haben wir alljährlich eine Krippenparty veranstaltet, zu der neben unseren Freunden auch der Bischof von Dallas gekommen ist“, erzählt Krejs.
Menschen zusammenzubringen ist Krejs aber nicht nur um seine Krippe gelungen. Er war es, der verschiedene internistische Fachgesellschaften letztlich zur UEG, zur United European Gastroenterology, zusammengeführt und die alljährliche UEG Week initiiert hat. Kamen zur ersten UEG Week immerhin schon tausend Expertinnen und Experten, waren es heuer 16.000. Für sein unermüdliches Engagement um die europäische Gastroenterologie wurde Krejs daher kürzlich mit dem Lifetime Achievement Award der UEG ausgezeichnet.
Auch die mährischen Familienwurzeln hält Krejs beruflich in Ehren: als Vizepräsident der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste mit Sitz in München sowie als Leiter der dortigen Naturwissenschaftlichen Klasse.

 

Foto: Privat

Symbolbild 1
 



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