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AERZTE Steiermark 05/2023

 

Was wollen Sie?

Die Corona-Pandemie hat auch die Erwartungen an die Fortbildung verändert. Aber auch wenn Online wichtiger geworden ist, die Lösung aller Probleme bringt es nicht.

Die reinen Zahlen können sich sehen lassen: 1.028 Teilnahmen an Seminaren, Symposien, Vorlesungen … konnten die Grazer Fortbildungstage 2022 verbuchen. Von den Teilnehmer:innen waren 26 Prozent Fachärzt:innen, sieben Prozent Turnusärzt:innen, drei Prozent Studierende und 13 Prozent Mitarbeiter:innen von Ärzt:innen. 47 Prozent waren Ärzt:innen für Allgemeinmedizin. Nur vier Prozent konnten nicht kategorisiert werden.

Aber das Ausruhen auf Lorbeeren war noch nie der Stil des Fortbildungsreferats der Ärztekammer Steiermark. Das Ziel ist es, besser und immer wieder ärzt:innenorientierter zu werden. Deshalb soll in Bälde eine kurze Online-Umfrage starten, um die aktuellen Fortbildungsbedürfnisse der Kolleginnen und Kollegen abzufragen und die Erkenntnisse bereits 2024 umzusetzen.

„Man muss mit der Zeit gehen“, ist der steirische Fortbildungsreferent Gerhard Wirnsberger derselben Überzeugung wie jene, die vor ihm das Referat leiteten. Denn es ist notwendig, immer neue Generationen anzusprechen, um nicht mit den bisherigen Teilnehmer:innen zu altern.


Online, aber nicht nur online

Ein Trend ist jedenfalls deutlich spürbar: Online-Fortbildung wird immer mehr nachgefragt. Gleichzeitig haben viele den Wunsch, nach den Pandemiejahren wieder mehr persönliche Fortbildungskontakte zu erleben.


„Bessere Regeln“

Nur ist Online-Fortbildung nicht ohne Tücken. Wie erfolgt die Überprüfung der Mitwirkung? Wie geht man mit Urheberrechten um? Dafür braucht es „bessere Regeln“, sagt Wirnsberger. An denen muss gearbeitet werden. Was bisher nicht wirklich geschah.

Wobei Online ein breites Feld ist: Livestreams in Echtzeit haben andere Regeln als On-demand-Angebote, die Teilnehmer:innen nach eigenen zeitlichen Wünschen konsumieren können.

„Corona hat das Fortbildungsverhalten der Fachärztinnen und Fachärzte grundlegend verändert. Die Anzahl an Online-Fortbildungen und Live-Webinaren hat rasant zugelegt“, ist in der Leseranalyse Medizinmedien (LA-MED) zu lesen.


Tagungen weiter an der Spitze

Dennoch haben aus Sicht der befragten Ärzt:innen Fortbildungen, Tagungen und Kongresse die bei Weitem höchste Relevanz. Mit einigem Abstand folgen Print-Fachzeitschriften und Gespräche mit Kolleg:innen. Online-Angebote liegen dahinter – aber ihre Bedeutung wächst.

Die auf den ersten Blick ideale Lösung wären dann wohl Hybrid-Fortbildungen. Veranstalter:innen sind von dieser Mischform aus Präsenz und Online nicht so begeistert. Erstens ist der technische Aufwand beträchtlich. Was natürlich die Frage nach der Finanzierbarkeit aufwirft. Darüber hinaus gibt es aber auch inhaltliche Fragen. Wirnsberger, der hybride Fortbildungen nicht grundsätzlich ablehnt, sieht darin das Risiko einer „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ mit notgedrungen unterschiedlichen Spielregeln für die praktische Überprüfung der Teilnahme.


Breiter – und unübersichtlicher

Faktum ist jedenfalls, dass auch das Spektrum der Fortbildungsangebote breiter – aber auch unübersichtlicher – geworden ist.

Zu den klassischen Anbietern von Kongressen, die viel Raum und Personal erfordern, bringen die neuen technischen Möglichkeiten raum-, personal- und damit kostensparende Formen der Fortbildung, deren Qualität jedoch hinterfragenswürdig ist.


Stärken stärker betonen

„Wir müssen uns auf unsere Stärken konzentrieren“, ist Wirnsbergers Credo in diesem Kontext. Diese Stärken sind qualitätsgesicherte Diplom- und Zertifikatsangebote. Und starke Marken wie etwa die Grazer Fortbildungstage.

Infos zu den Grazer Fortbildungstagen: www.med.or.at

 

„Digitalisierungsmotor“

Der Präsident des wissenschaftlichen Beirats der Österreichischen Akademie der Ärzte, Peter Niedermoser, zu den Veränderungen in der Fortbildung.


Wie hat die Corona-Zeit die ärztliche Fortbildung verändert?

Die Covid-19-Pandemie hat die ärztliche Bildungslandschaft massiv und nachhaltig verändert. Lockdowns haben Präsenzfortbildung anfangs unmöglich gemacht, aber es war gerade in dieser Zeit notwendig, neues Wissen über diese Krankheit und ihre Auswirkungen zu erlangen. Covid-19 wurde so quasi zu einem Digitalisierungsmotor in der Ärztefortbildung und bewirkte, dass sich die Aktivitäten hin zu Online-Fortbildungen verschoben. Obwohl Online-Fortbildung in Österreich schon davor eine lange Tradition hatte, kam durch die Pandemie eine vollkommen neue Dynamik in dieses Thema.

 

Online ist offenbar wichtiger geworden. Welche Rolle spielen „echte“ Fortbildungsveranstaltungen im Jahr 2023 noch?

Es stimmt, Online-Formate sind bedeutungsvoller als vor der Pandemie und sie werden einen hohen Stellenwert behalten. Dennoch liefert aktuell Präsenzfortbildung wieder den größten Anteil an gesammelten Punkten und ich sehe nicht, dass sich das ändern wird: Ärztinnen und Ärzte schätzen den persönlichen Austausch mit Expertinnen und Experten, Kolleginnen und Kollegen und anderen Gesundheitsberufen und bei vielen Themen bietet aktive Teilnahme auch einen Qualitätsvorteil. Daher wird Präsenz aus meiner Sicht immer hohe Bedeutung haben! Aber die Zahlen zur Online-Fortbildung sind in den letzten Jahren sehr eindrucksvoll: Gab es vor der Pandemie rund 100 Webinare in Österreich pro Jahr, sind wir mittlerweile bei konstant über 4.000 Webinaren, die in Österreich jährlich DFP-approbiert stattfinden.

 

Alle reden derzeit von künstlicher Intelligenz. Hat die auch Einfluss auf die ärztliche Fortbildung?

KI-gestützte Systeme werden in der Medizin eingesetzt und das wirkt sich auf den Bildungsbereich aus: In Deutschland gibt es z. B. Möglichkeiten, bei der Vorbereitung zur Arztprüfung von KI unterstützt zu werden. Aber auch wir haben ein erstes Projekt in diese Richtung: Die Akademie der Ärzte setzt derzeit in einem Pilotprojekt die Ausbildungsinhalte HNO und Dermatologie für Allgemeinmediziner so um, dass man durch eine gezielte KI-Unterstützung schnellere Lernerfolge erzielen kann. Ein weiteres Projekt zum Thema Klima und Medizin ist hier in Vorbereitung. Ich sehe das ähnlich wie bei den Online-Formaten, aber es wird hier sicherlich noch dauern. KI-unterstützte Fortbildung wird eine sinnvolle Ergänzung im breiten Spektrum der Fortbildungslandschaft werden und darauf sind wir vorbereitet.

 

Die Anforderungen an das ärztliche Wissen steigen ständig. Wird sich die berühmte Halbwertszeit ärztlichen Wissens weiter verkürzen?

Diese Zeitspanne ist in der Medizin im Vergleich zu anderen Bereichen sicherlich wesentlich dynamischer. Wichtig ist, dass die gesetzlichen Vorgaben zur kontinuierlichen Fortbildung eine gute Basis für den notwendigen Wissenserwerb darstellen und ich weiß aufgrund unserer Daten, dass Ärztinnen und Ärzte diese Anforderungen sehr ernst nehmen und ihr Wissen am Puls der Zeit halten.

 

Es gibt zwei Phänomene: Spezialwissen wird immer notwendiger. Gleichzeitig gibt es den zunehmenden Wunsch nach der Gesamtsicht auf den Menschen. Was kann Fortbildung dazu beitragen, die beiden Phänomene unter einen Hut zu bringen?

In Fortbildung sind beide Themen abgebildet – sowohl hochspezialisierte Fachfortbildung als auch die breite Gesamtsicht, die Sie ansprechen. Mir ist wichtig, dass wir es den einzelnen Ärztinnen und Ärzten überlassen, hier entsprechend ihrer individuellen Fortbildungsbedürfnisse die Schwerpunkte selbst zu wählen. Daher bieten die rechtlichen Rahmenbedingungen, das Diplom-Fortbildungs-Programm der Österreichischen Ärztekammer, genau diese Möglichkeit, sich eigenverantwortlich jenen Kompetenzen zu widmen, die das eigene Fach oder spezielle Themen der Tätigkeit erfordern.

 

Ärztinnen und Ärzte bilden sich besonders intensiv fort – mehr als andere Berufsgruppen. Gibt es dafür genug Wertschätzung?

In erster Linie ist es unser Selbstverständnis, für die Patientinnen und Patienten gut fortgebildet zu sein, da spielt die Wertschätzung von außen keine große Rolle. Es stimmt aber, dass wir hier aus meiner Sicht einen außerordentlich großen Beitrag für das Gesundheitswesen leisten und auch andere Gesundheitsberufe haben hier bereits Vorgaben. Manchmal würde ich mir dennoch wünschen, dass der Stellenwert von Fortbildung auch in anderen Bereichen des Gesundheitswesens wichtiger genommen  wird und man sich ein Vorbild an den Ärztinnen und Ärzten nimmt. Ein Fortbildungsdiplom für Gesundheitsökonomen, Gesundheitsmanager und auch die Vorstände der ÖGK et al. würde keine schlechte Idee sein, wobei ich das nicht negativ meine. Am Ende des Tages ist Fortbildung ein enorm wichtiger Bestandteil qualitätsvoller Weiterentwicklung auf vielen unterschiedlichen Ebenen.

 

Es gibt Kritik an komplementären medizinischen Angeboten. Sind Auswirkungen auf die diesbezüglichen Diplome zu erwarten? 

Ich kenne die Kritik an diesen Angeboten. Wir haben aber in Österreich schon vor Jahrzehnten den Weg beschritten, zwischen komplementären und alternativen Angeboten zu unterscheiden und die Komplementärmedizin innerhalb der Ärztefortbildung mitzuberücksichtigen. Das macht für mich auch Sinn, denn die Alternative, dass man diese unterstützenden Leistungen vollkommen ungeregelt dem freien Markt überlässt, wie es derzeit in Deutschland der Fall ist, birgt wesentliche Risiken für die Patientinnen und Patienten. Bei den DFP-Punkten gibt es deshalb auch die Unterscheidung zwischen medizinischer und sonstiger Fortbildung und komplementärmedizinische Themen werden im DFP als sonstige Fortbildung kategorisiert.

 

Wie läuft das DFP-Programm?

Für mich ist dieses Programm eine österreichweite Erfolgsgeschichte und ein Vorzeigeprojekt, weil wir es damit ausgezeichnet schaffen, ein national einheitliches Programm unter Berücksichtigung der verschiedenen Anforderungen aus den Bundesländern erfolgreich zu gestalten – und das bestätigen auch unsere Zahlen: Zuletzt konnten wir darstellen, dass 97 Prozent aller Ärztinnen und Ärzte ihrer Fortbildungsverpflichtung nachkommen. Bei den offenen 3 Prozent handelte es sich oftmals um Situationen mit längeren Ausfallszeiten der betroffenen Ärztinnen und Ärzte – oder es fehlten einzelne Punkte oder Punkte einer bestimmten Kategorie. Weiters deckt das DFP auch die Angebotsseite umfassend ab: Über 30.000 approbierte Fortbildungen pro Jahr und über 3.000 verschiedene Anbieter bestätigen die breit Akzeptanz aller Systempartner. Das alles funktioniert, weil wir gemeinsam – Fortbildungsreferate und Akademie der Ärzte – stetig darauf achten, das System sinnvoll weiterzuentwickeln. 

 

Wird es neue Spezialdiplome geben?

Ich denke, dass es weiterhin neue Diplome, Zertifikate oder CPDs geben wird, sofern sie für die unmittelbare medizinische Versorgung von Patientinnen und Patienten relevant sind. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder wertvolle Initiativen zu neuen Weiterbildungen. Wir sollten offen sein, diese Themen im Rahmen strukturierter Weiterbildungen abzudecken, wie z. B. zuletzt das ÖÄK-CPD Ausbildungskompetenz für den klinischen Alltag, das ausbildungsverantwortlichen Oberärztinnen und Oberärzten das notwendige Rüstzeug vermitteln soll, um sich ihrer Aufgabe, sich um die „Jungen“ zu kümmern, kompetent zu widmen.

 

www.arztakademie.at

 

Grazer Fortbildungstage in Zahlen

Die Grazer Fortbildungstage haben den Ruf, vor allem nicht ganz junge steirische Allgemeinmediziner:innen anzusprechen. Auch wenn das Image nicht ganz der Wirklichkeit entspricht, ist es auch nicht völlig falsch. Nun gibt es das Ziel, (wieder) jünger und offener zu werden. Ohne allerdings das Asset der hohen Praxisrelevanz zu verlieren. Mit einer Umfrage, die bald startet, soll vorweg der Bedarf abgefragt werden.

Vor fast vier Jahrzehnten haben die Fortbildungstage mit  255 Teilnehmerinnen und Teilnehmern begonnen. 2002 (und mit wenigen Abstrichen 2015) haben sie ihre Höchstmarken erreicht. Selbst in den Pandemiejahren waren es jeweils um die tausend Besucherinnen und Besucher – trotz gestiegener Konkurrenz. Jetzt sind neue quantitative Höhenflüge geplant. Die Qualität und die Vielfalt des Fortbildungskongresses in Graz waren ja immer beeindruckend hoch. Das Ziel ist es, in Hinkunft noch stärker auf die Bedürfnisse der Besucherinnen und Besucher einzugehen und auch neue Gruppen zu erschließen bzw. neue Gäste stärker anzusprechen.


Fortbildungspflichten in Österreich

Nicht nur Ärzt:innen sind gesetzlich dazu verpflichtet, sich laufend fortzubilden. Auch andere Berufsgruppen haben Vorgaben. Eine Auswahl.

Viele Berufsgruppen – vor allem, aber nicht nur so genannte „Freiberufler“ – haben gesetzlich verankerte Fortbildungsverpflichtungen, die praktisch aber erhebliche Unterschiede aufweisen. Die Durchrechnungszeiträume unterscheiden sich, manchmal wird von Fortbildungspunkten, manchmal von Bildungsstunden gesprochen. Die Fortbildungsverpflichtung der Apotheker:innen ist quantitativ gar nicht festgelegt, während andere Gesundheitsberufe sehr wohl Festlegungen kennen: Bei Tierärzt:innen  (andere Regeln gelten für Tierfachärzt:innen) sind es 20 Einheiten pro Jahr, beim diplomierten Pflegepersonal 12 Stunden. „Normale“ Wirtschaftstreuhänder müssen sich nur 10 Stunden pro Jahr fortbilden, so genannte „Abschlussprüfer“ aus derselben Berufsgruppe aber 40 Stunden. Also sind Vergleiche nur bedingt möglich.

Eines zeigt er aber: Ärzt:innen sind am „fleißigsten“ bei der Fortbildung.

 

Fotos: MUG, Alexander Schwarzl




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