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AERZTE Steiermark 11/2023
 

… es gibt keine „one size fits all“-Lösung …

Karlheinz Kornhäusl ist der erste Arzt, der das Gesundheitsressort in der Steiermark verantwortet. Er setzt auf die Klugheit und den guten Willen aller Beteiligten. Dass es für ihn keine politische Schonfrist gibt, weiß er.

 

AERZTE Steiermark: Ein Arzt als Gesundheitslandesrat ist ja in Österreich die Ausnahme. Sehen Sie das als Vorteil oder als Last?

Karlheinz Kornhäusl: In der Steiermark ist es ungewöhnlich, in anderen Bundesländern war es immer wieder der Fall. Ich sehe mich also nicht als Ausnahme. Der Vorteil ist, dass ich das Arbeitsumfeld der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut kenne. Aber ich weiß, dass man kein Arzt sein muss, um gute Gesundheitspolitik zu machen. Ich bin ja auch kein Spitzensportler, und bin dennoch für den Sport zuständig.

 

Ob es ein Vorteil ist, wird die Zukunft weisen. Eine Last war und ist der Arztberuf aber niemals für mich. Ich habe gerne Verantwortung für meine Patientinnen und Patienten übernommen und alles getan, um ihnen zu helfen. Jetzt kann ich für die Gesundheit der Steirerinnen und Steirer arbeiten. Mit meiner Arbeit kann ich dabei helfen, unser Gesundheitssystem zukunftsfähig aufzustellen und damit die beste Versorgung der Menschen in unserem Land zu sichern.

 

Mein Zugang als Landesrat ist dabei derselbe, wie als Arzt: Gespräch, Diagnose, Therapie. Was meine ich damit: Nur, wenn ich mich mit allen Playern im Gesundheitswesen spreche, kann ich herausfinden, wo zusätzliche Baustellen zu finden sind. Nur wenn ich weiß, wo die Baustellen sind, kann ich passende Lösungen suchen.

 

Was sind die Baustellen, die Sie sofort angehen wollen?

Alle, die im Gesundheits- und Pflegebereich tätig waren oder sind, wissen: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mit teils überbordenden Dokumentationspflichten konfrontiert. Die traurige Folge ist weniger Zeit, in der mit und an den Patientinnen und Patienten gearbeitet wird, weil die Aufzeichnung oft länger dauert, als die durchgeführte Maßnahme. Darum will ich rasch dafür sorgen, dass die Dokumentationspflichten auf das gesetzlich notwendige Mindestmaß reduziert werden. Schließlich steht der Mensch im Mittelpunkt – nicht das Papier.

 

Damit sind wir beim nächsten Punkt: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in unseren Krankenanstalten. Das Thema begleitet mich seit vielen Jahren; ich habe mich bereits in meiner Zeit in der Ärztekammer dafür eingesetzt. Ich möchte hier zum Beispiel beim Thema Kinderbetreuung ansetzen. In diesem Bereich gibt es bereits viele positive Beispiele, wie Betriebskindergärten oder Betriebstagesmütter in manchen unserer KAGes-Häuser. Aber es gibt noch Luft nach oben.

Was allen klar sein muss: Das ist nichts, was ich von heute auf morgen verbessern kann, denn es gibt hier keine „one size fits all“-Lösung, die man einfach allen Standorten überstülpt. Das Angebot muss an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden am jeweiligen Standort angepasst sein.

 

Ein dritter Punkt: Die Entlastung unserer Ambulanzen. Einiges ist Bundessache, manches kann man vor Ort anpacken. Jedenfalls möchte ich die Zusammenarbeit zwischen den niedergelassenen Ärzten und dem Spitalsbereich verbessern. Wenn alle bestmöglich zusammengreifen, gewinnt jede und jeder Einzelne – und das gesamte Gesundheitssystem.

 

Die berühmten 100 Tage Schonfrist gibt es für einen Gesundheitspolitiker nicht. Wie gehen Sie damit um?

Im Gesundheitswesen gibt es generell keine Schonfrist: Es geht vom ersten Tag an um das Wohlergehen der Menschen, für die man Verantwortung übernimmt. Man muss von Anfang an hinhören, hinschauen und anpacken – und genau so gehe ich auch meine neue Aufgabe als Landesrat für Gesundheit, Pflege und Sport an.

 

Konkret heißt das: Ich führe Gespräche mit allen Parteien, Interessensvertretungen – aber vor allem auch mit den Mitarbeitenden unserer Gesundheitseinrichtungen und den Patientinnen und Patienten. Ich will von ihnen wissen, welche Sorgen sie haben. Nur dann kann ich an den richtigen Schrauben drehen und meinen Teil zur Lösung des Problems beitragen.

 

Gleichzeitig mit Ihrer Wahl im Landtag wurde das neue und deutlich bessere Gehaltsschema in der KAGes beschlossen. Ein Grund zur Freude?

Das ist jedenfalls eine zeitlich glückliche Fügung. Natürlich macht es uns das leichter, wieder mehr Menschen zu finden, die als Ärztin oder Arzt und in der Pflege für ein Landeskrankenhaus arbeiten wollen. Aber das wird nicht von einem Tag zum anderen gehen. Im Burgenland hat es ja auch mehrere Monate gedauert, bis sich die bessere Entlohnung positiv auf die Personalsituation ausgewirkt hat. Dass es dieses bessere Gehaltsschema gibt, ist Verdienst der Ärztekammern, des Zentralbetriebsrats, des KAGes-Vorstandes und der Landespolitik. So gesehen ist das neue Gehaltsschema jedenfalls ein Grund zur Freude, für mich aber vor allem ein Grund, Danke im Namen der Steirerinnen und Steirer zu sagen.

 

Ihr Einfluss auf die ÖGK ist begrenzt. Wie wollen Sie die Kasse überzeugen?

Ich setze auf die Klugheit und den guten Willen aller Beteiligten im Gesundheitssystem. Es gibt ein gemeinsames Anliegen: Das ist die bestmögliche medizinische Versorgung der Steirerinnen und Steirer. Das geht in den spezifischen Auseinandersetzungen oft unter. Wir sollten aber das Verbindende viel mehr in den Mittelpunkt stellen und nicht die vielleicht unterschiedlichen Zugänge.

 

Was können Sie besser als Ihre Vorgängerin?

Juliane Bogner-Strauß hat vieles richtig gemacht. Es darf ja auch nicht vergessen werden, dass sie die Funktion der Gesundheitslandesrätin genau zu Beginn der Corona-Pandemie, also zu einem Zeitpunkt übernommen hat, der für sie äußerst herausfordernd war. Ich kenne als Allgemeinmediziner, der auch in der Lehrpraxis tätig war, als Arzt in Ausbildung und als Facharzt große Teile des Gesundheitssystems von innen. Das ist ein Vorteil und gleichzeitig eine „Last“. Denn niemand kann sagen, dass sich Landesrat Kornhäusl im Gesundheitssystem nicht auskennt. Diese Entschuldigung funktioniert für mich nicht.

 

Sie wurden jetzt einmal für den Rest der aktuellen Landtagsperiode gewählt. Was wird danach sein?

Ich habe erst kurz vor meiner Wahl gewusst, dass ich Landesrat werde. Also kann ich jetzt wirklich nicht sagen, was in einem Jahr sein wird. Ich werde jedenfalls alles dafür tun, dass Christopher Drexler Landeshauptmann bleibt. Ob ich dann auch in die nächste Landesregierung berufen werde, ist nicht meine Entscheidung. Eines ist sicher: In einem knappen Jahr lässt sich nicht alles zum Besseren verändern. Das Gesundheitssystem ist kein flinkes Jet-Boot, sondern ein schwerer Tanker. Da dauern Veränderungen ihre Zeit.

 

Als Landesrat mussten Sie Ihren Arztberuf aufgeben. Tut Ihnen das weh?

Ich habe meinen Beruf mit Herz und Leidenschaft ausgeübt. Aber ich habe mich auch immer gerne engagiert: Sei es als Schülervertreter, oder später in der Ärztekammer, wo ich vor allem an besseren Arbeits- und Ausbildungsbedingungen für Turnusärzte gearbeitet habe. Als Arzt kann ich jeden Tag und jede Nacht einigen Leuten helfen. Als Politiker kann ich jeden Tag versuchen, die Bedingungen für viele zu verbessern. Als mich unser Herr Landeshauptmann gefragt hat, ob ich mir vorstellen kann, dieses Ressort zu übernehmen, musste ich daher nicht lange überlegen. Es fühlt sich richtig an.

 

Aber ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mich meine letzten Dienste kaltgelassen hätten. Ich habe immer gerne mit meinen Kolleginnen und Kollegen zusammengearbeitet – egal ob mit den Ärztinnen und Ärzten, den MTDs oder dem Pflegepersonal.

 

Auch wenn sicher ein bisschen Wehmut dabei war, waren die Reaktionen so positiv, dass ich gestärkt in meine neue Aufgabe gestartet bin.

 

Fotos: Land Steiermark/Binder, Land Steiermark/Häusl, Kalcher/Pentamedia, KK




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