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ÆRZTE

Steiermark

09|2017

31

Gentechnik-Gesetz:

Qualitätsstandard

Humangenetik

Die Österreichische Ärztekammer hat das Bundes­

ministerium für Gesundheit und Frauen (BMGF)

darauf hingewiesen, dass der von der Bundesgesund-

heitskommission beschlossene „Qualitätsstandard

Humangenetische Beratung und Diagnostik“ mit

§ 69 Gentechnikgesetz in Widerspruch steht.

Die genannte Bestimmung des Gentechnikgesetzes normiert

nämlich, dass eine genetische Analyse des Typs 2, 3 oder 4

einschließlich einer genetischen Analyse im Rahmen einer

pränatalen Untersuchung nur nach Vorliegen einer schrift-

lichen Bestätigung der zu untersuchenden Person, dass sie

zuvor durch einen in Humangenetik/Medizinische Genetik

ausgebildeten Facharzt oder einen für das Indikationsgebiet

zuständigen Facharzt über deren Wesen, Tragweite und Aus-

sagekraft aufgeklärt worden ist, durchgeführt werden darf.

Der Qualitätsstandard humangenetische Beratung und Dia­

gnostik sieht demgegenüber eine Beratung ausschließlich

durch Humangenetiker vor.

Das Bundesministerium bestätigte nunmehr mit Schreiben

vom 27.06.2017 die Rechtsansicht der ÖÄK, dass nicht nur in

Humangenetik ausgebildete Fachärztinnen und Fachärzte,

sondern auch die für das Indikationsgebiet zuständigen

Fachärztinnen und Fachärzte über das Wesen, die Tragweite

und die Aussagekraft genetischer Analysen aufklären bzw.

diesbezüglich beraten dürfen.

Außerdem hält das BMGF in seinem Schreiben die künftige

Versorgungssituation einschließlich der Refinanzierung in

bundesweit sechs auf genetische Untersuchungen bei gene-

tischen Prädispositionen (Veränderungen in den Brustkrebs-

genen BRCA1 oder BRCA2) spezialisierte Zentren fest.

Ausschließlich auf diese Untersuchungen bezieht sich der

„Qualitätsstandard Humangenetische Beratung und Dia-

gnostik“.

RECHT

tin nur eine eingeschränkte

Leistungspflicht übernehmen

und darüber hinaus im Na-

men der Patientin einen wei-

teren Vertrag mit einem drit-

ten Facharzt abschließen will.

Primär die Ärztin, kaum aber

die Patientin, hat es in einer

solchen Konstellation in der

Hand, für ausreichende Klar-

heit über die von ihr beabsich-

tigte Begründung eines wei-

teren Rechtsverhältnisses zu

sorgen. Die Ärztin, die man-

gels Erörterung mit der Pati-

entin allein darüber Bescheid

weiß, welche Einzelmaßnah-

men notwendig sind, um das

von der Patientin gewünschte

Ziel zu erreichen, könnte die-

se ohne weiteres ausdrücklich

darauf hinweisen, dass für die

Begutachtung der Abstriche

ein Auftrag der Patientin an

einen Pathologen erforder-

lich sei, für dessen Tätigkeit

die Ärztin nicht einzustehen

habe. Wenn die Gynäkologin

jede konkrete Information

an die Patientin unterlässt,

nicht einmal den Namen des

in Aussicht genommenen Pa-

thologen bekannt gibt und

nicht dafür Sorge trägt, dass

der Patientin das Ergebnis

der Tätigkeit des Pathologen

übermittelt wird, kann die

Patientin ohne weiteres an-

nehmen, dass die behandeln-

de Ärztin alle erforderlichen

Leistungen im Rahmen ihres

eigenen Pflichtenkreises er-

bringen wird.

Damit kam der OGH zum Er-

gebnis, dass sich die beklagte

Gynäkologin – mangels jeg-

licher einschränkender Hin-

weise – zur Erbringung all

jener ärztlichen Leistungen

verpflichtet hat, die erforder-

lich sind, um der Klägerin

letztlich eine der Sachlage

entsprechende Einschätzung

des Krebsrisikos bekannt zu

geben. Sie hat daher auch für

Fehler des von ihr als Erfül-

lungsgehilfen beigezogenen

Pathologen der Patientin ge-

genüber einzustehen.

Informationen an

Patienten über

Tätigkeit eines

weiteren Facharztes

Im Lichte dieser Entscheidung

ist nicht nur Gynäkologen,

sondern generell allen Ärzten

im Bedarfsfall zu empfehlen,

die Patienten bei Zuziehung

weiterer (Fach-)Ärzte entspre-

chend zu informieren und die

ärztliche Arbeitsteilung und

damit den eigenen Verant-

wortungsbereich transparent

zu machen und abzugrenzen.

Speziell für die Fachgruppe

der Gynäkologie und Ge-

burtshilfe wird es zur eigenen

Absicherung notwendig sein,

über die externe Prüfung der

Abstriche durch einen beizu-

ziehenden weiteren Facharzt,

für dessen Tätigkeit keine

Verantwortung übernommen

werden kann, gesondert zu

informieren und dies auch zu

dokumentieren.

Dr. Dieter Müller ist Jurist

und leitet den Bereich Recht

und Beschwerdemanagement

in der Ärztekammer

Steiermark.

„Es ist generell allen Ärzten im Bedarfsfall zu

empfehlen, die Patienten bei Zuziehung weiterer

(Fach-)Ärzte entsprechend zu informieren und die

ärztliche Arbeitsteilung und damit den eigenen

Verantwortungsbereich transparent zu machen

und abzugrenzen.“