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Ærzte
Steiermark
 || 10|2013
Foto: Schiffer
„Ich fühle mich bestens integriert“
Nadja Bieder aus Deutschland
studiert seit
2009 in Graz Medizin. Die 24-Jährige kann sich
vorstellen zu bleiben, wünscht sich dafür aber
Veränderungen in der Ausbildung.
Robert Ernst-Kaiser
„Noch so ein Numerus-Clau-
sus-Flüchtling“, bekam die
aus dem deutschen Hettstedt
stammende Nadja Bieder, die
sich im vorigen Sommerse-
mester als eine von insge-
samt 457 Studierenden aus
Deutschland an der Med-Uni
Graz eingeschrieben hatte (si-
ehe Kasten), gleich am ersten
Tag von ihrem Sitznachbarn
an der Uni in Graz zu hören.
„Das war aber das einzige Mal,
dass ich Derartiges gehört
habe. Ich fühle mich hier
in Graz bestens integriert“,
schmunzelt die 24-Jährige
und sieht in der „Flucht“ vor
dem Studium nach Graz
nichts verwerfliches. Im Ge-
genteil: „Ich verstehe, wenn
sich jemand ärgert und sagt,
dass man nur zur Ausbildung
hierher kommt und dann
wieder geht. Das ist aber nicht
nur ein Problem der Me-
dizin. Fachkräfte zu halten,
ist in ganz Europa in vielen
Branchen ein Problem. Da-
her ist jeder gezwungen, die
Attraktivität der Ausbildung
und Arbeitsplätze zu sichern.
Außerdem: Mein Freund und
ich können uns gut vorstellen,
dass wir in Österreich bleiben.“
Dafür muss sich für Bieder in
der Ausbildung aber Einiges
ändern. Sie selbst tendiert zur
Fachärztin für Allgemein-
medizin, und genau darin
sieht sie ein großes Problem.
„Nachdem es im Moment da-
für hier keine Ausbildung gibt,
ist es für mich auch schwierig
zu bleiben. Diese Ausbildung
kann der Turnus einfach nicht
ersetzen.“ Zum Vergleich: In
Deutschland sind in der Aus-
bildung zum/zur Allgemein-
mediziner/in 18 Monate in
einer Lehrpraxis Pflicht.
Auch für den umgekehrten
Weg, dass Studierende aus Ös-
terreich nach der Ausbildung
ins Ausland tendieren, zeigt
Bieder vollstes Verständnis.
Der Mangel an Ärztinnen und
Ärzten, vor allem in ihrem
Heimat-Bundesland Sachsen-
Anhalt, ist eklatant. Bieder:
„Es musste ein komplettes
Kreisklinikum zugesperrt
werden. Nicht weil es keine
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