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ÆRZTE
Steiermark
|| 06|2017
NIEDERGELASSENE ÄRZTINNEN UND ÄRZTE
Der ganz normale Praxiswahnsinn
Kompetenzen
Vor mir sitzt Frau G. und jammert, dass ihre sinusitischen
Kopfschmerzen kein bisschen besser geworden wären. Voller
Mitgefühl frage ich, ob die verordnete Medikation wohl auch
eingenommen würde.
„Ja, ich nehm die Tabletten ganz brav“, meint sie. „Allerdings
nicht so, wie Sie mir die aufgeschrieben haben.“ „So????“ Ich
hatte Ibuprofen 600 mg, drei Mal täglich rezeptiert, da die
Schmerzen arg sind und die Dame nicht ganz schlank ist –
für mich die notwendige Mindest-Dosierung. „Ja, wissen Sie,
die Apothekerin hat das Rezept gesehen und gemeint, dass
das viel zu viel wäre. Sie hat gemeint, eine halbe Tablette in
der Früh und eine halbe am Abend wären mehr als genug.
So nehme ich das jetzt auch.“
Mir wird klar, warum der Kopfschmerz nicht besser wird.
Meiner übrigens auch nicht. Ich erfrage den Namen der
Apotheke, um nach der Ordinationszeit dort anzurufen. Die
Apotheke ist zwar keine meiner „Hauptapotheken“, aber
nahe genug im Bezirk, dass es mir wichtig ist, dass solche
Dinge bei meinen Patienten nicht wieder passieren. Als ich
anrufe, ist der Konzessionsinhaber nicht zu erreichen. Aber
der Juniorchef sei da, heißt es. Also werde ich durchgestellt.
Der Junior, ein Pharmazeut in Ausbildung, hört sich mein
Anliegen an. Ich sage auch, dass ich durchaus froh bin, wenn
meine Rezepte noch mal behirnt würden. Aber so bitte nicht.
Er gesteht mir zu, dass das nicht ganz richtig gelaufen sei,
erklärt aber dann, dass sie als Pharmazeuten ja genug Fach-
kompetenz hätten, um bei Rezepten selber zu entscheiden,
wie sie das Medikament ausgeben würden. „Für mich ist
das ein bisserl zu viel Fachkompetenz“, erwidere ich. Gibt
er weiter, meint er. Und da er mich in unserem Gespräch
bereits drei Mal Frau Stelzl genannt hat, reißt mein Gedulds-
faden. Ich frage ihn nach seinen akademischen Titeln. Hat er
keinen. „Dann haben Sie aber auch nicht das Recht, meinen
Doktor wegzulassen!“ Darauf meint er patzig: „Das hat jetzt
aber gar nichts mit dem aktuellen Problem zu tun!“ „Nein,
das nicht. Aber mit guter Erziehung!“ (Und mit Intelligenz –
schließlich bin ich die mit dem Rezeptblock.)
Dr. Ulrike Stelzl ist niedergelassene Ärztin für Allgemein
medizin.
Mehr von ihr gibt es im Buch „Hallo Doc! 2
Anekdoten aus der Sprechstunde“ (erhältlich auf Amazon).
PRAKTISCH
TÄGLICH
Von Ulrike Stelzl
Neu: Tarife für Lebens
versicherungsuntersu
chungen
Auf Grund der erfolgten In-
dexanpassung per 01.01.2017
wurden die Tarife für Lebens-
versicherungsuntersuchungen
wie folgt angehoben:
Ärztliches Attest für Le-
bensversicherungen (Groß-
er Untersuchungsbefund):
€ 147,90 (von 145,--)
Arztauskunft über anam
nestisch bekannte Daten
(1 Seite): € 40,82 (von 40,--)
Beilage von Befundkopien
zur Arztauskunft pauschal:
€ 10,00 (unverändert)
Gruppenpraxen hält er für
eine gute Chance, ärztliches
Teamwork stabil aufzustellen.
Aber auch andere Modelle
haben je nach Region und
individuellen Bedürfnissen
gleichrangig ihre Berechti-
gung.
Ein wichtiges Ziel sieht er in
offensiven Verhandlungen mit
der steirischen Gebietskran-
kenkasse: Viele Ärztinnen
und Ärzte haben das Ver-
trauen in die Krankenkassen
und das öffentliche Gesund-
heitswesen verloren, so seine
Diagnose. Wenn das wie-
derhergestellt werde – durch
Wertschätzung, Respekt und
Norbert Meindl ist der neue
Obmann der Kurie Nieder-
gelassene Ärzte. Er tritt die
Funktion als Nachfolger von
Jörg Garzarolli, der sich in die
Pension zurückgezogen hat,
zu einem Zeitpunkt an, an
dem hitzig über die Primär-
versorgung debattiert wird.
Meindl ist überzeugt davon,
dass der Versuch, alles über
einen Leisten zu scheren, zum
Scheitern verurteilt ist: „Wir
brauchen Konzepte, die für
die Region und die Menschen
in der Region passen, nicht
das eine Konzept, das allen
übergestülpt wird“, so sein
Leitmotiv.
In der Kurie
Niedergelassene Ärzte gilt das
Prinzip Offensive. Dazu gehört auch die Neuge-
staltung des Kassensystems.
Neues Team
in der Kurie
Niedergelassene
Ärzte