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AERZTE Steiermark 06/2023

 

50 Jahre Styria vitalis

Von 1973 bis heute.

Styria vitalis steht seit nunmehr fünf Jahrzehnten für Vorsorgemedizin, ab den späten 80er-Jahren dann für Gesundheitsförderung und Primärprävention. Begonnen hat die Entwicklung als Sektion Vorsorgemedizin der Ärztekammer, aus der 1973 der Verein „Steirische Gesellschaft für Gesundheits- und Umweltschutz“ hervorging. Der Arbeitsschwerpunkt lag anfangs auf den Vorläufern des Mutter-Kind-Passes bzw. auf Blutgruppenbestimmungen, jedenfalls auf der körperlichen Gesundheit. Diesem Aspekt dienten auch die Atmungs-Kreislauf-Leistungstests für Feuerwehrleute oder die orthopädischen Untersuchungen bei Schulkindern. Mit der Verabschiedung der Ottawa-Charta durch die WHO 1986 entstand international die Idee von New Public Health oder der Gesundheitsförderung als vorrangig soziale Intervention in Lebenswelten. Diese Entwicklung spiegelte sich in veränderten Handlungsfeldern von Styria vitalis wider. Standen stark auf die Einzelperson bezogene Vorsorgemaßnahmen am Anfang der Geschichte, sind es seit Ende der 1980er-Jahre sogenannte Setting- und bevölkerungsbezogene Ansätze wie einerseits die Kariesprävention in Kindergärten und Volksschulen oder die Bereitstellung und Auszeichnung ernährungsphysiologisch, sozial und ökologisch qualitätsvoller Speisenangebote in der Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung. Andererseits geht es um die Beratung, Begleitung und Unterstützung von Lebenswelten wie Kindergärten, Schulen, Pflege- und Betreuungseinrichtungen sowie Gemeinden, die ihre Lebensbedingungen entsprechend des lokalen, gesundheitsbezogenen Bedarfs anpassen möchten. Eine solche Gestaltung der Verhältnisse unterstützt einen gesunden Lebensstil bzw. erleichtert seine Umsetzung für Individuen.

Durch die enge Zusammenarbeit mit den Menschen in den Settings fördert Styria vitalis die Beteiligung und das Engagement der Menschen vor Ort. Der Blick wird dabei auf vorhandene Ressourcen gelegt: Was gibt es bereits, was soll unbedingt erhalten bleiben, wer möchte sich einbringen, wer verfügt über welche Fähigkeiten? Ziel ist es, Energie, Wissen und Kompetenzen zu bündeln und – sofern notwendig – aufzubauen. Beispiele sind etwa die Qualifizierung der für das Mittagessen verantwortlichen Personen in Kindergärten und Schulen zu Verpflegungsmanager:innen oder die Ausbildung von AktivCoaches für Ältere, die in Gesunden Gemeinden wöchentliche AktivTreffs mit Inhalten zur Bewegung, Ernährung und psychosozialen Gesundheit anbieten. Weitere Beispiele sind die Qualifizierung von Gruppentrainer:innen zur Förderung der Alltagsmobilität von Bewohner:innen in Pflegeeinrichtungen oder die Schulung von Multiplikator:innen für Zahngesundheit in Bildungs-, Gesundheits- und Sozialeinrichtungen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit mit Eltern von (Klein-)Kindern in Kontakt sind.


Zahngesundheit in Kindergärten und Volksschulen

Die richtige Zahnpflege, eine zahngesunde Ernährung, der regelmäßige Zahnarztbesuch und die Fluoridierung sind die Grundlage gesunder Zähne. Um dieses Wissen den Kindern von klein auf zu vermitteln, starteten 1986 die Zahngesundheitserzieherinnen ihre Arbeit in Kindergärten und Volksschulen. Daraus hervorgegangen ist das Steirische Kariesprophylaxeprogramm, an dem sich aktuell 95 % der steirischen Kinderkrippen, 96 % der Kindergärten und 98 % der Volksschulen beteiligen. Und das mit Erfolg. Der Anteil kariesfreier Sechsjähriger konnte von 27 % auf 66 % erhöht werden. Um diesen Wert zu halten bzw. noch zu verbessern, wird das Augenmerk zusätzlich zur allgemeinen Gruppenprophylaxe speziell auf vulnerable Kinder und Eltern gelegt. Im Fokus stehen sozioökomisch weniger begünstigte Familien bzw. Kinder und Jugendliche mit Behinderung.


Gesunde Gemeinden

1987 suchte Styria vitalis via Ö regional vier Gemeinden, die ein Gesundes Dorf werden wollten. Aus diesen Pionieren ist bis heute ein Netzwerk von 87 (30 %) der steirischen Gemeinden entstanden. Sie schaffen Rahmenbedingungen, die ihren Bürger:innen Wohlbefinden und eine gute Lebensqualität ermöglichen. Sie legen beispielsweise attraktive, barrierefreie Wege an, die zum Gehen und Radfahren einladen, gestalten naturnahe Spielplätze, achten auf gesunde Angebote am Schulbuffet oder auf Unterstützung und Entlastung für Jungfamilien und pflegende Angehörige. All das gelingt am besten, wenn sich die Menschen aktiv einbringen und lokale Organisationen und Einrichtungen für gemeinsame Ziele kooperieren.


Gesunde Kindergärten & Schulen

Styria vitalis begleitet seit 1989 Volksschulen, seit 2012 Kindergärten bei der Gestaltung einer gesundheitsorientierten Lebenswelt, in der sich Kinder, Pädagog:innen und Eltern wohlfühlen und gut entwickeln können. Das Gesunde Schule-Netzwerk umfasst mittlerweile 137 Volks- und Landesberufsschulen, BMHS sowie Gesundheits- und Krankenpflegeschulen. Dem Netzwerk Gesunder Kindergarten von ÖGK und Styria vitalis gehören nach zehn Jahren 185 Kindergärten an. Ihr Themenbogen spannt sich von den klassischen Lebensstilthemen Bewegung und Ernährung über Entspannung und ein gesundes Miteinander bis hin zu Umweltbewusstsein, Kreativität und Raumgestaltung. Im Vergleich zu den Anfängen stehen heute nicht nur die Kinder, sondern auch die Gesundheit der Pädagog:innen im Fokus. Denn Wohlbefinden und die Qualität der Lehre bzw. des Lernens hängen zusammen. Styria vitalis übernimmt neben der Prozessbegleitung auch die Fachberatung zu Themen wie u. a. Stressmanagement und Resilienz, stimmschonendes Sprechen, gesundes Führen und kollegiale Intervision.

Wohlbefinden entsteht auch aus der Gestaltung des Raums in Bezug auf Innen- und Außenräume. Dabei sind häufig nicht das Budget, sondern die Kreativität und Expertise zentral, um Unterricht im Freien, Rückzugsorte oder Lärmschutz zu ermöglichen. Aktuelle Herausforderungen für Schulen und damit auch für Styria vitalis liegen in einer immer vielfältigeren Gesellschaft, einem steigenden Unterstützungsbedarf durch Sozialarbeit und dem Spagat zwischen Sicherheitsdenken, Risikovermeidung und dem Ziel, Kindern mehr Zeit im Freien und das Lernen an Grenzen zu ermöglichen. Eine weitere Herausforderung ist die Vision einer Bildungspartnerschaft zwischen Pädagog:innen und Eltern.


Nachhaltiger Genuss beim Essen

Ausgehend von der Steiermark erobert die Gewährleistungsmarke „Grüne Haube“ seit 1990 mit frischer, vegetarischer Vollwertküche Bundesland für Bundesland. Der „Grüne Teller“ und die „Grüne Küche“ zeichnen in der Steiermark Gastronomie- und Gemeinschaftsverpflegungsbetriebe insbesondere der Sparten Care und Education aus, die ihren Gästen ein regional-saisonales Angebot mit viel Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, Vollkorngetreide, Nüssen und Samen nach nationalen und regionalen Mindeststandards bzw. Leitlinien bieten. 102 Verpflegungsanbieter sind Lizenzbetriebe, die für einen achtsamen Umgang mit Lebensmitteln, Mensch, Tier und der Natur insgesamt stehen. Denn unserer Ernährung sind 21 bis 37 % der globalen Treibhausgasemissionen (WWF 2021) zuzuschreiben. Eine pflanzenbasierte Ernährung sorgt daher für ökologische und gesundheitliche Nachhaltigkeit. Die Erfahrung und Kreativität der Köch:innen ergeben in Kombination mit Kochworkshops und Schulungen, in jeder Hinsicht guten Lebensmitteln und lernenden Esser:innen den gewünschten Genuss.

Seit 2012 berät und evaluiert Styria vitalis darüber hinaus Buffetbetriebe insbesondere in AHS und BHS hinsichtlich ihres Angebots und ihrer Bemühungen. Den Rahmen dafür bildet die nationale „Leitlinie Schulbuffet“.


In Betreuung und Pflege Mobilität fördern

Das seit 2017 verliehene Gütesiegel „Mobilität fördern“ steht für ein qualitätsgesichertes Mobilitätsförderungsprogramm, das speziell für Bewohner:innen entwickelt wurde. Ziel ist die Erhöhung der Selbstständigkeit und damit verbunden des Wohlbefindens im Alltag. Tätigkeiten wie Aufstehen, Anziehen, Wassertrinken oder zur Toilette gehen gelingen ohne Hilfe und schaffen sozialen Spielraum. Damit einher geht eine Entlastung des Pflegepersonals und die höhere Zufriedenheit der An- und Zugehörigen. Durchgeführt wird das mehrwöchige Übungsprogramm von eigens geschulten Mitarbeiter:innen der Pflegeeinrichtungen. Das bedeutet mehr Kompetenz vor Ort und Nachhaltigkeit durch jährliche Fortbildungen. Steiermarkweit tragen aktuell 64 Einrichtungen das Gütesiegel.


Gesunde Entscheidungen treffen

Wer gesunde Entscheidungen treffen möchte, braucht dafür Information, die Fähigkeit, diese Information zu verstehen und im Alltag anzuwenden. Je früher diese Fähigkeiten entstehen, desto besser für eine gesunde Entwicklung. Seit 2019 erarbeitet Styria vitalis daher Leitfäden und Angebote zur organisationalen und individuellen Gesundheitskompetenz für Gemeinden, Schulen und Kindergärten. Unterrichtsmaterialien und entsprechende Einschulungen stehen aktuell für Pädagog:innen der Elementar-, Primar- und Sekundarstufe zur Verfügung.


Patenfamilien für Kinder psychisch belasteter Eltern

Wenn Mutter oder Vater psychisch erkrankt sind, betrifft das die ganze Familie. Vor allem betroffene Kinder stehen oft vor großen Herausforderungen. Sie leiden unter Ängsten und Schuldgefühlen, weil es Mama oder Papa schlecht geht. Andere fühlen sich allein gelassen oder übernehmen zu früh zu viel Verantwortung. Für die Bedürfnisse, Sorgen und Wünsche der Kinder bleibt dann oft wenig Platz. Eine zusätzliche Bezugsperson außerhalb der Familie kann für Kinder in einer solchen Situation eine große Unterstützung sein. Die von Styria vitalis mit der ARGE Patenfamilien geschulten Patinnen und Paten stärken die Resilienz der Kinder. Ausgehend von Graz und Graz-Umgebung wird das Angebot bis 2026 steiermarkweit ausgerollt.


Aktuelle Herausforderungen

Projekte sind für Styria vitalis Innovationsräume. Sie ermöglichen Lernen, generieren oft neue, wirksame Maßnahmen und lassen sich relativ schnell und flexibel als mögliche Antwort auf aktuelle Herausforderungen implementieren. Die aus ihnen gewonnenen Lernerfahrungen sind als Maßnahmen in bestehende Programme und Netzwerke integrierbar und werten diese auf. So untersucht Styria vitalis aktuell, inwiefern sich Bauernhöfe als naturnahe, intergenerative Orte der Begegnung – insbesondere auch in Pflegesituationen – eignen. Oder setzt sich mit der Frage auseinander, was für unterschiedliche Zielgruppen gesunde Straßen ausmachen.

Die erstmalige Durchführung von Coaching-Gruppen für Pädagog:innen in allen steirischen Bildungsregionen wird wiederum zeigen, inwieweit kollegialer Austausch zur Entlastung beiträgt. Und im Pflegebereich liegt der Schwerpunkt auf alltagstauglichen, transferierbaren Maßnahmen zur Förderung der Resilienz von Personal, Bewohner:innen und Angehörigen, um dazu beizutragen, das Personal länger aktiv im Pflegesektor zu halten.

 

Fotos: Styria vitalis




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