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Ærzte

Steiermark

 || 07_08|2015

Foto:

Barrierefrei

Rampen. Diese Maßnahme

verursacht oft die höchsten

Kosten und wirft die bren-

nendsten bautechnischen Fra-

gen auf. „Hier ist Kreativität

gefragt“, betont Robert Jan-

sche, Leiter des Bereiches Bau-

technik und Gestaltung beim

Land Steiermark. „Manchmal

lässt sich ein Hintereingang

stufenlos umbauen, ein Lift

im Treppenauge installieren

oder ein Treppenplattformlift,

ähnlich einem Schrägaufzug,

errichten. Um gute Lösungen

zu finden, muss man sich die

Gegebenheiten vor Ort an-

schauen.“

Erreichen Menschen im Roll-

stuhl – und das sind bundes-

weit immerhin 50.000 –, mit

Rollatoren oder Kinderwagen

einmal die Ordination, erfor-

dert ihre spezielle Situation

auch erweiterte Türbreiten,

Raum zum Rangieren des

Kinderwagens oder Roll-

stuhls sowie entsprechende

Abstellplätze. An der Rezep-

tion sorgt ein abgesenkter,

unterfahrbarer Bereich für

problemlose Kommunikati-

on mit kleinen Menschen

oder Rollstuhlfahrenden. Ein

Freiraum für Rollstühle im

Warteraum signalisiert: Hier

ist Platz für mich.

Nächster neu r a lg ischer

Punkt: Das WC. Damit es

RollstuhlfahrerInnen benut-

zen können, braucht es nicht

nur einen erhöhten Sitz und

ein unterfahrbares Wasch-

becken, sondern auch Min-

Im Jahr 2005 legte das Bundes-

behindertengleichstellungsge-

setz (BGStG) fest, dass alle für

die Öffentlichkeit bestimmten

Güter und Dienstleistungen

auch für Menschen mit Be-

hinderung nutzbar gemacht

werden sollen, sonst liege Dis-

kriminierung vor. Während

Ordinationsneubauten bereits

seit 2006 barrierefrei gestaltet

sein müssen, impliziert die

Bestimmung für bestehen-

de Praxen, dass Menschen

mit Behinderung, die sich

durch mangelnde Barriere-

freiheit diskriminiert sehen,

sich ab Jänner 2016 für ein

Schlichtungsverfahren ans

Bundessozialamt wenden

können. Ausnahme: Wenn

die Beseitigung von Barrieren

rechtswidrig wäre, wenn das

Gebäude, in dem sich z.B.

eine Arztpraxis befindet unter

Denkmalschutz steht, oder

auch wenn die Beseitigung der

Barrieren einen unverhältnis-

mäßig großen Aufwand be-

dingen würde. Nutznießer von

barrierefreiem Zugang sind

aber nicht nur Menschen mit

Behinderung, sondern auch

Eltern von Kleinkindern oder

Patientinnen und Patienten,

die vorübergehend – beispiels-

weise nach einer Knie- oder

Augen-OP – in ihrer Mobili-

tät oder Sinneswahrnehmung

eingeschränkt sind.

Erster Gedanke: Lift

Die erste Assoziation, die der

Begriff Barrierefreiheit weckt,

ist wohl das Umgehen von

Stufen durch Liftanlagen und

destmaße von 165 mal 215

cm. „Platz für ein Behinder-

ten-WC kann auch dadurch

geschaffen werden, dass WC

und Waschraum zusammen-

gelegt werden“, schlägt Jan-

sche vor.

Fachrichtung bedingt

Ausstattung

Rollstuhltauglichkeit allein

macht eine Ordination al-

lerdings noch nicht barrie-

refrei. Dazu gehören auch

Erleichterungen für Men-

schen mit Sinnesbeeinträch-

tigung. Die Mehrzahl dieser

Anpassungen ist sogar relativ

einfach und kostengünstig

umzusetzen: beginnend mit

der kontrastreichen Beschil-

derung in großer Schrift, über

den ausreichenden farblichen

Unterschied zwischen Boden

und Wand, bis zur Kenntlich-

machung von Glaswänden.

Die erforderlichen Kontrast-

punkte an hellen Wänden

wurden vermutlich schon

intuitiv installiert – durch

das Aufhängen von Bildern.

Derartige Maßnahmen sind

kein Minderheitenprogramm:

Immerhin leben in Österreich

300.000 Menschen mit einer

Sehbehinderung.

„Auf welche Weise die Bar-

rierefreiheit umzusetzen ist,

hängt natürlich auch von der

Art der Ordination ab“, er-

klärt der Experte des Landes

Steiermark: „In einer augen­

ärztlichen Praxis wird ein

Leitsystem für stark Sehbe-

hinderte erforderlich sein.“

Bei den meisten anderen

Arztpraxen reicht es, wenn

eine Mitarbeiterin oder ein

Mitarbeiter aktiv Hilfe anbie-

tet und die betroffene Person

auf Wunsch durch die Räum-

lichkeiten begleitet.

Hörbehinderte können im

Warteraum abgeholt statt auf-

gerufen werden. Nur bei ho-

hem Aufkommen an vermin-

dert hörfähigen Patientinnen

und Patienten empfiehlt es

sich, eine induktive Höranla-

ge zu installieren. Nicht alles

muss technisch gelöst wer-

den, um dem Gesetz Genüge

zu tun: oft finden sich auch

menschliche Lösungen.

Den Weg in die Praxis ebnen

Mit Anfang 2016

sind ärztliche Ordinationen nach Möglichkeit

barrierefrei zu gestalten. Damit ist allerdings nicht nur Schwel-

lenlosigkeit gemeint, sondern etwa auch die Erreichbarkeit und

Nutzbarkeit der Praxis für Menschen mit Sinnesbeeinträchti-

gungen. Um bestmögliche Lösungen zu finden, sollten barrie-

refreie Umbauten mit Fachleuten gemeinsam geplant werden.

ÖÄK-Broschüre

zu Barrierefreiheit

für Ordinationen:

Downlad unter:

www.aekstmk.or.at