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AERZTE Steiermark 03/2021

 

Impfstoff bald im Überfluss?

Solange es weniger Impfstoff gibt als verlangt, sind Priorisierungen und Drängeleien aller Art kaum befriedigend in den Griff zu bekommen. Es spricht aber vieles dafür, dass die Zeit des Mangels ein Ablaufdatum hat. Die Frage ist nur welches. Darauf gibt es keine verlässliche Antwort.

Martin Novak

Mit 2. März wurde in der Steiermark die Bevölkerung geimpft. Und zwar diejenige, die daheim lebt und nicht in Pflegeheimen. Aber streng nach Priorisierung. Daher kommen jene, die 85 Jahre und älter sind, zuerst dran. 27.000 Dosen BioNTech/Pfizer standen dafür zur Verfügung. Gut 19.400 (72 Prozent) wählten sich ihre Vertrauensärztin oder ihren Vertrauensarzt zum Impfen. Genau genommen sogar 22.000 – also 85 Prozent. Rund 2.500 wurden aber in eine der 22 öffentlichen Impfstraßen umgeleitet, weil die Anmeldeplattform des Landes namens „Hippo“ (Apronym von Human-Impf-Planungs-Plattform) nur durch 6 teilbare Impflingszahlen bei einer Mindestbestellmenge von 18 Impfdosen akzeptierte – oder die Bestellung nicht zur vollen Zufriedenheit der Anmeldeplattform abgeschlossen wurde. Die kleinste Abweichung vom software-gerechten Vorgehen führte anfangs bereits dazu, dass impfwillige Menschen in eine der 22 öffentlichen Impfstraßen des Landes Steiermark verschoben wurden.

 

Erzürnte Ärztinnen und Ärzte

Derartige Ungereimtheiten erzürnten so manche betroffene Ärztinnen und Ärzte, sicher auch viele Patientinnen und Patienten, die wegen dieser Systemzwänge um ihre erwünschte hausärztliche Impfung umfielen.

Dazu kamen weitere Unzulänglichkeiten, für die kein Computer verantwortlich gemacht werden konnte: Etwa die späte Verständigung Impfstoff zustellender Apotheken, die Ausklammerung ärztlicher Hausapotheken oder Kalamitäten bei Transporten von immobilen Personen – offiziell mit überlasteten Ressourcen der Krankentransportorganisationen erklärt.

 

Bedeutung der Vertrauensärztinnen und -ärzte erkannt

Aber immerhin: Das Impfen außerhalb starrer Organisationen ging los. Und – was man nicht vergessen darf – wie kein anderes Bundesland setzte die Steiermark auf die Vertrauensärztinnen und Vertrauensärzte. Eine kluge Entscheidung, schließlich heißen sie Vertrauensärztinnen und -ärzte, weil ihnen die Menschen vertrauen – auch beim Impfen.

Auch die Performance spricht für die starke Einbeziehung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Sie schaffen deutlich mehr Impfungen pro Stunde (15 bis 20) als die öffentlichen Impfstraßen des Landes, die bei der Altersgruppe 85+ mit zwölf Impfungen pro Stunde kalkulieren. Woher kommt der Unterschied? Schlüssige Antwort: Weil die Niedergelassenen ihre Patientinnen und Patienten gut kennen, funktionieren die Impfaufklärung und die Feststellung der Impftauglichkeit schneller als in den Straßen, wo Ärztinnen und Ärzte auf für sie unbekannte Patientinnen und Patienten treffen. Auch verfügen niedergelassene Ärztinnen und Ärzte über gut eingespielte Teams. Das trägt zur Flüssigkeit der Impfabwicklung sehr wesentlich bei.

 

Ohne Impfstoff geht nichts

Aber selbst die besten „Impf“-Ärztinnen und -Ärzte sind ohne Impfstoff hilflos. Und beim Impfstoff haperte es lange, auch wenn die öffentlichen Stellen von der EU-Kommission bis zur Republik Österreich und zum Land mit Milliarden, Millionen und Tausendern nur so um sich warfen.

Eine Anfrage von AERZTE Steiermark beim Gesundheitsministerium führte nach einigen Erinnerungen immerhin dazu, dass per E-Mail die Zahlen aus dem Impf-Dashboard via Copy & Paste übermittelt wurden. Also hier die Zahlen (Stand 2. März 2021): Österreich wird bis Ende März 1.937.435 Dosen von den drei zuerst zugelassenen Impfstoffen erhalten. Auf die Steiermark würden dann (bezogen auf den Bevölkerungsanteil von rund 14 Prozent) 271.241 Dosen entfallen.

 

9,2 Millionen Dosen

Die ZiB-Nachrichten des ORF veröffentlichten am gleichen Abend, an dem die (nicht sehr befriedigende) Antwort auf die AERZTE Steiermark-Anfrage kam, eine Grafik: Demnach bekäme Österreich bis Ende Juni 2021 9,2 Millionen Dosen Impfstoff. Nach der 14-Prozent-Formel erhielte die Steiermark bis zur Jahresmitte also 1,288 Millionen Dosen. Laut Impfkoordinator Michael Koren werden es aber „voraussichtlich“ „nur“ rund eine Million (für etwa 500.000 Menschen) sein. Differenz: 288.000 Dosen.

 

Impfstoff Nummer 4 vor Zulassung

Da gibt es aber noch das „Janssen“-Problem. Der Impfstoff von Janssen Pharmaceuticals (im Eigentum von Johnson & Johnson) soll ja noch im März 2021 das europäische Zulassungsverfahren abgeschlossen haben. Sollte es positiv ausfallen, stünden laut Europäischer Kommission 400 Millionen Dosen für die 27 EU-Länder zur Verfügung, davon nach dem Bevölkerungsschlüssel (2 %) 8 Millionen für Österreich und damit 1,12 Millionen für die Steiermark.

Dieser Impfstoff, der auch nicht durch 2 geteilt werden müsste, weil nach bisherigen Darstellungen eine einzige Impfung ausreicht, war aber in den Berechnungen des Landes Steiermark noch nicht berücksichtigt.

Tut man das, gäbe es in den nächsten Monaten aber Impfstoff für 1,52 Millionen Steirerinnen und Steirer – obwohl die Steiermark weniger als 1,25 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner hat. Also wird es Impfstoff für fast 274.000 Menschen mehr geben, als in der Steiermark leben. Das sollte ausreichen, auch wenn man von einer hundertprozentigen Impfbeteiligung und davon ausgeht, dass auch alle Kinder und Jugendlichen, die jünger als 16 Jahre sind, geimpft werden (was laut derzeitigen Zulassungsbestimmungen nicht möglich ist).

 

Keine Gewissheit

Wo liegt dann das Problem, könnte man fragen. Die Antwort: Es ist noch nicht gewährleistet, dass der vierte Impfstoff tatsächlich zugelassen wird und darüber, wann die Impfstoffe geliefert werden, gibt es keine Gewissheit. Aber: Angesichts der allgemeinen und nicht unbegründeten Ungeduld darf man mit Recht vermuten, dass es frühestmöglich sein wird.

Dann aber haben alle Spielarten von Priorisierungen keine Daseinsberechtigung mehr. Dann wird man auch darüber nachdenken können – ja müssen –, ob die Impfstoffbeschaffung in den Normalmodus wechselt. Wie bei Influenza, MMR & Co …

 

Bei Verdacht: Meldung

Ursache Impfung laut BASG meist ausschließbar.

Wenn Menschen Nebenwirkungen in zeitlicher Nähe einer COVID-19-Impfung vermuten, führt es zu einer Meldung an das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG). Ein großes Thema ist das nicht. Zwischen 27. Dezember 2020 und 12. Februar 2021 kamen auf mehr als 377.000 dokumentierte Impfungen 1.489 Meldungen von vermuteten Nebenwirkungen. Das ist weniger als ein halbes Prozent. Bei schwerwiegenden Fällen konnte ein kausaler Zusammenhang zwischen Impfung und „Nebenwirkung“ bereits weitgehend ausgeschlossen werden.

Laut BASG-Bericht betrafen 1.384 Nebenwirkungsmeldungen die 365.039 BioN­Tech/Pfizer-Impfungen, 46 die 8.057 Impfungen mit Moderna-Impfstoff und 59 die 3.961 AstraZeneca-Impfungen. Daraus ergeben sich für BioNTech/Pfizer Meldungen für 0,379 % der Impfungen, für Moderna in 0,571 % der Impfungen und für AstraZeneca in 1,49 Prozent. Im Schnitt sind es 0,395 Prozent.

„Wenn Impfstoffe an sehr viele Personen verabreicht werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass nach einer Impfung Beschwerden auftreten, die nicht durch die Impfung, sondern durch andere Ursachen, wie eine zeitgleich oder kurz danach aufgetretene andere Erkrankung, ausgelöst wurden“, betont das BASG.

1.132 Meldungen (rund 76 %) kamen übrigens von Frauen, 351 von Männern. Bei 6 Meldungen konnte das Geschlecht vorerst nicht eruiert werden. Daraus lässt sich jedoch nicht unbedingt ableiten, dass Frauen weit öfter „Meldung machen“ als Männer. Es gibt einfach deutlich mehr Frauen als Männer unter den Geimpften.

Die am häufigsten gemeldeten Reaktionen laut BASG waren Kopfweh (584 Meldungen), Fieber (542) und Müdigkeit (401). Erst danach kamen Schmerzen an der Impfstelle mit 391 Meldungen.

21 Todesfälle in zeitlicher Nähe zu einer Impfung gegen COVID-19 wurden dem BASG gemeldet. Allerdings konnte in 15 Fällen ein Zusammenhang mit der Impfung völlig oder weitgehend ausgeschlossen werden. Bei 6 Fällen war die Abklärung zum Berichtszeitpunkt noch nicht abgeschlossen bzw. konnten keine weiteren Informationen eingeholt werden. „Bis dato gibt es keine Hinweise auf einen Zusammenhang mit der Impfung, die Untersuchungen laufen weiter“, so der Bericht.

Eine Erklärung für die Todesfälle ist laut BASG, dass speziell zu Beginn der Impfaktion hauptsächlich hochbetagte Personen geimpft wurden. Basierend auf der Hintergrundinzidenz sei „mit einem Todesfall pro 290 Personen dieser Altersgruppe (80 Jahre und älter) innerhalb einer Woche, unabhängig von einer Impfung, zu rechnen.“

 

Fotos: Adobe Stock, Schiffer




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