Ærzte
Steiermark
 || 02|2014
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Viel gäbe es am Kassengesamtvertrag zu reformie-
ren. Die Reihungsrichtlinien sind kritisch zu hinter-
fragen, Zusammenarbeitsformen sind in lebbarerer
Form zu gestalten und aufzunehmen, gar nicht zu
reden von der Neugestaltung des Leistungskatalogs.
In den diesjährigen Verhandlungen sind diese
Themen natürlich angesprochen worden, nur leider
ohne unmittelbar greifbares Ergebnis. Der Tarifan-
passungsfaktor, der zum Tragen kommt, wenn kei-
ne Einigung möglich ist, trat also sozusagen an die
Stelle eines echten Verhandlungsergebnisses. Da er
aber in Ordnung ist, und mit 2,58 Prozent deutlich
über der Inflationsrate von 2,0 Prozent liegt, ist das
zu verschmerzen. Das hat auch die außerordent-
liche Kurienversammlung so gesehen.
Zufrieden geben wir uns damit aber nicht: Für das
Thema Jobsharing (Teilung eines Kassenvertrages,
um Teilzeitarbeit zu ermöglichen) gibt es bereits
Vorstellungen, die der GKK übermittelt wurden.
In vielen anderen Fragen, von der landärztlichen
Versorgung, über die Integration (und die Verhin-
derung der Ausschließung) der hauptberuflichen
Wahlärztinnen und Wahlärzte bemühen wir uns
intensiv um die Weiterentwicklung. Die Moderni-
sierung des Leistungskatalogs begleitet uns laufend
als zentrales Thema. Es gibt also keinen Grund
zum Jubeln, aber auch keinen, nicht an die Reform-
fähigkeit des Systems zu glauben: Allerdings wird
eine moderne Krankenkasse sich dazu durchringen
müssen, zu akzeptieren, dass nicht alles kostenneu-
tral möglich ist, und dass man inhaltliche Reformen
nicht immer an wirtschaftliche Vorteile knüpfen
kann.
Es geht um die Stärkung der wohnortnahen Versor-
gung. Das ist der gesellschaftspolitische Auftrag für
die sozialen Krankenversicherungen – mehr noch
als für die Ärztinnen und Ärzte.
Vizepräsident Dr. Jörg Garzarolli
ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte.
Man soll es positiv sehen: Im Jänner hat das Land Steiermark die
Realität akzeptiert, nämlich dass die Arbeitsbedingungen für die
Notärztinnen und Notärzte eklatant von den arbeitsrechtlichen
Bestimmungen abweichen. Die Aussage des Arbeitsinspektorates
war aber auch nicht misszuverstehen. Im Einvernehmen wurden
alle Schritte eingeleitet, um die erforderlichen Reparaturmaßnah-
men zu setzen.
Was es jedenfalls gibt,
ist ein Versprechen: Mit
mehr Personal und mit
den vom Land zur Ver-
fügung gestellten zusätz-
lichen Mitteln sollte es
auch in der Steiermark
möglich sein, das Kran-
kenanstaltenarbeitzeitge-
setz so wie in den ande-
ren Bundesländern auch
einzuhalten.
Jetzt muss es nur noch gelingen, die „politische“ in eine tat-
sächliche Einigung umzuwandeln. Eines hat sich angesichts der
Diskussion herausgestellt: Am Interesse und am Engagement der
Ärztinnen und Ärzte für die notärztliche Weiter- und Ausbil-
dung mangelt es nicht. Die Grundausbildung und die Refresher-
kurse sind gut besucht, erst dieser Tage waren es wieder 49 junge
Kolleginnen und Kollegen, die sich dieser Ausbildung unterzo-
gen haben, mehrere 100 waren es in den letzten Jahren.
An diesem Beispiel zeigt sich aber sehr schön: Wenn es wirklich
konkret wird, sind es die Ärztinnen und Ärzte, die sich sorgen
um die Qualität in der Medizin machen. Außer dem Bekenntnis
des Landeshauptmanns (das ausdrücklich zu respektieren ist)
gab es keine politische Stellungnahme in diese Richtung.
Überlange Arbeitszeiten, nicht nur im notärztlichen Bereich,
sind aber nun einmal der Qualitätskiller Nummer eins in der
Medizin. Sie zu vermeiden, das stimmt, kostet Geld. Aber auch
groß angelegte „Qualitätsprojekte“ sind nicht gratis zu haben.
Nur dass dieses Geld nicht direkt in die medizinische Versor-
gung geht, sondern in Planung, Statistik und EDV. Das sind aber
leider die falschen Prioritäten.
Dr. Herwig Lindner ist Präsident der
Ärztekammer Steiermark.
extra
Weiterer Kurienbericht ab Seite 50
Jörg Garzarolli
2,58 Prozent: Aber
bitte jetzt Reformen
debatte
Fotos: Ärztekammer Steiermark/Schiffer, beigestellt, Parlamentsdirektion/Simonis Grafik: Mirko Maric´
Standortbestimmung
Herwig Lindner
In die Qualität investieren –
aber an der richtigen Stelle
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