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18

ÆRZTE

Steiermark

 || 03|2017

SERIE

PRIMÄRVERSORGUNG 3

Grafik: Conclusio

schnittlich 6,6 ÄrztInnen in

einemMVZ zusammen. Viele

MVZ kooperieren mit Pflege-,

physiotherapeutischen oder

anderen Gesundheitseinrich-

tungen.

Ende 2015 erreichte die Zahl

der angestellten ÄrztInnen

mit 26.091 (7.427 davon Haus­

ärztInnen oder hausärztlich

tätige InternistInnen) einen

neuen Höchststand, während

die Zahl der Vertragsärzt­

Innen auf 108.493 (46.593

davon HausärztInnen oder

hausärztlich tätige Internist-Innen) gesunken ist. Die Nie-

derlassung in eigener Praxis

als „EinzelkämpferIn“ ver-

liert an Attraktivität, dage-

gen hält der Trend zu ko-

operativen Strukturen und

– vor allem bei Frauen – zur

Angestelltentätigkeit in der

primärärztlichen Versorgung

an. Die niedergelassene Ver-

sorgung in Deutschland wird

zahlenmäßig immer stärker

von fachärztlichen Spezialist­

Innen dominiert, während der

derzeit bei 40 Prozent liegen-

de Anteil der allgemeinmedi-

zinisch tätigen ÄrztInnen so

wie in Österreich rückläufig

ist. 2006 wurde der Facharzt

STEFAN KORSATKO

Österreich ist einzigartig.

Was unser Gesundheits­

system betrifft, haben wir

aber – historisch bedingt –

viel gemeinsam mit Deutsch-

land

a

. Bei unserem großen

Nachbarn im Norden hat sich

gerade im Bereich der Pri-

märversorgung in den letzten

Jahren viel getan und verän-

dert. Eher wenig wissen wir

über das Versorgungssystem

in der Schweiz. Da die Eid-

genossen normalerweise für

Qualität stehen, lohnt es sich

also, einen Blick dorthin zu

werfen. Fast nichts wissen

wir über das Gesundheits-

system in Slowenien. Umso

überraschender ist es für viele,

dass es das einzige unserer

acht Nachbarländer ist, des-

sen Primärversorgung in der

Kringos-Studie mit „stark“

bewertet wurde. Warum das

so ist, wollen wir uns in die-

sem Artikel ansehen.

Deutschland

– Medizinische

Versorgungszentren

Deutschland ist mehr als vier-

mal so groß wie Österreich

und mit 230 Einwohnern

pro km

2

mehr als doppelt so

dicht besiedelt. 11,1 Prozent

des Bruttoinlandsprodukts

(BIP) fließen in das fast aus-

schließlich über Sozialversi-

cherungsbeiträge finanzierte

Gesundheitssystem. Bei den

meisten Indikatoren liegen

Deutschland und Österreich

nahe beieinander. Bei den

Krankenhausbetten und -ent-

lassungen sind beide Länder

in Europa unerreicht. Die

für Allgemeinmedizin einge-

führt und die Ausbildung neu

strukturiert. Sie dauert fünf

Jahre, wobei mindestens 18

Monate in einer allgemeinme-

dizinischen Praxis absolviert

werden müssen.

Über 90 Prozent der erwachse-

nen Bevölkerung in Deutsch-

land hat eine/n Hausärztin/-

arzt, im Alter über 65 Jahre

sogar 96 Prozent. Dabei han-

delt es sich in 83 Prozent der

Fälle um eine/n Fachärztin/-

arzt für Allgemeinmedizin.

Im Schnitt arbeiten diese 51

Stunden pro Woche und se-

hen in dieser Zeit 250 Patient­

Innen. Die durchschnittliche

Konsultationszeit beträgt 9

Minuten. Mit 10 Arztbesu-

chen pro Person und Jahr ist

Deutschland einsame euro-

päische Spitze. Seit 2007 müs-

sen die gesetzlichen Kran-

kenkassen ihren Versicherten

eine hausarztzentrierte Ver-

sorgung anbieten. Die Teil-

nahme ist freiwillig, in der

Regel mit Vergünstigungen

verbunden und verpflichtet

zur Wahl einer Hausärztin/

eines Hausarztes, die/der als

Gatekeeper agiert. Fachärzt­

Innen, mit Ausnahme von

AugenärztInnen und Gynä-

kologInnen, dürfen dann nur

noch mit Überweisung auf-

gesucht werden. Auch für

die allgemeinmedizinischen

VertragsärztInnen ist die Teil-

nahme an der hausarztzent-

rierten Versorgung freiwillig.

Die höhere Vergütung ein-

zelner Leistungen ist mit der

Teilnahme an strukturierten

Qualitätszirkeln und an spe-

ziellen Fortbildungskursen

Krankenkassen stehen in

Deutschland im Wettbewerb

zueinander, wobei ein Aus-

gleichsfonds für eine gerechte

Verteilung der Risiken sorgt.

Die jüngere Geschichte

der Primärversorgung in

Deutschland ist eng verbun-

den mit den Medizinischen

Versorgungszentren (MVZ).

Gesetzlich sind diese seit Jän-

ner 2004 erlaubt und seither

nimmt deren Zahl ständig zu.

Ende 2015 waren es bereits

2.156. Bei 42 Prozent (n=910)

ist ein Krankenhaus als Trä-

ger beteiligt. 62 Prozent der

MVZ (n=1.333) sind eine Ge-

sellschaft mit beschränkter

Haftung (GmbH), alle ande-

ren eine Gesellschaft des bür-

gerlichen Rechts (GbR). Die

Zahl der in den MVZ ange-

stellten ÄrztInnen (n=12.976)

steigt ständig an, die der Ver-

tragsärztInnen bleibt hinge-

gen relativ konstant (n=1.341).

In den MVZ, an denen Kran-

kenhäuser beteiligt sind, ar-

beiten die ÄrztInnen nahezu

ausschließlich als Angestellte.

Die durchschnittliche Anzahl

von ÄrztInnen pro MVZ er-

höht sich langsam, aber stetig.

Ende 2015 arbeiteten durch-

Sie sind unsere Nachbarländer – Deutschland, die Schweiz und Slowenien.

Den-

noch wissen wir nicht allzu viel über sie. Und oft sind es nur Bruchstücke. Jedenfalls sind

die drei Länder trotz der geografischen Nähe sehr unterschiedlich.

Der Blick zu den Nachbarn

Die Krankenkassen

stehen in Deutschland im

Wettbewerb zueinander,

wobei ein Ausgleichsfonds

für eine gerechte

Verteilung der Risiken

sorgt.