AERZTE Steiermark | Februar 2023

Fortbildung Foto: Shutterstock Niemand ist gerne dick – trotzdem werden immer mehr Menschen adipös. Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner sind als Vertrauenspersonen zumeist die ersten Ansprechpartner für Menschen, die abnehmen wollen oder aus gesundheitlichen Gründen ihr Gewicht reduzieren sollten. Sie begleiten ihre Patient:innen oft vom vorsichtigen Ansprechen der Problematik bis zur langfristigen Therapie der assoziierten Erkrankungen. „Der beste Anlass für ein Gesprächsangebot zum Thema Gewichtsmanagement bietet sich im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung“, erklärt die Endokrinologin Elisabeth Lerchbaum, die sich unter anderem auf Adipositas-Management spezialisiert hat. „Da liegen auch alle relevanten Blutwerte aktuell vor.“ Der BMI alleine, betont Lerchbaum, sei noch kein verlässlicher Marker für ein „gesundes“ Gewicht. Ein Sportler, der regelmäßig Krafttraining absolviert, kann auch einen BMI von 27 haben und dabei nicht zu dick sein; ein körperlich total inaktiver Mensch kann bei einem BMI knapp unter 25 schon einen bedenklichen Körperfettanteil aufweisen. Lebensstil bringt 3–5 % „Neben dem BMI ist der Bauchumfang als Kennzeichen der zentralen Adipositas zu beachten, bestimmt werden sollten zumindest die Blutfette, Nüchternblutzucker, HbA1c, die Leberwerte und der Blutdruck“, empfiehlt Lerchbaum. Zusätzlich sollen hormonelle Disbalancen ausgeschlossen werden, also jedenfalls die Schilddrüsenhormone kontrolliert werden, bei Männern auch das Testosteron. Bei Vorliegen von Komorbiditäten müsse das Gewicht bereits ab einem BMI von ≥25 gesenkt werden. Viele von Lerchbaums Patient:innen haben schon einen langen Leidensweg hinter sich, haben durch Diäten ihren Grundumsatz gesenkt oder durch kohlenhydratarme Diäten ihr Darmmikrobiom auf ungünstige Weise verändert. Die meisten sind jedoch hochmotiviert, wenn sie bei ihr ärztliche Hilfe suchen. Diese kann auf vielfältige Weise erfolgen – von der Unterstützung bei einer LebensstilÄnderung über medikamentöse Behandlung bis hin zur bariatrischen Chirurgie. „Weniger essen, mehr Bewegung“, lautet auch heute noch vielfach die unzulängliche Empfehlung an adipöse Menschen. Zahlreiche Ratschläge zur Gewichtsreduktion mittels Diäten seien zudem schlichtweg falsch, so die Endokrinologin, da brauche es professionelle Begleitung. „Realistisch ist ein Verlust von drei bis fünf Prozent des Körpergewichts durch Lebensstiländerung, also durch gesunde Ernährung, mindestens 150 Minuten moderaten Ausdauersport pro Woche plus zusätzliches Krafttraining. Wer nach ein bis zwei Jahren Lebensstiländerung keine fünf Prozent Gewichtsreduktion erreicht hat, sollte über Alternativen nachdenken“, erläutert Lerchbaum. Zulassung erweitert Bei einem höheren BMI, Komorbiditäten oder SchwieModernes Adipositas-Managemen Die ärztliche Begleitung adipöser Menschen erfordert viel Feingefühl. Daneben auch hausärztliches Engagement, interdisziplinäre Zusammenarbeit und Geduld. Hoffnung geben neue Medikamente, wie die Endokrinologin Elisabeth Lerchbaum, Vortragende bei den Seminaren im März, erklärt. 28 Ærzte Steiermark || 02|2023 Adipositas resultiert weder aus Faulheit noch aus Charakterschwäche. Sie ist eine chronische Erkrankung.

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