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CKD als „silent killer“

Mit „niere.schützen“ soll es gelingen, chronisch Nierenkranke früh zu erkennen und strukturiert zu behandeln.

Peter Krisper

PatientInnen mit chronischer Nierenerkrankung (kurz CKD für chronic kidney dis­ease) sind meist lange asymptomatisch, haben aber neben der Gefahr des Fortschreitens zur terminalen Niereninsuffizienz mit allen ihren Folgen vor allem auch ein besonders hohes kardiovaskuläres Risiko. Man kann davon ausgehen, dass ca. 10 Prozent  der Bevölkerung eine CKD aufweisen. Dieser „silent killer“ bleibt aber oft zu lange unbemerkt und unbehandelt. Dadurch erlebt der Großteil der Betroffenen das Fortschreiten ihrer CKD zur Dialysepflichtigkeit auf Grund der hohen kardiovaskulären Mortalität nicht mehr.

Die Idee – Bewusstsein schaffen

Dabei ist eine CKD leicht zu erkennen: Die Bestimmung von Kreatinin und der daraus berechneten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) aus dem Blut und des Albumin/Kreatinin-Quotienten (ACR für albumin-creatinine ratio) aus dem Spontanharn erlaubt – sofern es sich nicht um ein vorübergehendes Phänomen handelt – die Diagnose und Risikostratifizierung einer CKD. Entscheidend ist aber, bei RisikopatientInnen überhaupt daran zu denken und diese einfachen Laboruntersuchungen anzufordern. Es gilt daher, das Bewusstsein für CKD und seine Konsequenzen zu erhöhen, also neuhochdeutsch „awareness“ zu schaffen. Dies wurde in den letzten Jahren von internationalen Fachgesellschaften und vielen Gesundheitssystemen erkannt und wird, von Land zu Land unterschiedlich, zunehmend umgesetzt. Das Prinzip ist immer ähnlich: Risikogruppen – Diabetes, Hypertonie, positive Familienanamnese etc.  – werden definiert und sollen regelmäßig auf das Vorhandensein einer CKD getestet werden. Wird eine CKD festgestellt, soll diese(r) PatientIn in einen strukturierten Diagnose- und Behandlungspfad geleitet werden. Von einer integrierten Versorgung durch AllgemeinmedizinerInnen, InternistInnen und NephrologInnen wird erwartet, die hohe Morbidität, Mortalität und letztlich auch die Lebensqualität von CKD-PatientInnen positiv zu beeinflussen.


Die Umsetzung in der Steiermark – niere.schützen

In der Steiermark mündeten diese Überlegungen, basierend auf Vorarbeiten im Rahmen eines Reformpoolprojektes zur Verbesserung der regionalen nephrologischen Versorgung, im Projekt niere.schützen. Es soll mit Anfang dieses Jahres in die Umsetzung kommen. Angelehnt an internationale Guidelines wurde unter fachlicher Führung von Alexander Rosenkranz, dem Leiter der Nephrologie am Grazer Klinikum, die Zielgruppe definiert und ein Überweisungsschema entworfen.
Bei RisikopatientInnen soll mittels Kreatinin- bzw. eGFR- und ACR-Bestimmung eine CKD ausgeschlossen oder nachgewiesen werden und detektierte CKD-PatientInnen weiter internistisch oder − in fortgeschrittenen Stadien − auch nephrologisch abgeklärt werden. (Ein entsprechendes Merkblatt, wo sich auf der Rückseite auch eine Auflistung niedergelassener NephrologInnen und nephrologischer Ambulanzen bzw. Referenzzentren findet, ist der aktuellen Ausgabe von AERZTE Steiermark beigelegt.) Die Gesamtbetreuung bleibt dabei weiterhin bei der/dem jeweiligen Hausärztin/arzt. Mit der systematischen Einbeziehung von SpezialistInnen soll einerseits gewährleistet werden, dass jene PatientInnen herausgefiltert werden, die einer spezifischen nephrologischen Abklärung und Therapie bedürfen. Andererseits soll generell das bestehende kardiovaskuläre  Risikoprofil gemeinsam optimiert werden.
Begleitet wird niere.schützen von einer Reihe von Fortbildungsangeboten: So ist in der Novemberausgabe der ÖÄZ ein DFP-Literaturstudium „Chronische Niereninsuffizienz“ erschienen, in dem die nephrologische Basisdiagnostik und -therapie aktuell dargestellt sind. Bei den Seminaren im März 2016 und den Grazer Fortbildungstagen wird ein 3-stündiges Seminar niere.schützen stattfinden. Damit besteht auch das Angebot, dass NephrologInnen das Projekt im Rahmen von Bezirksärztefortbildungen erläutern, was erfahrungsgemäß auch gerne dazu genutzt wird, um im kleinen Kreis darüber hinausgehende nephrologische Fragestellungen zu diskutieren.
Im Rahmen von niere.schützen wurde auch erreicht, dass die für die Diagnostik und Risikostratifizierung einer CKD notwendige Bestimmung der ACR (in mg Albumin/g Kreatinin) von den Sozialversicherungen in den Leistungskatalog aufgenommen wurde. Da derzeit jedoch nur einige Laborinstitute zur Abrechnung berechtigt sind, müssen die Harnproben entweder direkt an diese eingesandt oder von anderen Laboranbietern dorthin weitergeleitet werden. Über eine zukünftige Ausweitung der Abrechenbarkeit wird derzeit verhandelt.


Blick in die Zukunft − DMP chronisch kardiovaskuläre Erkrankungen?

Vom Grundsatz her ist niere.schützen in seiner jetzigen Form als Awarenessprogramm und Leitfaden für niedergelassene ÄrztInnen zu verstehen: Wie können CKD-PatientInnen auf Basis bereits vorhandener Möglichkeiten erkannt, bei Bedarf weiter abgeklärt und gemeinsam optimal therapiert werden. Es wird daher von den Sozialversicherungen auch nicht extra honoriert. Eine Evaluation dieses Programms ist in Ermangelung spezifischer Dokumentation ebenfalls nur sehr eingeschränkt möglich. Zu diesem Schluss kommt eine Expertise des Instituts für Allgemeinmedizin (Prof. Siebenhofer-Kroitzsch), welches auch die Pilotierung von niere.schützen durchgeführt hat.
Für die Zukunft wäre es daher wünschenswert, niere.schützen mit bestehenden Programmen wie „Therapie Aktiv“ und  „herz.leben“ zu einem gemeinsamen, modular aufgebauten „Disease Management Programm (DMP)“ für chronisch kardiovaskuläre Erkrankungen zusammenzufassen. Denn es bestehen offenkundig große Überschneidungen bezüglich Zielpopulation und therapeutischen Zielen. Durch die Komprimierung der notwendigen Dokumentation könnte der Ressourcenaufwand für teilnehmende ÄrztInnen minimiert und auf ein vertretbares Ausmaß gebracht werden.
Für die Betreuung von PatientInnen an einem DMP ist selbstverständlich eine adäquate Honorierung zu fordern. Idealerweise wäre anzustreben, elektronische Schnittstellen mit bestehenden Praxisprogrammen zu entwickeln, um einen Informationsfluss in beide Richtungen (Auswertungen, Erinnerungen etc.) zu erleichtern. Eine Verknüpfung mit der (ständig weiterzuentwickelnden) Vorsorgeuntersuchung könnte außerdem dem Ziel eines umfassenden Programms zur Bekämpfung nicht übertragbarer Erkrankungen (NCD für „non-communicable diseases“) ein gutes Stück näher kommen.

Priv.-Doz. Dr. Peter Krisper ist Mitarbeiter an der Klinischen Abteilung für Nephrologie an der Medizinischen Universität Graz (Leitung Univ.-Prof. Dr. Alexander Rosenkranz).

 

Vereinfachte CKD-Definition

GFR < 60 mL/min/1,73m² und/oder
ACR > 30 mg/g
Persistenz über 3 Monate


Zielpopulation niere.schützen (40−65 Jahre)

Arterielle Hypertonie
Diabetes mellitus
Adipositas (BMI > 30)
Terminale Niereninsuffizienz in der Familie

Vom Grundsatz her ist niere.schützen in seiner jetzigen Form als Awarenessprogramm und Leitfaden für niedergelassene ÄrztInnen zu verstehen.
Für die Betreuung von PatientInnen an einem DMP ist selbstverständlich eine adäquate Honorierung zu fordern. Idealerweise wäre anzustreben, elektronische Schnittstellen mit bestehenden Praxisprogrammen zu entwickeln, um einen Informationsfluss in beide Richtungen (Auswertungen, Erinnerungen etc.) zu erleichtern.

 

Fotocredit: Fotolia, Gesundheitsfonds Steiermark, Steiermärkische Gebietskrankenkasse




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