Previous Page  8 / 60 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 8 / 60 Next Page
Page Background

COVER

8

ÆRZTE

Steiermark

 || 09|2017

MARTIN NOVAK

Ginge es nur um die Zunei-

gung der Patientinnen und

Patienten, bräuchte man sich

um die klassischen Haus­

ärztinnen und Hausärzte

überhaupt keine Sorgen zu

machen. Sie werden von den

Menschen geliebt. Aber so

einfach ist es nicht. Auch die

(künftigen) Ärztinnen und

Ärzte müssen wollen. Und

die sind laut einer auch in

Publikumsmedien breit re-

ferierten Studie des Instituts

für Allgemeinmedizin und

evidenzbasierte Versorgungs-

forschung der Medizinischen

Universität Graz (Leitung An-

drea Siebenhofer-Kroitzsch)

nicht so enthusiastisch wie

die Bevölkerung.

Grundlage der Studie unter

der Leitung der Allgemein-

medizinerin Stephanie Pog-

genburg und des Psychologen

Alexander Avian vom Institut

für Medizinische Informa-

tik, Statistik und Dokumen-

tation ist eine Vollbefragung

der Studierenden und der in

Turnusausbildung stehen-

den Ärztinnen und Ärzte in

Österreich. Zum Vergleich

wurden auch Studierende in

Deutschland und Slowenien

befragt. Der Rücklauf betrug

fast 17 Prozent bei den ös-

terreichischen Studierenden

und knapp 10 Prozent bei

den Ärztinnen und Ärzten.

Noch ist die Auswertung nicht

abgeschlossen, aber erste Er-

gebnisse konnte Poggenburg

bei einem Pressegespräch mit

Fotos: Shutterstock, Privat

Dem öffentlichen Gesundheitswesen

gehen die Ärz-

tinnen und Ärzte aus. Die Medizinische Universität Graz hat

untersucht, was junge Medizinerinnen und Mediziner davon

abhält, Hausärzte werden zu wollen.

Zeit für Wertschätzung

Bundeskurienobmann ÖÄK-

Vizepräsident Johannes Stein-

hart, Allgemeinmedizin-Bun-

dessektionsobmann Edgar

Wutscher und Turnusärzte-

Bundessektionsobmann Karl-

heinz Kornhäusl Mitte August

bereits vorstellen.

„Es wurden Meinungen ab-

gefragt“, betont Poggenburg

im Gespräch mit AERZTE

Steiermark. Demnach sei

auch die medial weit ver-

breitete „Kernaussage“, dass

nur zwei Prozent der Studie-

renden (aber 16 Prozent der

Turnusärztinnen und -ärzte)

Allgemeinmediziner werden

wollen, zu präzisieren: „Zwei

Prozent sind sich ganz sicher,

dass sie Allgemeinmediziner

werden wollen, rund 50 Pro-

zent können es sich neben

anderen Präferenzen generell

auch vorstellen“, so die Stu-

dienleiterin. Die Ergebnisse

für die Turnusärztinnen und

-ärzte seien mit einer gewissen

Vorsicht zu genießen, weil

wegen des Umfragetitels jene

mit Affinität zur Allgemein-

medizin sich möglicherweise

eher angesprochen fühlten.

Also, das ist die gute Nach-

richt, es sind nicht nur zwei

Prozent der österreichischen

Medizin-Studierenden für die

Allgemeinmedizin ansprech-

bar, das wären weniger als 300

Personen. Tatsächlich sind es

an die 7.000 Medizinerinnen

und Mediziner. Dennoch

bleibt es eine Herkules-Aufga-

be, eine genügend große Zahl

tatsächlich für die Allgemein-

medizin, für die Kassenmedi-

zin und die Stellen am Land

zu gewinnen.

Allein in der Steiermark, so

eine vorsichtige Prognose auf

Basis der Ärztekammerda-

ten, werden bis 2019 an die

150 Kassenstellen zu besetzen

sein. Wie viele es genau sind,

weiß natürlich niemand, da ja

jede einzelne Ärz-

tin, jeder einzel-

ne Arzt selbst ent-

scheidet, ob er oder

sie bereits mit 65 Jahren

in Pension geht oder noch

einige Jahre anhängt. Nicht

so wenige werden das voraus-

sichtlich tun, das derzeitige

Pensionsantrittsalter steiri­

scher Ärztinnen und Ärzte

liegt laut Ärztekammer bei

67 Jahren.

Wer aber nur auf die Allge-

meinmedizin und nur aufs

Land schaut, blickt nicht weit

genug. Denn fast die Hälfte

(rund 45 Prozent) der wahr-

scheinlich vakant werdenden

Stellen sind Facharztstellen

und ein erheblicher Teil wird

in Graz und in steirischen

Städten zu besetzen sein –

also nicht „am Land“ im klas-

sischen Sinne. Das Phänomen,

dass auch Facharztstellen in

mehr oder minder urbanen

Räumen nicht einfach zu be-

setzen sind, zeigt sich bereits

jetzt – man denke nur an

die Stellen für Kinder- und

Jugendheilkunde in Bruck an

der Mur, Deutschlandsberg

oder Leoben.

Laut der aktuellen Studie sind