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AERZTE Steiermark 05/2022

Wandelnder im Seelenraum zwischen Zypressen und Zirben

Der weststeirische Unfallchirurg Luis Tax hat sich nicht nur auf Daumenrekonstruktionen spezialisiert, sondern auf dem heimischen Anwesen über Bärnbach auch seinen grünen Daumen entdeckt. Und wenn man es genau nimmt, zudem seinen grauen Daumen.

Ursula Scholz

„Das Ergebnis muss passen.“ Nich dieser Devise operiert der Unfallchirurg Luis Tax seit mehr als vier Jahrzehnten und gestaltet gemeinsam mit seiner Frau unter professioneller Unterstützung seit gut dreißig Jahren kontinuierlich seinen Garten am Weingartsberg. Sechstausend Quadratmeter Grund auf einem Kögerl über Bärnbach, in knapp 800 Metern Seehöhe mit Blick auf die Gleinalm haben sich mit der Zeit zu seinem ganz persönlichen Seelenraum entwickelt. „Als ich den Grund gekauft habe, war mir klar: Da muss man was draus machen – und ich will einen Garten, der die umgebende Landschaft mit einbezieht“, erzählt Tax von den Wurzeln seiner gärtnerischen Leidenschaft. „Wir haben Hügel und Buchten gestaltet, aber keine Wunden geschlagen“, betont er. Beraten wurde das Ehepaar Tax vom „Garten-Philosophen“ Alfred Zenz, der gleich zu Beginn das außergewöhnliche Mikroklima am Grundstück anhand des Bewuchses diagnostiziert hat: Wo von Natur aus Steinpilze, Hainbuchen und Edelkastanien wachsen, so Zenz, sei das Klima ähnlich wie im Südtiroler Meran. Dieser Erkenntnis verdankt der Tax´sche Garten seine südländische Note mit Feigen, Eukalyptus und Zypressen, die hier in Harmonie neben den alpinen Zirben und Latschen gedeihen. Noch heute dauert auf diesem Fleckchen Erde die Phase der Entfaltung an, obwohl Tax schon jetzt eine Stunde lang seine Gartenanlage durchschreiten kann, ohne einen Weg zweimal gehen zu müssen.


Grüner und grauer Daumen

So sehr Tax Pflanzen liebt, so sehr haben es ihm daneben auch die Steine als gestalterisches Element angetan. Er verfügt sozusagen nicht nur über einen grünen, sondern auch über einen grauen Daumen. Im Laufe des heurigen Jahres wird eine weitere Trockenmauer entstehen; sechs Tonnen Felsbrocken sollen unter Tax´ Argusaugen platziert werden. Im Laufe der Jahre hat er nämlich nicht nur seine Freude am Planen und Plänezeichnen entdeckt und kultiviert, sondern zudem erkannt, dass sein in der Chirurgie verfeinertes räumliches Vorstellungsvermögen auch in der Konstruktion von Steinmauern von Nutzen ist.

Seine erste Begegnung mit der Materie Stein war jedoch eher prosaischer Natur: Beim Aushub für das Wohnhaus fielen große Mengen an Gestein an. Wunderschöne naturgeformte Exemplare, viel zu schade, um sie auf die Deponie bringen zu lassen. So wurden sie zum Baumaterial für die begrünte Garage, die sich unscheinbar an den Hang schmiegt, sodass sie fast zu übersehen ist. Im Laufe der Jahre erweiterten liebevoll gesammelte steinerne Artefakte wie ein Tisch aus Granit, Blöcke von Zebragneis bis hin zu einem Stein-Torbogen aus dem 16. Jahrhundert das Tax´sche Lapidarium. Den Torbogen verwendete er als Eingang zu seinem Gartenhäuschen, das Tochter Anna Maria als ersten Auftrag in ihrer Rolle als Architektin geplant hat.


„Wäre ein umtriebiger Wirt …“

Weder Medizin noch Gartengestaltung waren in Luis Tax´ ursprünglichem Lebensplan vorgesehen, denn seine Familie sah ihn schon als Wirt im Bärnbacher Gasthof Tax, der sich seit dem Jahr 1900 in Familienbesitz befindet. „Ich wäre ein guter, ein umtriebiger Wirt geworden“, ist er überzeugt. „Ich singe gerne, spiele Harmonika und gehe auf die Leute zu. Ich habe schon als Bub im Gasthaus die Gäste unterhalten, während sich meine Mutter nach dem Mittagsgeschäft ausgeruht hat.“ Doch gegen Ende seiner Gymnasialzeit im Grazer Marieninstitut änderte eine Schnuppervorlesung an der Universität seine Lebensrichtung und er studierte Medizin. Nach wie vor ist er „sehr mit dem Gasthaus verhaftet“, das aufgrund seiner alternativen Berufswahl aber verpachtet ist.

Die Entscheidung für die Chirurgie fiel Luis Tax leicht. „Ich hatte eine große Neigung zur plastischen Chirurgie und hatte das Glück, dass mein Arbeitgeber AUVA dieses Interesse sehr gefördert hat.“ So war Tax 37 Jahre lang am Grazer UKH tätig, konnte sich dort auf Mikrochirurgie spezialisieren und wurde zu dem renommierten Handchirurgen ausgebildet, der als einziger in Österreich spezielle Daumenrekonstruktionen durchgeführt hat. Dafür durfte er in Laibach, London und Shanghai lernen und hat jene Anerkennung im Beruf erfahren, die ihn für ständige Rufbereitschaft und unerwartete nächtliche Einsätze entschädigt hat. „Während meiner aktiven Berufslaufbahn habe ich nicht einmal einen Kaffee getrunken“, erzählt er. „Damit ich immer eine ruhige Hand habe, egal wann ich gebraucht werde.“ Heute gönnt er sich hin und wieder einen Cappuccino – obwohl der mittlerweile zum Obermedizinalrat Ernannte auch im Alter von 73 Jahren noch eine Privatordination führt und im Sanatorium operiert. Allerdings weiß er da im Vorhinein, wann eine OP ansteht. Ab und an assistiert ihm sein jüngerer Sohn, der kürzlich sein Medizinstudium beendet hat; der ältere befindet sich bereits in der Facharztausbildung für Orthopädie und Traumatologie.


Der Natur auf die Sprünge helfen

Zwölf-Stunden-OPs wie seinerzeit bei der Daumenrekonstruktion könnte er heute keine mehr durchführen, konstatiert Tax, obwohl er sich weiterhin fit hält. Präzises Arbeiten ist für ihn nach wie vor die Mindestanforderung. Wünscht jemand von ihm eine Behandlung, die er nicht seinen hohen Ansprüchen entsprechend durchführen kann, lehnt er ab. „Ich sage stets zu meinen Patienten: Sie wollen Erfolg haben – und ich will Erfolg haben. Chirurgen sind keine Zauberer, sie können nur der Natur auf die Sprünge helfen. Oftmals geht es nicht ohne Operation.“ Diese Umsicht begleitet ihn auch bei der Gartenarbeit, bei der er sich noch nie eine Handverletzung zugezogen hat. Und das nicht etwa, weil er nicht tatkräftig zupacken würde. Als er beschlossen hat, seine geschotterten Gartenwege durch ein Metallband von der Rasenkante zu trennen, griff er auch selbst zum Winkelschleifer. Nur das schwere Heben – beispielsweise die Bauteile seiner 300 Kilo schweren Steinlaterne im japanischen Garten – überlässt er mittlerweile anderen.

Heilung im Gesunden

Ein „Gefühl für´s Leben“, so Tax, sei sowohl in der Chirurgie als auch im Garten vonnöten. „Heilung ist nur im gesunden Gewebe zu erzielen – das muss man erkennen können, ob da noch etwas wird oder nicht. So ist es auch bei den Pflanzen.“ Auch sei der Erdboden wie das menschliche Gewebe „herzurichten“, bevor man mit der eigentlichen Arbeit beginnen könne. „Als Unfallchirurg darf man keine Mimose sein“, lautet eine etwas anders geartete Verbindung, die er zwischen seinen beiden Arten von Expertise herstellt.

„Unfallchirurgen haben Respekt vor Defekten“, sinniert er. Fehlt nach einer Verletzung ein völlig zerstörter Körperteil, sei es wichtig, aus dem Verbleibenden ein ästhetisches Ganzes zu gestalten. Während im OP schnell eine Entscheidung zu treffen ist, wie Defekte zu füllen sind, hat Tax im Garten Zeit. Immer wieder entsteht ein neuer Mikrokosmos – neben dem bäuerlich angehauchten Hausgarten, der Teichanlage mit Wasserfall, dem japanischen Garten und dem mediterranen Südhang gibt es einen Schattengarten, eine Kakteenecke und diverse lauschige Plätze zum Verweilen.

Jedes der Mikrorefugien trägt einen Namen: Poetenplatzerl, beim Steintisch, Frühstücksplatzerl, weil dort die Morgensonne hinscheint. „Und wenn mich meine Frau anruft und fragt, wo ich bin, und ich sage, ich sitze am Zenz-Bankerl, weiß sie Bescheid.“

 

Fotos: Tax




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