AERZTE Steiermark 06 2025

18 ÆRZTE Steiermark || 06|2025 SCHLAF Wenn die Nacht zur Qual wird: Schlafstörungen und ihre Folgewirkungen Von der Beeinträchtigung der Gedächtnisleistung bis zur steigenden Unfallgefahr – die Auswirkungen von Schlafstörungen sind nicht zu unterschätzen. Experte und Univ.-Prof. Manfred Walzl im Interview. Schlaf ist die wichtigste Regenerationsquelle des Körpers. Doch was, wenn er dauerhaft gestört ist? Experte Manfred Walzl, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Arzt für Allgemeinmedizin, über ein Thema, das – durch unseren modernen Lebensstil bedingt – immer mehr Menschen betrifft. Sie beschäftigen sich schon lange mit dem Thema Schlaf. Hat sich die Aufmerksamkeit dafür verändert? Manfred Walzl: Ja, eindeutig. Das Interesse ist in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen. Als wir Mitte der 1990er-Jahre mit unserer Arbeit begonnen haben, war Schlaf für viele kein relevantes Thema. Heute wächst das Bewusstsein stetig – nicht zuletzt, weil immer mehr Menschen durch Arbeitsbelastung, soziale Isolation oder Schichtarbeit von Schlafstörungen betroffen sind. Wir wissen mittlerweile, dass bis zu zwei Drittel – in manchen Erhebungen sogar bis zu 80 % – zumindest gelegentlich unter Schlafstörungen leiden. Frauen sind besonders betroffen, weil sie oft mehrfach belastet sind. Auch die Gefahr durch Übermüdung im Straßenverkehr ist leider immer wieder aktuell. Welche Gruppen sind besonders gefährdet? Junge Menschen schlafen chronisch zu wenig. Ein Grund ist, dass sich die Produktion des Schlafhormons Melatonin in der Pubertät nach hinten verschiebt. Das heißt: Jugendliche können um 8 Uhr morgens schlichtweg noch keine volle Leistung bringen. Ein späterer Schulbeginn – etwa um 9 Uhr – wäre sinnvoll. Moderne Medien verlängern zudem die Wachphasen am Abend und beeinträchtigen die Schlafqualität zusätzlich. Welche neuen Erkenntnisse gibt es aus der Forschung? Entscheidend ist heute das Verständnis der Folgewirkungen von Schlafmangel. Zu wenig Schlaf beeinträchtigt zum Beispiel die Gedächtnisleistung. Nachts wird der Tagesinhalt auf unsere „Festplatte“ gespeichert, doch bei zu wenig Schlaf geht das nicht. Außerdem macht zu wenig Schlaf dick, weil es bei den Hormonen, die in der Fetteinlagerung eine Rolle spielen, zu Fehlsteuerungen kommt. Und – was man nicht unterschätzen darf – die Unfallgefahr steigt dramatisch an: Jeder zweite tödliche Unfall auf Autobahnen wird durch Schläfrigkeit verursacht. Eine durchwachte Nacht wirkt wie ein Promille Alkohol im Blut. Welche Formen von Schlafstörungen treten besonders häufig auf? Wir unterscheiden organische und nicht-organische Schlafstörungen. Ein Beispiel für die organische Störung ist die obstruktive Manfred Walzl, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Arzt für Allgemeinmedizin Fotos: beigestellt, shutterstock/ Roman Samborskyi, shutterstock/ Prostock-studio

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