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„Gigantisch, was zurückkommt“

Ärztinnen und Ärzte zu finden, die §2-Kassenstellen für Allgemeinmedizin übernehmen wollen, wird zunehmend schwieriger. Aber für so manche war es die richtige Entscheidung. Gute Vorbereitung, Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen und ein hohes Arbeitsethos sind der Schlüssel zum Erfolg. Der Lohn: dankbare Patientinnen und Patienten.

Martin Novak

Dem Land gehen die Ärztinnen und Ärzte aus. Oder genauer: Dem Land gehen die Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner aus, die eine §2-Kassenpraxis führen wollen. Dass das kein künstliches Schreckensszenario, sondern die schlichte Realität ist, zeigen die Ergebnisse der letzten Ausschreibungen, wie sie in der Mai-Ausgabe von AERZTE Steiermark veröffentlicht wurden. Für drei von sieben §2-Kassenstellen für Allgemeinmedizin fanden sich keine Bewerbungen.

Aber es geht auch anders. Es gibt sie, die Ärztinnen und Ärzte, die aus der Anstellung in die Niederlassung gehen. Zwei davon sind Martina Schuchnig und Michael Adomeit, die etwas gemeinsam haben: Beide waren im LKH Wagna auf einer Stationsarztstelle beschäftigt, beide arbeiteten im mobilen Palliativteam, bevor sie sich um Stellen in Judenburg (Schuchnig) und Birkfeld (Adomeit) bewarben.

Ihre Motive für den Wechsel klingen ähnlich: Sie loben das selbstständige Arbeiten, hatten aber das Gefühl, wie es Adomeit ausdrückt, „den beruflichen Zenit“ für eine Stationsärztin oder einen Stationsarzt erreicht zu haben. Schuchnig hebt aber auch das Positive hervor: Die Tätigkeit sei „sehr erfüllend“ gewesen, sie habe sich „schon als Hausärztin gefühlt“. Sie betont auch „die gute Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten“.

Und dann die eigene Praxis im Murtal: „Am Anfang war es hart“, sagt sie, aber nach den ersten acht Monaten ist alles viel leichter geworden.
Was die Arbeit als niedergelassene Allgemeinmedizinerin ausmache, sei „die enge Verbindung zu den Patienten“, sagt Martina Schuchnig. Und sie schwärmt fast: „Was von den Leuten zurückkommt, ist gigantisch.“
„Nur lustig“ sei es aber trotzdem nicht: Die Kasse wirke für sie antiquiert, am Anfang habe sie mit den späten Zahlungen zu kämpfen gehabt. Auch den Mangel an niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten in ihrer Region sieht sie als Problem. Und: „Die Kommunikation mit den Spitalsärzten ist verbesserungswürdig“, beklagt sie, auch weil diese selbst überlastet wären. Deswegen, so Schuchnig, seien „die Patienten arm“, die „von Pontius zu Pilatus geschickt“ werden.

 

Von den Vorgängern lernen

Direkt am Marktplatz von Birkfeld hat Michael Adomeit mit Oktober 2015 seine Praxis eröffnet:  Der Gemeinderat, so berichtete die Kleine Zeitung, habe eine Förderung von 14.000 Euro für die Praxiseinrichtung beschlossen – in der gleichen Sitzung, in der auch 300.000 Euro für die Neuanschaffung eines Feuerwehrfahrzeuges auf der Tagesordnung standen.
Bei Adomeit sind die 14.000 Euro aber nie angekommen, wie er betont. Denn für den Betrag hätte er zwei kostenlose Nachtdienste pro Woche machen müssen.
Wogegen er sich verwehrte: „Das ist eine Dienstleistung, keine Subvention.“

Es ging auch so. Ein Grund dafür ist, dass er mit dem vorherigen Inhaber der Planstelle (nicht der Praxis), Josef Lechner, ein sehr gutes, informelles Übernahme-Arrangement gefunden hat. Vier Monate konnte er mit dem älteren Kollegen arbeiten und dessen Patientinnen und Patienten kennenlernen, bevor er seine eigene Praxis eröffnete.
Auch dank der exzellenten Zusammenarbeit mit den anderen Allgemeinmedizinern, den Fachärzten, aber auch der Physiotherapie und der Ergotherapie ist er mit seiner Entscheidung sehr zufrieden. Die Situation „ist für die Patienten hervorragend“, sagt Adomeit: „Man muss zwar viel arbeiten, aber das weiß man ja“, analysiert er trocken.

Alexander Moussa hat schon während des Studiums und im Turnus gewusst, was er werden will: niedergelassener Kassenarzt für Allgemeinmedizin. In seinem Fall hat der familiäre Hintergrund eine wichtige Rolle gespielt. Genau das und Distriktsarzt war sein Vater in Pöllau. Er wusste also schon von Jugend an, was der Beruf bedeutet und konnte sich auch entsprechend vorbereiten. „Ich habe schon im Turnus Diplome gemacht, die mir in der Allgemeinmedizin-Praxis helfen – Ernährungsmedizin, Geriatrie, Palliativmedizin, Schularztdiplom – in der Freizeit, auf eigene Kosten“, erzählt er.

Viel gelernt habe er bei Vertretungen, wie er es machen möchte, aber auch, wie er es nicht machen will. Wichtig war die Region: Pöllau ist es letztlich nicht geworden, aber die Bezirkshauptstadt Hartberg, die nur rund 15 Kilometer entfernt liegt. Und eine Partnerin, die die Praxis mitträgt und auch akzeptiert, dass Terminvereinbarungen manchmal Opfer einiger Hausbesuche mehr werden können.
Einzige verlockende Alternative in der Ausbildung („Angebote gab es natürlich“) wäre für ihn die Innere Medizin gewesen, „aber die kann ich in der Allgemeinmedizin auch leben“. In seiner Praxis bietet er – gratis natürlich, weil ja in der Allgemeinmedizin nicht verrechenbar – Ultraschall an. Ein Schwerpunkt sind auch Vorsorgeuntersuchungen.

 

Gute Zusammenarbeit

Summa summarum will und kann er „die Allgemeinmedizin leben, wie sie es sich verdient“, resümiert Moussa. Dass es weitgehend klaglos funktioniert, hängt auch mit den engagierten arrivierten Kollegen und den guten Strukturen in der Region zusammen. Was auch geschätzt wird: „Wir konnten bis jetzt jede Stelle nachbesetzen – im Gegensatz zu anderen Regionen, auch wenn es wenige Bewerber gibt“, freut sich der 34-Jährige.

„Zusammenarbeit ist das Wichtigste“, betont Moussa. Die Diensträder sind gut eingespielt, die Bereitschaftsdienste beginnen bereits mit Ordinationsende. Das sei möglich, „weil sich die Ärzte gut verstehen“.
Sie könnten sogar noch enger zusammenrücken, wenn es Formen der Zusammenarbeit gäbe, „die wirtschaftlich gut lebbar sind“, ist Moussa überzeugt. Die Patienten würden sich das jedenfalls wünschen.
Auch andere Verrechnungsformen, etwa „eine Betreuungspauschale mit Leistungskomponenten“, seien wünschenswert. Er selbst habe zwar wirtschaftlich alles gut im Griff, es gehe aber nur über die Fallzahlen. „Fünf Patienten wie der Bergdoktor“, könne er nicht betreuen.
Die große Herausforderung für die Zukunft dieser Allgemeinmedizin: Vertreter finden, die Gefallen am Beruf haben – viele, die es probieren, gingen nämlich bald wieder ins Spital zurück.

Uwe Bauer wird am 1. August eine Allgemeinmedizinpraxis übernehmen, für die schon lange vergeblich Bewerberinnen oder Bewerber gesucht wurden – in Eisenerz. Was ihn von anderen unterscheidet: Bauer kennt die Region, hat drei Jahre im Spital gearbeitet und weiß: „Es ist eine gut funktionierende Stadt“, auch wenn die Einwohnerzahl von fast 13.000 im Jahr 1951 auf knapp 5.000 zurückgegangen ist. „Aber für die nächsten 30 Jahre ist Eisenerz jedenfalls ein guter Standort und die Zahl der Planstellen geht ja auch zurück.“

Das Wissen um die Region aus eigener Anschauung und nicht aus Medienberichten verbindet Bauer und Moussa. Weswegen der eine in Eisenerz und der andere in Hartberg seinen beruflichen Lebensmittelpunkt gefunden hat.


Fotos: Conclusio, Shutterstock, beigestellt




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