AERZTE Steiermark | Dezember 2019

ÆRZTE Steiermark  || 12|2019 19 e Medizin geben – eine wirksame“ suchte – auch in eigener Sache – diverse Alternativmediziner und belegte sogar einen Ho- möopathiekurs.“ Die Aus- einandersetzung mit einem augenscheinlichen Randbe- reich der Medizin kann zur Ablehnung führen oder diese verstärken. Im Fall des Kol- legen Much war das offenbar auch so. Aber egal, ob Zustimmung oder Ablehnung: Medizin braucht Information und Wissen als Grundlage. Sie braucht die Auseinanderset- zung auf der Sachebene. Das sind wir uns als akademisch ausgebildete Ärztinnen und Ärzte schuldig. Das sind wir unseren Patientinnen und Patienten schuldig. Ausgrenzung unethisch Die Ausgrenzung der so ge- nannten „Komplementärme- dizin“ halte ich deswegen für unethisch. Nur wenn sich eine Disziplin dem Diskurs entzieht und das auch noch mit Allmachtphantasien kombiniert (echte Scharla- tane tun das zumeist), wird dem Dialog die Grundlage entzogen. Dann kann es ihn auch nicht geben. „Ich bevorzuge eine demütige Einstellung …“ Albert Einstein hat nach eige- nem Bekunden nicht an einen persönlichen Gott „geglaubt“. Er hat aber auch geschrie- ben: „Sie können mich einen Agnostiker nennen, aber ich teile nicht den Kampfgeist eines professionellen Athe- isten … Ich bevorzuge eine demütige Einstellung, was die Schwäche unseres intel- lektuellen Verständnisses der Natur und unseres Wesens betrifft.“ Diese Demut steht uns gut an, ist es doch die Demut vor den Menschen, die wir thera- pieren. Der streng wissenschaftlich ausgerichtete Much dazu: „… strenggenommen kann es nur eine Medizin geben – eine wirksame. Damit sind aner- kannte Behandlungsverfah- ren gemeint, die dem Placebo überlegen sind; wobei alles, was sich bewährt, früher oder später auch Teil dieser etab- lierten Medizin wird.“ Medizinische Therapien müs- sen sich also bewähren – wir müssen ihnen aber auch die Zeit und den Raum dafür geben. Herwig Lindner ist Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Infektiologie, Präsident der Ärztekammer Steiermark und Leiter des Referats „Komplementär­ medizin“ in der Österreichi- schen Ärztekammer. Grafik: Navalnyi/Shutterstock, Foto: Oliver Wolf KOMPLEMENTÄRMEDIZIN „Egal, ob Zustimmung oder Ablehnung: Medizin braucht Information und Wissen als Grund­ lage. Sie braucht die Auseinandersetzung auf der Sachebene. Das sind wir uns als akademisch ausgebildete Ärztinnen und Ärzte schuldig. Das sind wir unseren Patientinnen und Patienten schuldig.“

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