26 ÆRZTE Steiermark || 06|2025 RECHT MAG. MARKUS FRIESSNEGG In den geltenden Verschwiegenheitsbestimmungen (§ 54 ÄrzteG) findet sich keine ausdrückliche Regelung dazu, ob die ärztliche Schweigepflicht auch nach dem Tod fortbesteht. Dennoch ist von Lehre und Rechtsprechung anerkannt, dass der Geheimnisschutz im Sinne des postmortalen Persönlichkeitsschutzes auch über den Tod wirkt. Keine Entbindung durch Erb:innen Ein häufiges Missverständnis besteht darin, ob nahe Angehörige des Verstorbenen bzw. der Verstorbenen oder Erb:innen die Ärzt:innen von der Schweigepflicht entbinden können. Dies ist jedoch nicht der Fall. Weder Erb:innen noch Verlassenschaftskurator:innen können rechtswirksam eine Entbindung von der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht erklären. Dies würde das Schutzkonzept unterlaufen und die ärztliche Schweigepflicht faktisch aushöhlen. Durchbrechung der Schweigepflicht Die Verschwiegenheitspflicht ist jedoch nicht absolut. Auch nach dem Tod der Patientin bzw. des Patienten kann es zu einer Offenlegung medizinischer Informationen kommen – insbesondere dann, wenn dies dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen bzw. der Verstorbenen entspricht. Problematisch ist jedoch, dass meist nur die behandelnde Ärztin bzw. der behandelnde Arzt selbst die Details kennt, die für die Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung relevant sind. Sind diese Ärzt:innen womöglich selbst in ein Verfahren verwickelt (z. B. wegen des Verdachts eines Behandlungsfehlers), könnte Befangenheit vorliegen. Daher beauftragt das Gericht in der Regel in diesen Fällen unabhängige medizinische Sachverständige mit der Beurteilung. Ärztliche Schweigepflicht nach dem Tod Die ärztliche Schweigepflicht zählt zu den wichtigsten Berufspflichten der Ärzt:innen und dient dem Schutz des Vertrauensverhältnisses zu den Patient:innen. Doch was gilt, wenn die/der Patient:in verstorben ist? „Eine Offenlegung medizinischer Informationen ist nur in Ausnahmefällen zulässig – entweder mit ausdrücklicher oder mutmaßlicher Zustimmung des Verstorbenen bzw. der Verstorbenen oder bei überwiegendem öffentlichen Interesse wenn Ärzt:innen Zeug:innen in Gerichtsverfahren sind.“ Stefan Kaltenbeck Kammeramtsdirektor Fotos: Adobe Firefly, Furgler
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