AERZTE Steiermark | Juni 2022

6 Ærzte Steiermark || 06|2022 Bereich Bi Gerhard Posch Veränderung bietet Möglichkeiten Eine neu gewählte Kurienführung hat nach der Ärztekammerwahl in der Steiermark die Vertretung in der Kammer übernommen. Ein Assistenzarzt als Kurienobmann, noch dazu aus einem peripheren Haus, ist ein klares Signal für die Zukunft der angestellten ÄrztInnen in der Steiermark. Die Herausforderungen im Gesundheitswesen sind enorm. Die Corona-Pandemie hat als Brandbeschleuniger vorhandene strukturelle Schwächen des Systems schonungslos aufgezeigt und verstärkt. Auf Probleme lediglich hinzuweisen, ist definitiv zu wenig. Die neue Kurienführung steht den Herausforderungen lösungsorientiert gegenüber. Es wird essenziell sein, die Systempartner im Land ins Boot zu holen um gemeinsam Gesundheit zu gestalten. Eine fundierte Ausbildung ist der Schlüssel für eine bestmögliche Versorgung unserer PatientInnen. Das Wissen und das Können der erfahrenen KollegInnen ist unschätzbar. Wir müssen diese KollegInnen im Arbeitsprozess halten und brauchen Arbeitsbedingungen, welche ausreichend Zeit für die Ausbildung schaffen. Flexible Arbeitszeitmodelle und die Möglichkeit Beruf und Familie zu vereinen sind Voraussetzung für die jungen KollegInnen, den Arztberuf in allen seinen Facetten auszuüben. Mütter und Väter brauchen entsprechende Möglichkeiten im System. Krise ist immer auch Chance und Veränderung bietet Möglichkeiten. Eine faire Entlohnung für die Gesundheitsberufe und entsprechend attraktive Arbeitsbedingungen in den Ordinationen und Spitälern sind die beste Investition für eine gute PatientInnenversorgung. Vizepräsident Dr. Gerhard Posch ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte. intra kont a Wo liegt der Grund für den deutschen Ärzteschwund? Emigration, Generation Y, Zulassung über Numerus Clausus? Alle diese Theorien tragen durchaus valide Argumente, geben aber nur Bruchteile des eigentlichen Geschehnis wieder. Der deutsche Ärztemangel ist ein Mythos. Ich möchte sicherlich nicht bestreiten, dass uns eine Vielzahl an Ärzten fehlen, um ein gesundes Gesundheitssystem zu ermöglichen. Dennoch treffen sowohl die Termini „Ärztemangel“, wie „Ärzteschwund“ schlichtweg nicht zu - denn sie implizieren, dass unsere Ärzte ähnlich wie ökonomische Ware in Herstellung und Nutzung quantifiziert werden können. Ich möchte diesen Artikel und Ihre Aufmerksamkeit nicht damit verschwenden zu schildern, dass der Arztberuf nicht in entferntestem Sinne von einer „Ware“ ausgeführt werden kann. Stattdessen möchte ich den wohl oder übel fundamentalsten Grund für den Notstand an Ärzten nennen: Akademisierung. In Deutschland wurde die Akademisierung des ärztlichen Berufes viel früher als in anderen Ländern begonnen. Bereits im 18. Jahrhundert wurde die Zahnheilkunde und Chirurgie den Badern entzogen und professionalisiert. Vor dieser Akademisierung gab es überall im Lande Heilkräfte, wenn auch martialisch und unaufgeklärt. Durch die Einführung von heute selbstverständlichen Konventionen – medizinische Fakultäten in einer Vorreiterrolle nach Humboldtschem Bildungsideal – wurde irgendwann der Einstieg in den ärztlichen Stand rationiert. Die allermeisten Studien zum heutigen „Ärztemangel“ nennen nicht den Kern des Problems: wir können gar nicht so viele Ärzte ausbilden, wie wir benötigen, selbst wenn man Faktoren wie Auswanderung und Berufswechsel herausrechnet. Wir durchleben keinen „Ärzte-Mangel“, sondern einen „Ärzte-Defizit“. Denn das rechnerische Problem in dieser Gleichung obliegt keiner Minderung in der Variable „Schicksal“ (Emigration, Berufswechsel, etc.), sondern in der Konstante „Studienplätze“. Um jedoch mehr Studienplätze anzubieten, wäre eine Entakademisierung kein valider Lösungsansatz im 21. Jahrhundert. Stattdessen kann ich der Deutschen Hochschulmedizin in ihrer aktuellen Sorgenstunde nur beipflichten: eine Maschinerie funktioniert nur so gut, wie sie geölt wird. Dr. Hormos S. Dafsari ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin an der Universitätsklinik Köln. Dieser Text ist 2014 im Deutschen Ärzteblatt erschienen. 2 d batte Hormos S. Dafsari Wo liegt der Grund für den Ärzteschwund?

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