18 ÆRZTE Steiermark || 11|2025 Jede 6. im Labor bestätigte bakterielle Infektion weltweit wurde durch antibiotikaresistente Erreger ausgelöst, heißt es im WHO-Bericht vom 13. Oktober 2025. Dabei gibt es große regionale Unterschiede: Besonders verbreitet sind die Resistenzen in Ländern mit niederschwelligem Zugang zu Antibiotika sowie in Ländern, in welchen Antibiotika großflächig in der Agrarwirtschaft eingesetzt werden. „Es ist immer ein Selektionsdruck, durch den Resistenzen gegenüber Antibiotika entstehen“, sagt Jürgen Prattes von der Klinischen Abteilung für Infektiologie am LKH Univ.-Klinikum Graz. „Der Erreger hat einen evolutionären Vorteil, er kann sich durchsetzen und das ist auf unterschiedliche Arten möglich: Manche Enzyme spalten die Antibiotika auf, anderen verändern ihre Zielstruktur oder pumpen das Antibiotikum wieder aus der Zelle hinaus, um einige Beispiele zu nennen.“ Resistenzen importiert Resistenzen treten allerdings nicht nur bei Bakterien auf, sondern auch bei Viren, Pilzen oder Parasiten. Und auch das ist sehr stark lokal geprägt. Durch die Globalisierung aber auch durch Ereignisse wie den Ukraine-Krieg importieren bzw. reimportieren wir gewisse Resistenzen. „Durch die Isolierung der mit multiresistenten Erregern kolonisierten bzw. infizierten Patient:innen versucht man bei uns die Ausbreitung einzudämmen. Ärzt:innen müssen sich daher regelmäßig mit dem Thema der Anitbiotikaresistenzen auseinandersetzten, um die lokale Epidemiologie und somit die Verschreibungsstrategien den aktuellen Gegebenheiten anzupassen, so Prattes. Übermäßiger Einsatz von Antibiotika Der übermäßige oder falsche Einsatz von Antibiotika spielt in diesem Zusammenhang eine große Rolle, weiß der Arzt: „Man übt einen Selektionsdruck auf die Erreger aus. Das sieht man zum Beispiel an jenen Ländern, die eine sehr liberale Verschreibungspolitik haben, in denen man Antibiotika ohne Rezepte kaufen kann. Es zeigt sich gerade bei den resistenten gramnegativen Erregern auch ein klares Nord-Süd-Gefälle in Europa.“ In Österreich sieht Prattes in der Primärversorgung gerade bei Atemwegsinfekten einen zu starken Antibiotika-Einsatz: „Das hängt auch damit zusammen, dass es in diesem Bereich vielfach zu wenig Ressourcen für Tests gibt, eine virale von einer bakteriellen Infektion somit nicht gut differenzierbar ist und in der Konsequenz teilweise sicherheitshalber Antibiotika verordnet werden.“ In chirurgischen Bereichen werden Antibiotika teils zur Prophylaxe eingesetzt – „oft allerdings zu lange, eigentlich sollten sie dafür nur sehr kurz zur Anwendung kommen – eben um Resistenzen zu verhindern“. Beispiel Harnwegsinfekt Veränderungen der Verschreibungspraxis haben enorme Auswirkungen – auch im positiven Sinn. „Beim E. coli-Harnwegsinfekt Weltweit steigt die Resistenz gegen Antibiotika deutlich an. Am 18. November rückt der Europäische Antibiotikatag dieses Thema in den Mittelpunkt. Jürgen Prattes von der Klinischen Abteilung für Infektiologie am LKH-Univ. Klinikum Graz über Auswirkungen, Strategien für Kliniken und neue Medikamente. „Antibiotika sind immer wie Feuerlöscher“ RESISTENZEN
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