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AERZTE Steiermark 09/2023

 

Den Jungen eine Stimme geben

Die kürzlich aus München nach Graz gezogene Ärztin Isabel Klugherz strebt eine Facharztausbildung für Hygiene und Mikrobiologie an. Neben ihrem Beruf engagiert sie sich im Empowerment junger Menschen.

Falls du glaubst, du seist zu klein, um etwas zu bewirken, dann versuche einmal zu schlafen, wenn ein Moskito im Raum ist. Dieser dem Dalai Lama zugesprochene Aphorismus kann Menschen dazu ermutigen, für ihre Anliegen einzustehen. Mit welchen Mitteln sie ihre Ideen dann möglichst wirkungsvoll umsetzen können, lernen junge Menschen im Onlinekurs „Impact – Zukunft gestalten“, der aus der Arbeitsgemeinschaft Public Health der Fachschaftsinitiative Medizin an der Berliner Charité hervorgegangen ist.

„Das ursprüngliche Ziel war es, junge Menschen darin zu stärken, gesundheitsfördernde Maßnahmen zur Verhinderung typischer Zivilisationserkrankungen nicht nur auf individueller Ebene zu ergreifen, sondern auch in ihrer Umgebung Einfluss zu nehmen“, erzählt Isabel Klugherz, die vor ihrem Umzug nach Graz im Führungsteam von „Impact – Zukunft gestalten“ war.

Sie erläutert den Unterschied zwischen Verhaltensprävention und Verhältnisprävention am Beispiel eines schulischen Getränkeautomaten: „Das Ziel, dass Schüler:innen weniger Softdrinks trinken, könnte durch Aufklärung, die zu einer individuellen Verhaltensänderung führt, erzielt werden. Weitaus nachhaltiger ist jedoch, das Umfeld gesundheitsfördernd zu gestalten und in der Schule generell keine Softdrinks mehr zu verkaufen.“

Während derartige strukturelle Anpassungen im Kleinen leichter umzusetzen sind, ist für die Veränderungen im Großen im Wesentlichen die Politik zuständig. Wie aber kann Politik von der Basis ausgehend mitgestaltet werden? Eine öffentlichkeitswirksame Kampagne zu organisieren, lässt sich mit ein paar einfachen Werkzeugen erlernen, lautet die Überzeugung der Initiator:innen des Impact-Kurses.


Fünf Module

„Ich bin im Jahr 2018 über Facebook zur Gruppe in Berlin gestoßen“, erzählt Klugherz, die in München, Würzburg und Santiago de Chile Medizin studiert hat. Ab dem Jahr 2019 bildete sie zusammen mit einem Kollegen das Führungsduo des über ganz Deutschland verteilten rund 20-köpfigen Teams „Impact – Zukunft gestalten“. Der Gruppe gelang es, einen Peer-to-Peer-Kurs für junge Menschen auf die Beine zu stellen, die durch Bürger:innenbeteiligung gesellschaftliche Verbesserungen herbeiführen wollen. „Der Online-Kurs, den wir nun seit 2021 unter https://dein-impact.org/kostenfrei anbieten, besteht aus fünf Modulen, die aus dem eigenen Erfahrungsschatz und der fachspezifischen Expertise von Studierenden erstellt wurde.“ Gefördert wurden die Kosten der Website und des Kurses über die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd); das Gestaltungsteam hat seine Arbeit ehrenamtlich eingebracht.

Der Kurs beginnt mit dem Basiswissen über das politische System – in Deutschland. Die übrigen Module sind überregional anwendbar. Das zweite umfasst die psychologischen Grundlagen, wie man eine Argumentationsstruktur wirkungsvoll aufbaut. Das dritte Modul liefert Werkzeuge, wie Presseaussendungen formuliert werden und wie man Social-Media-Kampagnen lanciert. Ein Knackpunkt in der Arbeit mit Ehrenamtlichen ist oft die Teamführung, weshalb ihr das Modul vier gewidmet ist, während das letzte die Strategieentwicklung von der Idee bis zur Handlung beinhaltet. Rund hundert Menschen haben den Kurs bereits absolviert, obwohl er nur mittels Mundpropaganda beworben wurde. Abschlussprüfung gibt es keine, aber der Lernerfolg für jedes Modul kann in Quizform eigenverantwortlich mitverfolgt werden.


Immer schon engagiert

Isabel Klugherz hat nicht erst mit der Impact-Kursentwicklung begonnen, sich für andere Menschen zu engagieren. Letztlich fußt sogar ihre Berufswahl auf dem Wunsch, sich auch im sozialen Bereich einzubringen: „Ursprünglich habe ich überlegt, Physik zu studieren; jedenfalls etwas Naturwissenschaftliches. In der Medizin habe ich dann die Möglichkeit gesehen, die Naturwissenschaften mit dem Sozialen zu verbinden.“

Schon zu Schulzeiten war Klugherz als Sanitäterin tätig – ebenso wie als Jugendleiterin und Mitglied des Jugendausschusses der Petrikirche in Baldham bei München. Neben dem Projekt „Impact – Zukunft gestalten“ war sie während des Studiums an der Ludwig-Maximilians-Universität München Modulsprecherin für Molekulare Medizin im Rahmen des Förderprogrammes für Forschung und Lehre, engagierte sich im Evangelischen Studienwerk als Konventssprecherin sowie im stipendiatischen Senat und rief ein bilaterales studentisches Austauschprojekt mit der Jimma University in Äthiopien wieder ins Leben.

Nach dem Studienende arbeitete sie zunächst in einem Projekt der European University Alliance for Global Health EUGLOH, die die Global-Health-Expertise von neun europäischen Universitäten von Novi Sad bis Norwegen bündelt.


Nach Graz geholt

Auch wenn sie ein Auslandssemester an der Universität Santiago de Chile verbracht hat, plante sie ihren Berufseinstieg eigentlich nicht so fern der Heimat. Nach Graz holte sie ein ehemaliger Kollege, der an das hiesige Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Umweltmedizin wechselte.

Am Hygieneinstitut wird Klugherz nach Abschluss der Basisausbildung mit heurigem November ihre Facharztausbildung für Hygiene und Mikrobiologie beginnen. Derzeit ist sie im Rahmen der Basisausbildung auf der Infektiologie des Grazer Klinikums eingesetzt. „Im Studium hat sich dann eine klare Affinität für die Forschung herauskristallisiert. Mein soziales Engagement werde ich daher wieder ins Ehrenamt verlegen.“

Kürzlich wurde ein wissenschaftliches Paper mit ihr als Co-Autorin im Journal of Clinical Microbiology angenommen, an der Kinderchirurgie durfte sie einen Beitrag zur Antibiose gestalten (was üblicherweise erst in der Verantwortung von Assistenzärzt:innen liegt) und sie hat auch schon ihre Fühler zum Grazer Konsiliarlabor für Bordetellen ausgestreckt, um mögliche zukünftige Forschungsfelder auszuloten. „Ich lerne immer gerne Neues kennen und arbeite mich schnell in neue Themenfelder ein.“ Kein Wunder, dass Klugherz eine akademische Karriere inklusive Habilitation anstrebt.


„Stadt hat mich begeistert“

„Von München aus gesehen war Graz schon weit entfernt“, gesteht sie. „Aber die Stadt hat mich sehr schnell begeistert.“ Das Netzwerken, das der Impact-Kurs lehrt, fiel ihr auch nach dem Ortswechsel nicht schwer: Klugherz fand in der neuen steirischen Heimat Anschluss im Grazer Universitätschor und in der Gemeinde der Heilandskirche. Dort will sie ihr Engagement in der Jugendarbeit auch gleich fortsetzen und junge Erwachsene dazu motivieren, sich einzubringen.

So kandidiert sie für die Gemeindevertretung der Heilandskirche, die im Herbst dieses Jahres gewählt wird. Wo immer möglich Verantwortung zu übernehmen, ist für Isabel Klugherz selbstverständlich. Ihr zukünftiges Aufgabengebiet in der Heilandsgemeinde könnte einmal mehr die Arbeit mit jungen Erwachsenen sein, aus ihrer Sicht ein Lückenschluss: „Es gibt viele Angebote für Kinder und Jugendliche und dann wieder für Familien. Die jungen Erwachsenen sind als Zielgruppe noch nicht so gut betreut.“

Die Anbindung an die Kirchengemeinde und die Musik stellen für Isabel Klugherz einen guten Ausgleich zur ärztlichen Arbeit dar. Alle drei folgen ihrem übergeordneten Lebensziel: mit den eigenen Fähigkeiten und Kräften die Welt ein Stück besser zu machen.

 

Fotos: beigestellt




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