 
          Ærzte
        
        
          Steiermark
        
        
           || 10|2014
        
        
          11
        
        
          cover
        
        
          Noch immer wird laviert. Die
        
        
          48-Stunden-Woche ist ja nicht
        
        
          nur eine rechtliche Vorgabe,
        
        
          sondern der tiefe Wunsch
        
        
          vieler Ärztinnen und Ärzte.
        
        
          Das Argument, es gäbe nicht
        
        
          genug Ärztinnen und Ärzte,
        
        
          um die Arbeitszeiten mensch-
        
        
          licher zu gestalten, führt in
        
        
          eine Todesspirale. Weil die
        
        
          Arbeitsbedingungen so sind,
        
        
          wie sie sind, gehen Ärztinnen
        
        
          und Ärzte weg. Dadurch wer-
        
        
          den die Bedingungen für die
        
        
          Verbliebenen noch härter,
        
        
          deswegen suchen auch sie
        
        
          nach Alternativen …
        
        
          Die so genannte Opt-out-Re-
        
        
          gelung, die für die kommen-
        
        
          den Jahre mit individueller
        
        
          Zustimmung der einzelnen
        
        
          Dienstnehmerinnen und
        
        
          Dienstnehmer, im Rahmen
        
        
          einer Betriebsvereinbarung
        
        
          längere Arbeitszeiten ermög-
        
        
          licht, hat wenige Anhänger
        
        
          und viele Kritiker. Vom zu-
        
        
          ständigen Spitalslandesrat
        
        
          Christopher Drexler, der un-
        
        
          ter Budget-Einsparungsdruck
        
        
          steht, hört man wiederholt,
        
        
          dass er sich einen Lohnaus-
        
        
          gleich nicht vorstellen kann.
        
        
          Die Dienstrechtsverhand-
        
        
          lungen zwischen KAGes und
        
        
          Ärztekammer bzw. Betriebs-
        
        
          rat laufen konstruktiv, aber
        
        
          immer wieder tauchen Stol-
        
        
          persteine auf.
        
        
          Österreich im
        
        
          Hintertreffen
        
        
          Dabei geht es hier nicht um
        
        
          die klassische Auseinander-
        
        
          setzung zwischen Arbeit-
        
        
          nehmern und Arbeitgebern,
        
        
          es geht darum, den Ärztinnen
        
        
          und Ärzten Gründe zu geben,
        
        
          nicht aus dem Beruf zu gehen
        
        
          und nicht ins Ausland.
        
        
          Wie gut die Gründe sind,
        
        
          zeigt aber ein europäischer
        
        
          Vergleich der Spitalsärzte-
        
        
          gehälter, den das Deutsche
        
        
          Krankenhausinstitut gemein-
        
        
          sam mit der Unternehmens-
        
        
          beratungsgesellschaft KPMG
        
        
          2011 angestellt hat: In allen
        
        
          Kategorien und Gehaltsstufen
        
        
          liegt Österreich ganz weit hin-
        
        
          ten, Länder, wie die Schweiz
        
        
          und Deutschland dagegen
        
        
          immer weit vorne.
        
        
          Auch der innerösterrei-
        
        
          chische Wettbewerb wird
        
        
          härter: Manche Bundeslän-
        
        
          der, wie Vorarlberg, haben
        
        
          bereits kräftig nachgebessert,
        
        
          um den Braindrain Richtung
        
        
          Schweiz zu stoppen – mit
        
        
          Erfolg, andere, wie Salzburg
        
        
          oder Oberösterreich, arbeiten
        
        
          an ähnlichen Strategien.
        
        
          
            raz
          
        
        
          
            Montanuniversität Leoben
          
        
        
          EUR 119.841
        
        
          
            Universität Mozarteum Salzburg
          
        
        
          EUR 153.768
        
        
          
            Technische Universität Graz
          
        
        
          EUR 83.856
        
        
          Die Zeit wird also immer
        
        
          knapper: Junge Ärztinnen
        
        
          und Ärzte, die ihre Ausbil-
        
        
          dung anderswo beginnen,
        
        
          verlegen in den meisten Fäl-
        
        
          len auch ihren Lebensmit-
        
        
          telpunkt dorthin. Spezialist
        
        
          innen und Spezialisten, die
        
        
          offensiv abgeworben werden,
        
        
          kommen nur selten zurück –
        
        
          und wenn doch, dann auch
        
        
          nur, um ihr Berufsleben in der
        
        
          Heimat ausklingen zu lassen.
        
        
          Der ehemalige Präsident der
        
        
          steirischen Ärztekammer,
        
        
          Dietmar Bayer, hat es so for-
        
        
          muliert: „Wir erleben gerade
        
        
          die Kernschmelze des öffent-
        
        
          lichen Gesundheitswesens.“
        
        
          Was man in einem solchen
        
        
          Fall zu tun hat, wissen wir
        
        
          spätestens seit dem Unglück
        
        
          im japanischen Kernkraft-
        
        
          werk Fukushima: Man braucht
        
        
          Kühlwasser, nicht nur sehr
        
        
          viel, sondern auch rechtzeitig.
        
        
          Umgelegt auf das steirische
        
        
          Gesundheitswesen: Man muss
        
        
          die Arbeitsbedingungen auf
        
        
          allen Ebenen entscheidend
        
        
          verbessern, und zwar jetzt.
        
        
          
            Wirtschaftsuniversität Wien
          
        
        
          EUR 43.792
        
        
          nen und Mediziner sind am wertvollsten
        
        
          (solange sie studieren)
        
        
          Quelle: Stat. Handbuch der Universitäten 2013
        
        
          Quelle: Ärztekammer Steiermark
        
        
          hr
        
        
          
            g
          
        
        
          
            2010
          
        
        
          
            2011
          
        
        
          
            2012
          
        
        
          
            2013
          
        
        
          
            2014
          
        
        
          (extrapoliert auf das gesamt Jahr)
        
        
          
            136
          
        
        
          
            148
          
        
        
          
            163
          
        
        
          
            176
          
        
        
          
            162
          
        
        
          Aus der Liste geflogen …
        
        
          Weit mehr als 700 steirische Ärztinnen und Ärzte unter 55
        
        
          Jahren sind von 2010 bis 2015 aus der steirischen Ärzteliste
        
        
          gefallen, über 43 Prozent davon Turnusärztinnen und -ärzte.