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AERZTE Steiermark 09/2022

Tastenbefund dreier Fachärzte

Drei pensionierte Fachärzt*innen aus dem Bezirk Weiz greifen alljährlich im Rahmen eines Benefizkonzerts in die Tasten, um den Nachwuchstalenten der Musikschule unter die Arme zu greifen. Das diesjährige Klavierkonzert der „Musikalischen Mediziner“ konnte allerdings erst nach dreimaligem Verschieben stattfinden.

Ursula Scholz

„Musikalische Mediziner“ werden sie genannt: Michaela Pinkas, Paul Pavek und Günter Weingrill. Eine Kinderärztin, ein Kardiologe und ein Zahnarzt, alle drei vor ihrer Pension im Bezirk Weiz tätig. 52 weiße und 36 schwarze Tasten verbinden diese ÄrztInnen: Alle drei spielen seit ihrer Kindheit Klavier und das so meisterhaft, dass sie den Weizer Europasaal füllen und mit dem Kartenerlös die Begabtenförderung an der Weizer Musikschule finanziell unterstützen können.

Auf eine gemeinsame Bühne gebracht hat die einst nur flüchtig miteinander Bekannten erst die Klavierlehrerin Dong-Yeon Stelzmüller, Lehrerin von Pavek und ehemalige Lehrerin von Pinkas´ Tochter. Im Europasaal spielen die drei nun seit elf Jahren alljährlich ein Konzert, wobei zu Beginn dieser Konzerte stets auch die Weizer Sieger*innen des Prima-la-Musica-Wettbewerbs auftreten. „Die Konzerte dienen einem guten Zweck, es macht aber auch richtig Freude, sich außerordentlich darauf vorzubereiten“, betont Pavek.

 

„Medizin das Schönste“

Allen dreien haben die Eltern bereits in früher Kindheit ermöglicht, Klavier zu lernen. Aber während Pinkas Vater gerne gesehen hätte, dass seine Tochter Musik studiert, hätte Pavek selbst gerne diesen Weg eingeschlagen. Das harte Brot jener Musiker*innen, die es nicht an die Weltspitze schaffen, war jeweils das Gegenargument der anderen Generation. „Für mich war immer die Medizin das Schönste“, betont Pinkas, die vier Jahrzehnte lang als Kinderärztin gearbeitet hat, in Krankenhäusern in Wien und Eisenstadt und schließlich in der eigenen Ordination in Weiz.

Die drei Mitglieder der Musikalischen Mediziner spielen durchwegs anspruchsvolle Literatur auf konzertreifem Niveau. Ihre Übungstaktiken, aber auch ihre musikalischen Präferenzen unterscheiden sich jedoch wesentlich voneinander: Michaela Pinkas und Paul Pavek lieben es klassisch – im weiteren Sinne, der auch Romantik oder etwa Neoklassizismus mit einschließt. Weingrill ist Jazzer, bestreitet traditionellerweise den zweiten Teil des Konzerts und holt sich dazu eine Band mit auf die Bühne. Den Abschluss der Darbietungen bildet ein Stück zu zweit, manchmal sogar zu dritt, an zwei Klavieren. Pavek und Weingrill nehmen regelmäßig Klavierstunden, Pinkas übt lieber für sich und besonders intensiv unter dem Druck des bevorstehenden Konzerts.

 

Dreimal verschoben

Die Auswahl der Literatur obliegt im Wesentlichen den drei Ärzt*innen selbst, wobei sie von Professor Stelzmüller auch beraten werden – und hin und wieder ein Stück vorgelegt bekommen, das die Profipianistin für passend hält. „Halb-halb“, meint Paul Pavek, erfolge die Literaturauswahl. Er hat beim heurigen Konzert im Juni, das dreimal verschoben werden musste, zweimal pandemiebedingt und einmal wegen einer Terminkollision mit dem Prima-la-Musica-Wettbewerb, und welches das erste seit Beginn der Pandemie war, Beethovens Mondscheinsonate dargebracht – obwohl gerade erst aus dem Krankenhaus entlassen. „Eigentlich wollte ich schon absagen, habe es dann doch durchgezogen und die Kritiker meinten, ich hätte noch nie so gut gespielt.“ Neben Beethoven greift er bevorzugt zu Mozart und Schubert. Auf seinem musikalischen Wunschzettel steht auch noch, einmal ein Stück von Rachmaninow zur Aufführung zu bringen.

Michaela Pinkas interpretiert „am liebsten sentimentale, melodische Stücke mit viel Gespür für das Feine“. Zu ihren Lieblingskomponisten zählen Frédéric Chopin und Franz Liszt, aber sie hat auch schon Stücke von Bedřich Smetana in Weiz aufgeführt. Ihre musikalischen Zukunftspläne umfassen neben Chopin noch Werke ihres Landsmannes Bohuslav Martinů.

 

Feiner Kontrast

Einen feinen Kontrast dazu stellen die musikalischen Vorlieben von Günter Weingrill dar: „Ich mag die Literatur von 1920 bis 1980, als die Musik noch aus wiedererkennbaren Melodien bestand und weniger Elektronik umfasste.“ Derzeit erweitert er sein Repertoire gerade um Samba, Rumba und Bossa Nova, wo das Klavier eher perkussiven Charakter hat. Seine Abkehr von der klassischen E-Musik erfolgte über einen Ausflug auf Klarinette und Saxophon, weil er unbedingt in einer Big Band spielen wollte. Erst als Erwachsener, als die Kinder aus dem Haus waren, erlernte er bei Andrea Waldeck an der Weizer Musikschule, wie sich das Klavier in die Big-Band-Formation einbringen lässt. „Als Pianist ist man ja gemeinhin Autist, übernimmt selbst Bass und Melodie. Ich musste erst lernen, in der Mittellage zu bleiben und den Bassisten nicht zu stören.“ Drei- bis viermal pro Jahr besucht er einen Jazzpiano-Workshop und spielt im kleineren Rahmen auch mit seiner Band bei Veranstaltungen.

 

Zwei von drei aus Prag

Reiner Zufall ist es, dass zwei der drei Arzt-Pianist*innen aus Prag stammen und erst im Erwachsenenalter nach Weiz kamen. Pinkas hatte ihr Medizinstudium in Prag bereits beendet, musste aber nach der Ausreise aus der kommunistisch regierten Tschechoslowakei in Wien noch einmal den Teil ab dem zweiten Rigorosum absolvieren. Nach Weiz kam sie schließlich der Liebe wegen. Auch bei Pavek führte der Weg von Prag zunächst nach Wien und erst dann nach Weiz, woher seine Großmutter – eine Klavierlehrerin – stammt. Heute pendelt er zwischen Weiz und seinem Ferienhaus in Spanien, wo ein E-Piano dafür sorgt, dass er auf sein tägliches Übungspensum von rund eineinhalb Stunden kommt. Weingrill, der einzige, in dessen Familie es bereits eine ärztliche Tradition gab, hat in Graz Medizin studiert und dann in Anger bei Weiz eine „Sozialpraxis am Land“, wie er sie bezeichnet, eröffnet, die erst heuer im Juni ihre Pforten geschlossen hat. Pinkas übergab ihre kinderärztliche Praxis kurz vor Ausbruch der Pandemie an die Nachfolgerin; Pavek ist bereits seit mehr als zehn Jahren im Ruhestand. Als langjähriger Mitorganisator der Grazer Fortbildungstage blieb er allerdings höchst aktiv: Über viele Jahre hat er nicht nur nach geeigneten ärztlichen Referent*innen gefahndet, sondern auch musikalische Abende mit internationalen Künstler*innen organisiert.

 

„Der Tag endet friedlich“

Ob sie an die heilende Kraft der Musik auf die Seele glauben? „Auf alle Fälle“, antwortet Pavek ganz spontan. „Ja – und ich kenne so viele musikalisch begabte Mediziner“, erzählt Pinkas. „Ich weiß nicht, warum das so ist. Die Musik ist wohl ein guter Ausgleich.“ Das bestätigt Weingrill aus persönlicher Erfahrung: „Es gibt so Tage, an denen läuft einfach alles schief. Wenn ich mich dann am Abend mit Kopfhörern ans E-Piano setze und spiele, brauche ich keine Entspannungstherapie und kein Yoga, dann ist nach eineinhalb Stunden aller Ärger vergessen und der Tag endet friedlich.“

 

Fotos: Gery Wolf




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