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Foto: Privat

Ærzte

Steiermark

 || 12|2016

15

Wöchentlich zum

Schnitzen getroffen

Kieninger betrieb in Dallas

das „Bavarian Wood Car-

ving-Studio“, das Krejs eines

Tages zufällig entdeckte. Um-

gehend schrieb er sich in

einen Kurs ein. Zwar hatte

Krejs als Kind gerne gebastelt,

zu schnitzen begonnen hat er

jedoch erst in Dallas. Da traf

er sich über Jahre hinweg all-

wöchentlich – wenn er nicht

gerade auf einem Ärztekon-

gress war – mit einem Kreis

honoriger Schnitzerlehrlinge,

darunter ein Dermatologe,

ein Rechtsanwalt und ein

College-Professor. Auch zu

diesen Kommilitonen pflegt

er heute noch den Kontakt,

während er sich nach seiner

Rückkehr nach Österreich

nie wieder einer schnitzenden

Gruppe angeschlossen hat.

Nun pendelt Krejs zwischen

Graz, wo er unter der Woche

auch nach seiner Emeritie-

rung viel Zeit auf der Klinik

verbringt, und seinem Wo-

chenend-Refugium in Krems

an der Donau. In Krems steht

auch – nach ihrer Verschif-

fung in die USA und dem

kleinweisen Rücktransport

im Handgepäck – die Krip-

pe, die seit einigen Jahren

ganzjährig installiert bleibt.

Früher hat es drei bis vier

Tage gedauert, sie aufzustel-

len. Jetzt wird nur das Moos

erneuert und es kommt Jahr

für Jahr mindestens eine wei-

tere Figur dazu, die Krejs

selbst geschnitzt hat. „Ich

lasse mich gerne von Szenen

aus Gemälden inspirieren.

Die fotografiere ich dann, ver-

größere oder verkleinere die

Figur auf dem Foto auf zwölf

Zentimeter, das Standardmaß

meiner Krippenfiguren, und

schnitze dann nach dieser

Vorlage.“

Zu einem runden Geburtstag

hat ihm das Klinikteam einen

Vorrat an Lindenholzklötzen

in der richtigen Größe ge-

schenkt – der Anzahl seiner

Lebensjahre entsprechend.

Das Holz wird möglicher-

weise für Krejs᾽ restliches

Leben reichen und auch an

Werkzeug mangelt es nicht:

„Ich hab mehr Schnitzeisen als

Zeit“, erklärt er mit Bedauern.

Auch im heurigen Jahr ist sich

nur eine neue Figur ausge-

gangen: Eine junge Frau, die

ihrem heimkehrenden Mann,

einem Fischer, ihren neugebo-

renen Säugling hinhält. Einige

Figuren hat auch Schnitz-

meister Kieninger nach Kre-

js´ Wünschen geschaffen:

die Wolgatreidler sowie die

Kopien der ursprünglichen

Krippenfiguren für die beiden

Söhne in Amerika.

Lepos in praesaepio

Längst beschränkt sich Krejs´

Krippe nicht mehr auf die

Darstellung der Geburt Jesu

und die Anbetung der Hirten

und Könige, wobei die Erwei-

terung des Figurenrepertoires

durchaus mit Humor erfolgt:

Da beißt eine Gans einen

Mann in seinen Allerwer-

testen, dort verweigert ein

Pferd den Sprung über den

Zaun und der Reiter folgt

dem physikalischen Gesetz

der Trägheit …

Sogar Erzherzog Johann hat

einen Platz in der Krippe be-

kommen – und repräsentiert

dort nicht das einzig Stei-

rische: „Ein Kollege hat ein

Schilddrüsensymposium ver-

anstaltet und die Einladung

mit einer Hirtenfigur mit

Kropf bebildert. Die muss-

te ich unbedingt für meine

Krippe nachschnitzen.“

Doch es ist nicht nur so, dass

die Medizin Eingang in die

Krejs´sche Krippe gefunden

hat – die Krippe wurde auch

zur Attraktion für die texa-

nische Medizinerschaft. „In

Dallas haben wir alljährlich

eine Krippenparty veranstal-

tet, zu der neben unseren

Freunden auch der Bischof

von Dallas gekommen ist“,

erzählt Krejs.

Menschen zusammenzubrin-

gen ist Krejs aber nicht nur

um seine Krippe gelungen. Er

war es, der verschiedene inter-

nistische Fachgesellschaften

letztlich zur UEG, zur United

European Gastroenterology,

zusammengeführt und die

alljährliche UEG Week ini-

tiiert hat. Kamen zur ersten

UEG Week immerhin schon

tausend Expertinnen und Ex-

perten, waren es heuer 16.000.

Für sein unermüdliches En-

gagement um die europäische

Gastroenterologie wurde Krejs

daher kürzlich mit dem Life-

time Achievement Award der

UEG ausgezeichnet.

Auch die mährischen Fami-

lienwurzeln hält Krejs beruf-

lich in Ehren: als Vizepräsi-

dent der Sudetendeutschen

Akademie der Wissenschaf-

ten und Künste mit Sitz in

München sowie als Leiter der

dortigen Naturwissenschaft-

lichen Klasse.