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Ærzte

Steiermark

 || 06|2015

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Die 129 Zeitungen der Regional Medien Austria

(in der Steiermark die WOCHE) haben dieser

Tage eine Leserumfrage abgeschlossen. Demnach

fühlen sich bereits drei Viertel der Menschen von

Rationierung durch die Krankenkassen betroffen.

95 Prozent sehen einen Ärztemangel auf sich zu-

kommen und sie kennen auch die Ursachen. Zu

wenig Kassenstellen in einzelnen Bereichen, zu

viel Bürokratie, die Zeit für den Patientenkontakt

raubt und allgemein schlechte Arbeitsbedin-

gungen für Ärztinnen und Ärzte.

Mit ihren Ärztinnen und Ärzten sind die Men-

schen zufrieden, nur der Zeitmangel und die Öff-

nungszeiten werden kritisch gesehen.

Damit ist bestätigt: Nicht nur wir Ärztinnen und

Ärzte fordern entsprechende Reformmaßnahmen,

Gruppenpraxen, Job-Sharing, einen zeitgemäßen

Leistungskatalog … auch die Bevölkerung hat

längst erkannt, dass es einen Reformstau gibt, der

schadet.

Statt hier aber mutige Schritte zu setzen, die den

Menschen überall im Land nützen, wird punktuell

Primary Health Care gespielt und ansonsten die

Last für die Ärztinnen und Ärzte weiter erhöht.

Selbst eine Steuerreform, die als Entlastung ange-

priesen wurde, trägt (noch) mehr Bürokratie und

Belastung in die Arztpraxen.

Es wird Zeit, dass endlich mutige Politikerinnen

und Politiker sowie „kundenorientierte“ Repräsen-

tantinnen und Repräsentanten der Krankenkassen

aufstehen und auf jene hören, die sie zu vertreten

vorgeben.

Sonst wird zwar nicht die Gesundheitsversorgung

zusammenbrechen, sie wird aber in guter Qualität

reine Privatsache werden. Die bekommen aber nur

jene, die sie sich auch leisten können.

Vizepräsident Dr. Jörg Garzarolli

ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte.

Es wäre ungerecht, die geplante Steuerreform 2015 insgesamt zu

verurteilen. Die Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer ist

eine spürbare Entlastung, leider nur vorerst, denn eine Valorisie-

rung ist nicht vorgesehen. Daher ist zu befürchten, dass die kalte

Progression wieder zuschlagen und die Erleichterungen inner-

halb weniger Jahre auffressen wird.

Und der Preis, den die Steuerzahler dafür zu leisten haben, ist

hoch: Das gesamte Projekt durchzieht der Generalverdacht, dass

wir alle potenzielle Betrüger wären. Die Finanzbehörden sollen

nahezu uneingeschränkt und unkontrolliert Einblick in alle

Konten bekommen. Dagegen regt sich

mittlerweile schon heftiger Widerstand,

auch bei den politischen Entschei-

dungsträgern selbst.

Das Betrugsthema betrifft in zwei wich-

tigen Punkten aber ganz konkret den

Gesundheitsbereich. Spitäler immer –

und niedergelassene Ärztinnen und Ärzte immer dann, wenn sie

eine Patientin oder einen Patienten nicht kennen – sollen dazu

gezwungen werden, deren bzw. dessen Identität zu überprüfen.

Das bedeutet, die e-card ist nicht genug, es braucht zusätzlich

einen Ausweis.

Statt also die e-card zu verbessern, etwa mit einem Foto, wie

schon lange gefordert, müssten dann Ärztinnen und Ärzte bzw.

deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Schwäche der Karte

ausgleichen. Das bedeutet dann noch mehr Bürokratie, die den

Staat nichts kostet. Ärztinnen und Ärzte werden zu Hilfs-Finanz-

polizisten. Dagegen läuft die Ärztekammer Sturm. Wir haben jetzt

schon zu wenig Zeit für unsere Patientinnen und Patienten.

Ein zweiter Punkt ist die Lizenz zum „Mystery Shopping“ für

die Krankenversicherungen: Eigenes Personal mit eigens dafür

angefertigten e-Cards sollen, anders kann man es nicht nennen,

Ärztinnen und Ärzte zum Betrug anstiften. Damit sich das auch

auszahlt, wünscht sich der Hauptverband deutlich schärfere

Sanktionen.

Das sind in einer Zeit des Ärztemangels und der Leistungsein-

schränkungen verheerende Signale aus der Politik. Es ist zu hof-

fen, dass der Gesetzgeber bei diesem üblen Spiel nicht mitspielt

und laut Nein dazu sagt.

Dr. Herwig Lindner ist Präsident der Ärztekammer Steiermark

und ÖÄK-Steuerreferent.

extra

Weiterer Kurienbericht ab Seite 38.

Jörg Garzarolli

Die Menschen wollen

richtige Reformen

debatte

Fotos: Ärztekammer Steiermark/Schiffer, Rothwangl, Grafik: Mirko Maric´

Standortbestimmung

Herwig Lindner

Der hohe Preis für kleine

Entlastungen