50
Ærzte
Steiermark
|| 07/08|2013
Angestellte Ärztinnen und Ärzte
Quelle: Ärztekammer Steiermark
Lehrpraxis-Barometer
Wie geht es der Lehrpraxis?
Diese Frage wird heftig
diskutiert. Im „Lehrpraxis-Barometer“ wird nicht diskutiert,
sondern konstatiert.
Gesamtzahl der Lehrpraxisstellen:
22
Zahl der geförderten Lehrpraxisstellen:
10
Anteil der geförderten Lehrpraxisstellen
an der Gesamtzahl in Prozent:
45,55
Stand: Juni 2013
Offener Brief zur Lehrpraxis
Ich schreibe Ihnen nicht als Bundesobmann der Turnusärz-
tinnen und -ärzte, auch nicht als stellvertretender Kurienob-
mann der Angestellten Ärztinnen und Ärzte in Österreich und
der Steiermark. Das bin ich nur geworden, weil ich Arzt bin. Ich
schreibe Ihnen also als junger Arzt. Das ist mein Beruf, den ich
auch als Berufung empfinde. Das klingt vielleicht kitschig, aber
es ist so.
Ich gehöre zu den wenigen Ärzten, die das Glück haben, einen
Teil ihrer Ausbildung in einer Lehrpraxis erlebt zu haben. Das
hat mich ungemein bereichert. Ich bin überzeugt: Dadurch kann
ich ein besserer Arzt sein. Natürlich ist die Ausbildung im Spital
ungemein wichtig, aber sie ist nicht alles. Ich will eine komplette
Ausbildung. Nicht nur für mich, nicht nur für wenige, sondern
für alle jungen Ärztinnen und Ärzte.
Sie wollen das nicht, vielleicht wollen Sie es auch nur nicht ge-
nug. Oder es ist Ihnen egal. Es sollte Ihnen aber nicht egal sein.
Warum? Nun, seit ich mich für Gesundheitspolitik interessiere
(ja, ich bin ein politisch interessierter Arzt) höre ich von der
Schnittstelle zwischen Spital und niedergelassenen Ärzten. Wie
schwierig das ist. Was man alles machen muss.
Das Einfachste, das man machen kann, ist sicherzustellen, dass
jede Ärztin und jeder Arzt beide Seiten hautnah erlebt und da-
mit versteht. Fällt Ihnen etwas Einfacheres ein, das zu verwirkli-
chen, als die Lehrpraxis? Mir nicht. Darum will ich sie.
Zweitens: Zehntausend niedergelassene Ärztinnen und Ärzte
werden in den nächsten Jahren in Pension gehen. Sie werden
Nachfolger brauchen. Wenn sie keine finden, brauchen wir über
wohnortnahe Versorgung der Menschen und Landmedizin gar
nicht mehr zu reden. Dann ist sie weg. Dann sind die politischen
Sonntagsreden über den „best point of service“ nur mehr Maku-
latur. Dann ist die ganze Gesundheitsreform samt allen angeb-
lichen Vorteilen für den Menschen nur mehr Gewäsch.
Deswegen will ich die Lehrpraxis. Und zwar jetzt. Denn die Aus-
bildung heute ist die Grundlage der Gesundheitsversorgung in
zehn, fünfzehn Jahren. Ich weiß schon, Sie müssen an die Wahl-
en jetzt denken. Nicht an die Gesundheitsversorgung in einem
oder zwei Jahrzehnten.
Aber seien Sie doch einfach egoistisch. In zwanzig Jahren sitzen
sie eventuell nicht mehr in einer Regierung, dem Parlament
oder einem Landtag. Dann werden Sie möglicherweise am Land
leben. Und dann hätten Sie gerne eine Hausärztin, einen Haus-
arzt.
Jetzt können Sie etwas dafür machen. Ganz einfach. Kostet we-
niger als eine neue Medizin-Uni. Viel weniger.
Machen Sie die garantierte Lehrpraxis von zwölf Monaten mög-
lich. Damit eines der besten Gesundheitssysteme der Welt (den
Satz habe ich von Gesundheitsminister Stöger entlehnt) nicht
länger die armseligste Ausbildung für Ärztinnen und Ärzte in
Europa hat.
Ihr
Karlheinz Kornhäusl
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister!
Sehr geehrte Damen und Herren im Ministerrat und in den Landesregierungen!