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Ærzte

Steiermark

 || 06|2015

Fotos: Bundesärztekammer

COVER

dent der deutschen Bundes­

ärztekammer, Ulrich Mont-

gomery in einem Interview

für das Deutsche Ärzteblatt.

Und erinnerte daran, dass die

Schweigepf licht Grundlage

der Vertrauensbasis sei, „auf

der sich ein Patient einem

Arzt überhaupt nur öffnen

kann“. Das Ergebnis wäre,

dass gerade die kritischen

Patienten nicht mehr ver-

trauensvoll die Hilfe eines

Arztes aufsuchen und dass

darüberhinaus auch unwah-

re Angaben zur Berufsaus­

übung in das eigentlich doch

so wichtige geschützte Pati-

ent-Arzt-Verhältnis Eingang

fänden. „Deswegen besteht

zurzeit überhaupt gar kein

Grund, über etwas Derartiges

zu diskutieren“, argumen-

tierte Montgomery. „Durch

politische Schnellschüsse, wie

die Einrichtung von Exper-

tenkommissionen oder die

Aushöhlung der Schweige-

pflicht“, werde versucht, ein

Gefühl der Pseudosicherheit

zu schaffen.

Vertrauensverhältnis

Der Deutsche Psychothera-

peutentag (DPT) reagierte

mit einer Resolution auf die

Debatte: „Eine wirksame Psy-

chotherapie gründet auf einer

tag im Mai wurde über die

Schweigepflicht gesprochen.

Unter anderem vom Präsi-

denten der gastgebenden Lan-

desärztekammer, Gottfried

von Knoblauch zu Hatzbach:

„Die ärztliche Kunst liegt

nicht nur in der Operation

oder in der hochtechnischen

Diagnostik, sondern auch im

Abwägen der vorhandenen

Möglichkeiten, im vertrau-

ensvollen Gespräch mit dem

Patienten, in der Zuwendung

und Fürsorge.“ In diesem

Zusammenhang müsse auch

Überlegungen zur Lockerung

der ärztlichen Schweigepflicht

eine Absage erteilt werden:

„Die Schweigepflicht ist eine

conditio sine qua non für ein

vertrauensvolles Patient-Arzt-

Verhältnis“, sagte von Knob-

lauch zu Hatzbach.

Der Ärztetag fasste gleich

mehrere Beschlüsse zum The-

ma. Dabei ging es nicht nur

prospektiv um die Bewah-

rung der ärztlichen Schwei-

gepflicht, sondern auch um

die Kritik an Durchsuchungs-

beschlüssen von Arztpraxen,

die im Zuge der Ermittlungen

nach dem Absturz erwirkt

wurden:

„Die ärztliche Schweigepflicht

vertrauensvollen Beziehung

zwischen Patient und Psycho-

therapeut. Patienten müssen

sicher sein, dass ihr Therapeut

zum Schweigen über alle Um-

stände und Inhalte der Be-

handlung verpflichtet ist. Die

gesetzlich und berufsrecht-

lich geregelte Schweigepflicht

schützt die Individualsphäre.

Das Vertrauensverhältnis bie-

tet auch die Chance, von einer

Selbst- und Fremdgefährdung

zu erfahren und Hilfe zu

ermöglichen. Die Schweige-

pflicht ist kein absolutes Ge-

bot. Sowohl im Strafrecht, als

auch in der Berufsordnung

sind Ausnahmen vorgesehen,

um Patienten davor zu bewah-

ren, sich selbst oder andere zu

gefährden. Die Abwägung

darüber, ob dies es rechtfer­

tigt, Informationen an andere

weiterzugeben, muss jedoch

eine Entscheidung des behan-

delnden Psychotherapeuten

im Einzelfall bleiben.“

Auch beim Deutschen Ärzte-

zählt zu den Kernbereichen

ärztlicher Berufsethik; sie gilt

auch über den Tod des Pati-

enten hinaus. Ärzte dürfen nur

dann Auskunft geben, wenn

sie insbesondere gesetzlich

dazu ausdrücklich verpflich-

tet sind, wenn sie von ihrem

Patienten von der Schweige-

pflicht entbunden worden sind,

oder wenn die Offenbarung

zum Schutze eines höherwer-

tigen Rechtsgutes nötig ist. Der

118. Deutsche Ärztetag lehnt

eine vor dem Hintergrund der

germanwings-Katastrophe in

die Diskussion gebrachte wei-

tere Lockerung der ärztlichen

Schweigepflicht strikt ab. Er-

krankte müssen die Möglich-

keit haben, sich ihrem Arzt

im vertraulichen Gespräch

zu öffnen. Der 118. Deutsche

Ärztetag fordert zudem eine

rechtliche Aufarbeitung der

von der Staatsanwaltschaft

Düsseldorf nach der Flug-

zeugkatastrophe erwirkten

Durchsuchungsbeschlüsse von

Arztpraxen. Der Respekt vor

der Schweigepflicht gilt nicht

nur für Ärzte, sondern auch

für Gerichte und Ermittlungs-

behörden.“

Noch ein brisantes Thema

wurde angesprochen, näm-

lich das von (auch ärztlichen)

„Politische

Schnellschüsse“

Ulrich Montgomery

Abstimmung beim

118. Deutschen

Ärztetag: gegen

Lockerung der

ärztlichen Schwei-

gepflicht.